Название: Total Compensation
Автор: Frank Maschmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Юриспруденция, право
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592616
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Während die Standardversion der Prinzipal-Agenten-Theorie intrinsische Motivation vernachlässigt, beziehen neuere verhaltensökonomische Prinzipal-Agenten-Theorien intrinsische Motivation explizit in die Analyse mit ein und liefern Erklärungsansätze dafür, warum intrinsische Motivation möglicherweise durch (extrinsische) monetäre Anreize verdrängt wird. Diese neueren Theorien erlauben es also, das Zusammenspiel zwischen dem psychologischen Phänomen der intrinsischen Motivation und monetären Anreizen zu untersuchen und darauf basierend Empfehlungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Vergütungssystemen auszusprechen. Im Kern basieren diese Erklärungsansätze darauf, dass Mitarbeiter die Einführung monetärer Anreize als schlechte Nachricht (z.B. hinsichtlich der Attraktivität der Tätigkeit, hinsichtlich ihrer Fähigkeiten oder hinsichtlich der Eigenschaften des Prinzipals oder des Arbeitsumfelds) interpretieren.27 Mitarbeiter könnten die Einführung monetärer Anreize beispielsweise als Signal dafür interpretieren, dass die Tätigkeit unangenehm ist oder nicht ihren Fähigkeiten entspricht. Dies kann zu einer Demotivation der Mitarbeiter führen.
4. Fixlöhne und Reziprozität
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Während die Standardversion der Prinzipal-Agenten-Theorie impliziert, dass von leistungsunabhängigen Vergütungskomponenten keine Motivationswirkung ausgeht, deuten verschiedene Laborexperimente darauf hin, dass dies aufgrund von Fairnesserwägungen des Mitarbeiters nicht notwendigerweise der Fall ist.28
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Einerseits können sich Fairnesserwägungen eines Mitarbeiters auf die Vergütung anderer Mitarbeiter oder Vorgesetzter beziehen. Andererseits kann ein Mitarbeiter bestimmte Vorgehensweisen als fair bzw. unfair empfinden und auch dies kann sich auf seine Handlungsanreize auswirken.29 Es gibt Belege dafür, dass Mitarbeiter eine höhere leistungsunabhängige Vergütung als wohlwollenden Akt des Prinzipals interpretieren und darauf – aufgrund positiver Reziprozität – mit höherer Leistung reagieren. Eine derartige Motivation über leistungsunabhängige Vergütungskomponenten hätte den Vorteil, dass auf eine (mit Kosten behaftete) Leistungsmessung und -überwachung auf individueller Ebene verzichtet werden könnte.
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Bei derartigen „Belohnungen“, die nicht direkt auf zukünftige Leistungen konditionieren, könnte es sich um eine höhere Fixkomponente der Vergütung handeln. Alternativ sind aber auch nicht-monetäre „Belohnungen“, wie z.B. ein Dienstwagen oder ein attraktiveres Büro denkbar. Feldexperimente deuten in der Tat darauf hin, dass eine nicht-monetäre Belohnung einen höheren Motivationseffekt haben kann als der entsprechende Geldbetrag.30 Allerdings legen verschiedene Feldexperimente ebenfalls nahe, dass Motivationseffekte, die auf Reziprozität aufbauen, oftmals nur kurzfristiger Natur zu sein scheinen.31
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Diese empirischen Befunde zu den Motivationseffekten von fixen Komponenten der Vergütungen haben zu verhaltensökonomischen Weiterentwicklungen der Prinzipal-Agenten-Theorie geführt, die es erlauben zu untersuchen, wie Reziprozitätsüberlegungen und monetäre Anreize bei der Motivation von Mitarbeitern interagieren, und welche Rolle die Organisationsstruktur des Unternehmens dabei spielt.32
5. Soziale Vergleichsprozesse
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Die Standardversion der Prinzipal-Agenten-Theorie betrachtet die Interaktion eines Prinzipals mit jeweils einem Agenten. In einem Umfeld mit mehreren Mitarbeitern ergeben sich hinsichtlich der Motivationseffekte von Vergütung u.a. die folgenden beiden Aspekte. Zum einen stellt sich die Frage, ob es einen Effekt auf die Leistung eines Mitarbeiters hat, wenn er seine Leistung mit der von anderen Mitarbeitern vergleichen kann (und zwar selbst dann, wenn seine Vergütung nur von seiner eigenen Leistung abhängt). Zum anderen besteht für den Prinzipal im Prinzip die Möglichkeit einer relativen Vergütung, bei der die individuelle Vergütung von der relativen Leistung des Mitarbeiters im Vergleich zu anderen Mitarbeitern bestimmt wird.
a) Bereitstellung von relativen Leistungsinformationen
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Mit der Bereitstellung von relativen Leistungsinformationen beschäftigt sich beispielsweise eine empirische Studie zu Mitarbeitern einer Abteilung eines deutschen Großhandelsunternehmens, die auf Stücklohnbasis vergütet werden.33 Ohne das monetäre Anreizsystem zu verändern, entschied sich die Geschäftsleitung dieses Unternehmens dazu, die Rangfolge der Mitarbeiter (die alle eine ähnliche Tätigkeit ausüben) hinsichtlich ihrer Vergütung und Leistung den Mitarbeitern zugänglich zu machen. Allein die Bereitstellung dieser zusätzlichen Information führte zu einer deutlichen und langfristig wirksamen Produktivitätssteigerung. Aus dem Wunsch von Mitarbeitern, relativ zu ihrer Vergleichsgruppe gut abzuschneiden, kann also Motivation entstehen, selbst wenn damit keine unmittelbaren finanziellen Vorteile verbunden sind.
b) Relative Entlohnung
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Mit einer relativen Entlohnung (bei der die individuelle Vergütung von der eigenen Leistung relativ zur Leistung anderer Mitarbeiter abhängt) können allerdings potenzielle Motivationsprobleme verbunden sein. Dies macht ein in einem britischen Agrarunternehmen durchgeführtes Feldexperiment deutlich.34 In diesem Unternehmen werden Teams von Arbeitern betrachtet, die gemeinsam eine Aufgabe erfüllen, wobei die Leistung der individuellen Arbeiter aber objektiv messbar ist. In der Ausgangssituation war in diesem Unternehmen ein relatives Vergütungsschema implementiert, d.h. die individuelle Vergütung war umso höher, je besser die eigene Leistung relativ zur Leistung der anderen Arbeiter im jeweiligen Team ausfiel. Im Rahmen des Feldexperiments wurde in diesem Unternehmen nun eine Umstellung hin zu einem Vergütungssystem vollzogen, bei dem ausschließlich die eigene Leistung die eigene Vergütung beeinflusst. Es zeigte sich, dass die Produktivität des durchschnittlichen Arbeiters nach der Umstellung um ca. 50 Prozent höher ausfiel. Erklären lässt sich dies mit einer negativen „Externalität“, die bei relativer Vergütung auftritt.35 Bei relativer Entlohnung erhöht eine eigene höhere Leistung nicht nur die eigene Vergütung, sondern senkt tendenziell gleichzeitig die Vergütung der anderen Arbeiter im Team (da deren Leistung nun im relativen Vergleich schlechter abschneidet). Die Arbeiter schienen bei eigener höherer Leistung negative soziale Konsequenzen innerhalb des Teams zu befürchtet und hielten – dies antizipierend – deshalb ihre Leistung unter relativer Entlohnung zurück. Dieser Erklärungsansatz wird auch dadurch gestützt, dass der Leistungseffekt nach der Umstellung in Teams, in denen im Vorfeld intensivere soziale Kontakte vorhanden waren, stärker ausfiel.36
6. Framing-Effekte
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Bei der oben diskutierten Bereitstellung von relativen Leistungsinformationen können sich Motivationseffekte ergeben, obwohl am eigentlichen Vergütungssystem keine Veränderungen vorgenommen werden. Die Motivationseffekte treten nur aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher Information auf.
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