Название: Die großen Geologen
Автор: Bernhard Hubmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
Серия: marixwissen
isbn: 9783843800440
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Ein weiterer Zeitgenosse Agricolas verdient Erwähnung, nämlich der Humanist Sebastian Münster (1488–1552). Nach einer kirchlichen Laufbahn (mit 17 Jahren Eintritt in den Franziskanerorden, mit 24 Priesterweihe, mit etwa 40 zum Protestantismus konvertiert) und zahlreichen Studien in Löwen, Freiburg i. Br., Roffach, Basel und Pforzheim, beschrieb er in seiner 1544 gedruckten »Cosmographia« unter anderem auch den Bergbau. Zudem berichtete Münster über Erze, Erdbeben, Vulkane, Vergletscherungen und Thermalquellen. Auch dieses Werk wurde in insgesamt 57 Auflagen bis 1657, also noch über Hundert Jahre nach dem Tod des Autors gedruckt. Die »Cosmographia« enthält als erste Publikation eine Abbildung einer Versteinerung aus dem Kupferschiefer von Mansfeld in Form eines Holzschnitts.
Zeitalter der Aufklärung
Das »Zeitalter der Aufklärung« ist eine Epoche, die einen Emanzipationsprozess von »traditionellen«, aber überholten Vorstellungen, Vorurteilen und Weltanschauungen zu neu erlangtem Wissen durch »eigenen Verstand« vollzogen hat. Diese Grundhaltung wird auch in der geologischen Literatur des 17. bis 18. Jahrhunderts transparent, indem der Bezug zu den antiken Schriften kontinuierlich schwächer wird, die eigenen Beobachtungen in den Vordergrund rücken und die Deutungen weniger spekulativ sind, sondern »an der Vernunft« geprüft werden.
In der Zeit zwischen etwa 1650 und 1780 gab es für die Entwicklung der Erdwissenschaften drei wichtige Strömungen, die kaum Überschneidungsbereiche aufwiesen. Eine Strömung umfasst das deskriptive Forschen, das meist auf eng begrenzte Sachverhalte bezogen ist und nicht a priori »welterklärende« Schlüsse wagt.
Eine zweite Strömung lässt sich unter die Termini »Physikotheologie« oder »Lithotheologie« zusammenfassen. Man beschrieb Fossilien und geologische Phänomene und passte sie in das theologisch konzipierte Weltbild ein. Auf diese Art wurde im Kreisschlussverfahren zum einen der rationalistische Beweis der Existenz Gottes geführt, zum anderen konnten die geologischen Beobachtungen bestätigt werden. Ein plakatives Beispiel stellen die Fossilien dar, die man als Opfer der Sintflut »erkannte«.
Die dritte Strömung umfasst spekulativ-theoretische Ideenansätze, die von Bearbeitern entwickelt wurden, die sich vom herrschenden theologischen Weltbild lösten.
Ein typischer Vertreter der ersten Strömung war Nicolaus Steno (1638–1686), ein dänischer Arzt, der durch seine Beobachtungen das gesamte Weltbild der damaligen Geologie revolutionierte (siehe S. 49). Durch das genaue Studium konnte er unter anderem einen schlagenden Beweis für die organische Natur der Fossilien finden. Er konnte auch als Erster das »Lagerungsgesetz« formulieren, wonach jüngere Sedimentschichten sich über bereits verfestigte ältere entwickelt haben. Und er erkannte an Mineralien das »Gesetz der Winkelkonstanz«, dass nämlich alle zur selben Kristallart gehörenden Einzelkristalle zwischen analogen Flächen stets gleiche Winkel einschließen.
Ein Vertreter der zweiten Strömung war der am Gymnasium in Zürich unterrichtende Arzt und Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733), der vor allem durch seine fatale Missdeutung von Fossilien als Reste der Sintflut bekannt wurde. Scheuchzer, der Sohn eines Stadtarztes in Zürich, studierte Medizin in Altdorf bei Nürnberg und in Utrecht, wo er 1694 promovierte. Im gleichen Jahr unternahm er eine erste Forschungsreise in die Alpen. Ab 1695 war er als Mediziner angestellt und stand zugleich als Direktor der Bürgerbibliothek und der Kunst- und Naturalienkammer in Zürich vor.
Bekannt wurde Johann Jakob Scheuchzer durch seine paläontologischen Arbeiten. In seiner »Lithographia Helvetica« beschrieb er die Fossilien als »Naturspiele« (»lusus naturae«) oder Überreste der Sintflut. 1726 publizierte Scheuchzer in den »Philosophical Transactions of the Royal Society« das im westlichen Bodenseegebiet gefundene Skelett »eines in der Sintflut ertrunkenen Menschen« (»Homo diluvii testis«). Etliche Jahre später wurde die Bestimmung durch Georges Cuvier (siehe S. 78) als das Skelett eines ausgestorbenen Riesensalamanders berichtigt.
Der dritten Strömung kann man Athanasius Kircher (1602–1680) zuweisen. Sein überragendes »geologisches Werk« ist das 507 Seiten umfassende Buch »Mundus Subterraneus« [»Die unterirdische Welt«] aus dem Jahr 1664. Kircher, ein deutscher Jesuit, der die meiste Zeit seines Lebens am Collegium Romanum in Rom lehrte und forschte, legte diesem Werk seine Erfahrungen vom Besuch des Vesuv-Kraters und des großen kalabrischen Erdbebens zugrunde, das er 1638 auf einer Süditalienreise miterlebte. Die Eruptionen von Lava durch vulkanische Tätigkeit einerseits und der Austritt von Wasser aus dem Boden durch Quellen andererseits veranlassten ihn, im Inneren der Erde Vorratsräume für Lava (»Pyrophylacien«) und Wasser (»Hydrophylacien«) anzunehmen.
Wie alt?
Dem irischen anglikanischen Theologen und Erzbischof von Armagh (Irland), James Usher (1581–1656), gelang wohl die scheinbar genaueste Datierung des Alters unseres Planeten. In seinen »Annales veteris testamenti, a prima mundi origine deducti« [»Annalen des Alten Testaments, hergeleitet von den frühesten Anfängen der Welt«], die er 1650 veröffentlichte, berechnete er den Schöpfungsakt mit Hilfe der im Alten Testament angegeben Abstammungsbäume und Lebenszeiten der Patriarchen. Demnach entstand die Welt am Vorabend des 23. Oktober im Jahre 4004 vor Christi Geburt. Die Sintflut fand nach dieser Berechnung 2501 v. Chr. statt.
Georges Louis Marie Leclerc, Comte de Buffon (1707–1788), war seit 1739 Direktor des Königlichen Botanischen Gartens in Paris und entwickelte eine Theorie der »Geschichte der Erde«, die rund 75000 Jahre gedauert und in sieben Phasen sich abgespielt haben soll.
Während der Phase 1 stieß ein Komet mit der Sonne zusammen und schleuderte dabei Material heraus, aus dem sich die Planeten bildeten. Auch die Erde entstand bei diesem Zusammenprall, war zuerst schmelzflüssig und bildete nach etwa 3000 Jahren durch Abkühlung eine feste Kruste.
In der Phase 2 hatte sich die Erde bis zum Mittelpunkt verfestigt. Innerhalb der Gesteinsrinde entstanden nun durch Ausgasungen Hohlräume. Durch das unregelmäßige Zusammenziehen der Erdrinde entstanden Becken und Hauptgebirge. Die Atmosphäre bildet sich. In Spalten der Erdrinde kamen Erze und Minerale zur Ausscheidung.
Nach 15000 bis 20000 Jahren setzte sich in der Phase 3 das Wasser aus der Atmosphäre ab und bedeckte das Land etwa 2000 Toisen hoch (= 3900 Meter). Das noch heiße Wasser verwandelte die Gesteine in Tone, Mergel und Sande. Durch das Einbrechen von Hohlräumen senkte sich der Meeresspiegel. Im Meer existierten bereits Lebewesen, Pflanzen konnten das frei werdende Festland besiedeln und bildeten dabei die Steinkohlenflöze.
Die Phase 4 war durch einen etwa 5000 Jahre anhaltenden Vulkanismus geprägt, der durch die in der Erdrinde enthaltenen brennbaren Substanzen gespeist wurde. In weiterer Folge entstanden durch Volumenreduktion wieder Einbrüche, die erneut einen Rückgang des Meeres zur Folge hatte.
Die zunehmende Abkühlung während der Phase 5 bewirkte die Bildung der Klimazonen.
In der Phase 6 fanden erneute Einbrüche statt, die zur Trennung der Landmasse und zur jetzigen Verteilung von Land und Meer führte. Der Mensch war zu dieser Zeit bereits auf der Erde und erlebte СКАЧАТЬ