Anna Karenina. Лев Толстой
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Anna Karenina - Лев Толстой страница 37

Название: Anna Karenina

Автор: Лев Толстой

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012021

isbn:

СКАЧАТЬ seinem Hause vor.

      Aus den Fenstern seiner alten Kinderfrau und jetzigen Wirtschafterin Agafja Michailowna fiel ein Lichtschein auf den schneebedeckten Platz vor dem Hause. Sie schlief noch nicht. Der Diener Kusma, den sie geweckt hatte, kam verschlafen und barfuß auf die Freitreppe heraus. Die Hühnerhündin Laska kam gleichfalls herausgesprungen, wobei sie den Diener beinahe umstieß, und rieb sich winselnd an Ljewins Knien; sie hob sich in die Höhe und hätte ihm gern die Vorderfüße auf die Brust gesetzt, wagte dies aber doch nicht.

      »Sie sind ja schnell wieder zurückgekommen, Väterchen«, sagte Agafja Michailowna.

      »Ich bekam Heimweh, Agafja Michailowna. Auf Besuch sein ist schön, aber zu Hause ist es doch am besten«, antwortete er ihr und ging in sein Zimmer.

      Die Kerze, die er hineintrug, erhellte die einzelnen Teile des Zimmers einen nach dem anderen. Die ihm so wohlbekannten Stücke der Einrichtung traten aus dem Dunkel hervor: die Hirschgeweihe, die Bücherregale, der Spiegel, der Ofen mit der Ventilation, die schon längst einer Ausbesserung bedurfte, das altväterische Sofa, der große Tisch, auf dem Tische ein aufgeschlagenes Buch, ein zerbrochener Aschenbecher, ein Heft, in dem er geschrieben hatte. Beim Anblick aller dieser Gegenstände überkam ihn für einen Augenblick ein Zweifel, ob es möglich sein werde, jenes neue Leben ins Werk zu setzen, das er sich unterwegs so schön ausgemalt hatte. Alle diese seine bisherigen Lebensbegleiter schienen ihn gleichsam in ihre Arme zu schließen und zu ihm zu sagen: ›Nein, du entrinnst uns nicht und wirst nie ein anderer werden; du bleibst immer derselbe, der du gewesen bist: mit deinen Zweifeln, mit deiner steten Unzufriedenheit mit dir selbst, mit deinen vergeblichen Versuchen, dich zu bessern, und deinen sich immer wiederholenden Rückfällen, und mit deinem lebenslänglichen Warten auf ein Glück, das dir nicht beschieden ist und das du nicht erringen kannst.‹

      Aber während die leblosen Gegenstände so zu ihm sprachen, sagte ihm eine andere Stimme in seinem Inneren, man dürfe sich nicht zu einem Knechte der Vergangenheit herabwürdigen, und der Mensch könne aus sich alles machen. Und auf diese Stimme hörend, ging er in die Ecke, wo er zwei schwere Gewichte stehen hatte, und hob sie turnermäßig in die Höhe, um sich dadurch in eine frische, mutige Stimmung zu versetzen. Aber da wurden vor der Tür knarrende Schritte vernehmbar, und eiligst stellte er die Gewichte wieder hin.

      Der Verwalter trat ein und berichtete, daß gottlob alles in Ordnung sei, machte aber zugleich die Mitteilung, daß der Buchweizen auf der neuen Darre von unten angebrannt sei. Über diese Nachricht war Ljewin sehr ärgerlich. Die neue Darre hatte er zum Teil nach seinen eigenen Vorschlägen errichten lassen. Der Verwalter war immer gegen diese Darre gewesen und meldete nun mit einem verhaltenen Gefühle des Triumphes, daß der Buchweizen angebrannt sei. Ljewin war fest überzeugt, daß, wenn der Buchweizen angebrannt war, dies nur von einer Nichtbeachtung der Vorsichtsmaßregeln gekommen sein konnte, die er dem Verwalter schon hundertmal eingeschärft hatte. Er war sehr verdrießlich und erteilte dem Verwalter einen Verweis. Es gab aber auch ein wichtiges Ereignis erfreulicher Art: Pawa, die beste Kuh, hatte gekalbt, ein teueres Stück, das auf einer Ausstellung angekauft war.

      »Kusma, gib mir den Schafpelz her! Und Sie, Sie können eine Laterne bringen lassen; ich will hingehen und mir es mal ansehen«, sagte er zu dem Verwalter.

      Der Stall für die wertvolleren Kühe lag gleich hinter dem Hause. Ljewin ging über den Hof an dem großen Schneehaufen beim Fliederstrauche vorbei und gelangte so zum Stalle. Ein warmer, stark riechender Düngerdampf schlug ihm entgegen, als die angefrorene Tür geöffnet wurde, und verwundert über das ungewohnte Licht der Laterne, regten sich die Kühe auf dem frischen Stroh. Der glatte, schwarz gescheckte, breite Rücken einer Holländer Kuh schimmerte im Halbdunkel. Berkut, der Bulle, lag mit seinem Ring in der Lippe da und machte Anstalten, aufzustehen; aber er besann sich eines anderen und schnaufte nur ein paarmal, als die Besucher vorbeigingen. Pawa, die rote Prachtkuh, groß wie ein Nilpferd, drehte sich rückwärts, um ihr Kälbchen vor den Eintretenden zu verdecken, und beschnupperte es.

      Ljewin trat in den Verschlag hinein und hob das rotscheckige Kälbchen auf seine schwankenden, langen Beine. Die aufgeregte Pawa wollte schon ein Gebrüll ausstoßen, beruhigte sich aber wieder, als Ljewin ihr das Kalb wieder hinschob, und begann, schwer atmend, es mit ihrer rauhen Zunge zu belecken. Das Kalb stieß suchend mit dem Maule seine Mutter in die Weichen und krümmte das Schwänzchen.

      »Leuchte mal hierher, Fjodor; hier halte die Laterne her!« sagte Ljewin, der das Kalb besah. »Es artet nach der Mutter, wenn es auch die Farbe vom Vater hat. Ein sehr schönes Tier. Lang, mit schmalen Weichen. Wasili Fedorowitsch, nicht wahr, es ist schön?« wandte er sich an den Verwalter; in seiner Freude über das Kalb hatte er ihm den angebrannten Buchweizen schon vergeben.

      »Nach welchem der Eltern könnte es denn auch schlecht sein?« erwiderte der Verwalter. »Ja, und dann ist der Agent Semjon am Tage nach Ihrer Abreise angekommen. Wir werden wohl mit ihm einen Vertrag über Arbeiter schließen müssen, Konstantin Dmitrijewitsch. Über die Maschine habe ich Ihnen schon früher Bericht erstattet.«

      Durch diese eine schwebende Frage sah sich Ljewin wieder mitten in das ganze Getriebe seiner großen, verwickelten Wirtschaft hineinversetzt. Vom Kuhstall ging er unmittelbar ins Kontor und sprach dort mit dem Verwalter und dem Agenten Semjon; dann kehrte er in das Haus zurück und ging sogleich ins Wohnzimmer hinauf.

       27

      Es war ein großes, altertümliches Haus, und obwohl Ljewin es allein bewohnte, so benutzte er doch sämtliche Zimmer und ließ sie alle heizen. Er wußte, daß dies töricht war; er wußte, daß es sogar unrecht von ihm war und seinen jetzigen neuen Plänen zuwiderlief; aber dieses Haus war für Ljewin eine ganze Welt. Es war die Welt, in der sein Vater und seine Mutter gelebt hatten und gestorben waren. Sie hatten darin ein Leben geführt, das Ljewin als geradezu ideal betrachtete und das er mit seiner Frau und seinen Kindern zu erneuern gehofft hatte.

      An seine Mutter konnte sich Ljewin kaum erinnern; aber die Vorstellung, die er sich von ihr machte, trat ihm an die Stelle einer geheiligten Erinnerung, und seine künftige Gattin sollte – so malte er sich das aus – eine Erneuerung jenes entzückenden, heiligen Frauenideals sein, das seine Mutter gewesen war.

      Die Liebe zu einer Frau konnte er sich gar nicht ohne die Ehe vorstellen, ja er stellte sich zuerst die Kinder vor und dann erst die Frau, die ihm die Kinder bescheren würde. Seine Begriffe vom Heiraten waren daher himmelweit verschieden von den Begriffen seiner meisten Bekannten, für die das Heiraten ein gewöhnliches Geschäft war wie viele andere. Für Ljewin war die Eheschließung die wichtigste Handlung des Lebens, von der das ganze Lebensglück abhing. Und jetzt mußte er diesem Glücke entsagen.

      Als er in die kleine Wohnstube, sein übliches Teezimmer, getreten war und sich nun mit einem Buche in seinen Lehnstuhl niederließ und Agafja Michailowna ihm den Tee brachte und dann mit ihrer herkömmlichen Redewendung: »Na, ich setze mich auch her, Väterchen!« sich auf einen Stuhl am Fenster setzte, da fühlte er, daß, so sonderbar es auch sein mochte, er von seinen Glücksträumereien noch nicht Abschied genommen hatte und daß er ohne ihre Verwirklichung nicht leben könne. Ob nun mit ihr oder mit einer anderen, aber geschehen mußte es. Er las in seinem Buche, dachte über das Gelesene nach, machte eine Pause darin, um auf Agafja Michailowna zu hören, die unermüdlich plauderte; aber gleichzeitig traten ihm allerlei Bilder aus seiner Wirtschaft und aus seinem künftigen Familienleben vor das geistige Auge, ohne Verknüpfung miteinander. Er fühlte, wie etwas in der Tiefe seiner Seele sich festgesetzt, dann sich auf engeren Raum beschränkt und sich nun endgültig zurechtgelagert hatte.

      Er hörte zu, wie Agafja Michailowna erzählte, daß dieser Prochor doch ein ganz gottvergessener Mensch sei und das Geld, das ihm Ljewin zum Ankauf eines Pferdes geschenkt habe, vertrinke, ohne jemals aus dem Rausche herauszukommen, und daß er seine Frau beinahe zu Tode geprügelt СКАЧАТЬ