Название: Die kalte Braut
Автор: Stefan Bouxsein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mordkommission Frankfurt
isbn: 9783939362098
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»Ihren Lebensgefährten.«
»Hm, ich wusste gar nicht, dass es einen gibt. Aber das geht mich ja auch nichts an. Wie sicher ist denn Ihr Verdacht?«
»Ziemlich sicher. Können Sie mir etwas über Ihre Mitarbeiterin erzählen?«
Paulsen kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Sie ist sehr fleißig und zielorientiert. Wenn ich mich recht erinnere, hat sie vor vier Jahren angefangen, für meine Organisation zu arbeiten. Sie kam direkt von der Universität, mit einem Prädikatsexamen in Jura.«
Siebels dachte an Detlev Wurmbach, der 2005 Selbstmord begangen hatte. Wenn Sabine Lehmann vor vier Jahren bei Paulsen eingestiegen war, konnte sie die Nachfolgerin von Wurmbach gewesen sein. Jedenfalls kannte sie ihn, zumindest wusste sie, dass er sich das Leben genommen hatte.
»Können Sie mir ein wenig über die Tätigkeit von Frau Lehmann als Partnerin von Paulsen und Partner erzählen?«
»Ich weiß zwar nicht, wie Ihnen das bei Ihren Ermittlungen weiterhelfen soll, aber ich kann Ihnen natürlich einen Überblick geben. Mein Unternehmen hat sich auf die Beratung von vermögenden Mandanten spezialisiert. Das können Privatleute sein, das können aber auch Unternehmen oder Kommunen sein. UVI-Consulting bedeutet Unternehmensberatung, Vermögensberatung, Immobilienberatung. Als Berater steht mir eine Vielzahl von hoch qualifizierten Leuten zur Seite. Jeder von ihnen arbeitet als mein Partner, aber auf selbstständiger Basis. Damit das einheitlich funktioniert, habe ich ein System entwickelt, an das sich alle Partner strikt halten müssen. Ich suche mir nur junge Leute, die direkt von der Universität kommen und einen sehr guten Abschluss im Gepäck haben. Wer mein Partner sein will, verpflichtet sich vertraglich, sich ständig weiterzubilden. Dazu habe ich in Kronberg ein eigenes Seminarzentrum. Ein Neueinsteiger muss sich zunächst ein halbes Jahr bewähren. Wenn wir uns danach auf eine weitere Zusammenarbeit einigen, kommt es zu einer Partnerschaft. Sabine Lehmann hat das alles so durchlaufen und ich war stets zufrieden mit ihr.«
»Wie viele solcher Partner gibt es denn?«
»Es werden ständig mehr. Mein System hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Zurzeit habe ich etwa 80 Partner. Zwei Drittel davon in Deutschland, die anderen in Österreich und in der Schweiz.«
»Und die kommen alle regelmäßig nach Kronberg zur Weiterbildung?«
»Ja, dazu sind sie verpflichtet. Natürlich nicht alle auf einmal. Es gibt viele verschiedene Seminare. Allein wegen der sich ständig ändernden Gesetzgebung zum Beispiel im Aktien- oder Steuerrecht werden kontinuierlich neue Seminarinhalte erarbeitet und an meine Partner vermittelt.«
Siebels verspürte die Lust auf eine Zigarette und schaute sich nach einem Aschenbecher um. Als er keinen entdeckte, versuchte er sich wieder auf sein Gespräch zu konzentrieren. Irgendwie kam ihm die ganze Geschichte nicht ganz koscher vor mit dem Partnerprogramm.
»Sind diese Seminare kostenpflichtig für Ihre Partner?«
Paulsen schaute Siebels erst einen Moment an, bevor er Antwort gab.
»Ja, das sind sie. Aber sie sind für die Partner eine gute Investition. Mit dem vermittelten Wissen können sie ein Vielfaches verdienen. Was viel kostet, ist auch viel wert. Das wissen meine Partner sehr gut.«
Siebels dachte an Wurmbach und an die 200 000 Euro Schulden, die er hinterlassen hatte. Aber heute wollte er den Namen Wurmbach Paulsen gegenüber noch nicht erwähnen.
»Gibt es auch Partner, die aus dem Vertrag mit Ihnen wieder aussteigen?«, fragte Siebels nach und erntete einen misstrauischen Blick von Paulsen.
»Selbst das hat es schon gegeben. Aber nur in Ausnahmefällen. Eine Partnerin ist ausgeschieden, weil sie an Krebs erkrankt ist, ein anderer war der Meinung, für den Rest seines Lebens genug Geld verdient zu haben.«
Der muss die teuren Seminare geschwänzt haben, dachte sich Siebels und schaute auf die Uhr. Es war Zeit sich zu verabschieden, wenn er pünktlich zu dem Treffen mit dem Bruder des verstorbenen Partners Detlev Wurmbach kommen wollte.
»Eine letzte Frage noch. Sie führen doch sicher so eine Art Liste, ein Ranking, über die Leistungsbilanz Ihrer Partner?«
»Selbstverständlich«, antwortete Paulsen mit kaltem Blick.
»Wo ist denn Frau Lehmann auf dieser Liste platziert?«
»Einen Moment, ich schaue mal nach.« Paulsen wandte sich seinem Rechner zu, klickte zwei Mal mit der Maus und drehte sich dann wieder zu Siebels. »Frau Lehmann befindet sich im oberen Drittel. Und das, obwohl sie keine großen Fische an Land gezogen hat.«
»Dafür hat sie dann umso mehr kleine Fische im Netz?«
»Ziemlich viele, ja.«
»Vielen Dank für Ihre Zeit, falls es erforderlich sein sollte, melde ich mich wieder bei Ihnen«, beendete Siebels das Gespräch.
»Ich muss mich wohl um Ersatz für die Mandanten von Frau Lehmann bemühen. Ich würde es begrüßen, wenn Sie mich informieren, sobald die Schuld oder Unschuld von Frau Lehmann bewiesen ist.«
»Sie hören von mir. Auf Wiedersehen.«
4
Von der Frauenlobstraße zur Bockenheimer Warte waren es auch zu Fuß nur ein paar Minuten. Siebels hatte den Wagen vor der Paulsen-Villa stehen lassen und auf dem Weg noch eine Zigarette geraucht. Dr. Flotte hieß die Kneipe und das schon, solange Siebels denken konnte. Er hatte noch fünf Minuten Zeit, die nutzte er, um das verunglückte Gespräch mit Sabine nachzuholen.
»Hi, ich bin es. Das war vorhin leider sehr ungünstig, jetzt kann ich reden.«
»Jetzt bin ich am Wickeln, sehr ungünstig. Wir brauchen Windeln.«
»Schon wieder? Wie kann so ein kleines Stück Mensch nur so massenhaft Windeln vollscheißen?«
»Das frage ich mich auch manchmal, ist halt ein echter kleiner Siebels.«
»Aha. Na dann. Also Windeln. Sonst noch was?«
»Babyöl, Chips, Waschmittel und Nutella.«
»Was ein Durcheinander, wer soll sich das denn merken?«
»Soll ich dranbleiben, bis du alles im Einkaufswagen hast?«
»Ich stehe gerade vor einer Kneipe und treffe gleich einen Zeugen. Danach geht’s dann zum Shoppen.«
»Kneipe? Jetzt noch? Du bist Familienvater und musst dringend dein Leben neu organisieren. Und ich muss jetzt Schluss machen, sonst wird das nix mit der Wickelei hier.«
»Ich organisiere jetzt erst mal einen schönen Platz in der Kneipe, bis dann. Wickel heil.«
Kaum hatte Siebels das Gespräch beendet, kam ein Mann um die Ecke gelaufen, blieb vor dem Eingang zum Dr. Flotte stehen und schaute unschlüssig auf seine Uhr.
»Herr Wurmbach?«
»Ja, das bin ich. Und Sie sind von der Polizei?«
»Ja, СКАЧАТЬ