Im grünen Tann. Arthur Achleitner
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Название: Im grünen Tann

Автор: Arthur Achleitner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066118907

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СКАЧАТЬ hält die Schwarzwalderde umschlungen, fest, ehern und silberweiß.

      „Und wo me luegt, isch Schnee un Schnee,

       Me sieht ke Stroß' und Fueßweg meh.“

      So grimmig der Winter wiedergekommen mit Ungestüm und Macht, im alten Hause bei Biber ist Frühling: Michel ist wieder gesundet, er steht, wenn auch noch etwas schwach und matt, wieder auf den Beinen und verbringt die kurzen Tagesstunden auf der „Kunst“ beim warmen Kachelofen im Untergelaß. Thrinele hat ihre Kräuterreste zusammengepackt und sich fertig gemacht, das Haus zu verlassen. Ihre Pflegeraufgabe ist gethan, und damit der Zweck ihrer Anwesenheit erfüllt. Mit rührenden Worten hat sie der alten Biberin herzlich gedankt für die gütige Aufnahme und Erlaubnis, daß sie dem Michel Pflegerin sein dürfte. Und Muetti nahm das Maidli in die Arme und küßte es ab und nannte Thrinele „Tochter“; und 's Maidli weinte Freudenthränen am Herzen der alten seelensguten Frau. Ob es freilich dazu kommen werde, daß Michel und Thrinele vereint am Altar stehen werden, das kann nur Gott allein wissen. Die Zeiten sind schlimm, und böse die Verhältnisse. Wollten auch Bibers — der Ätti muß doch auch erst gefragt werden — zustimmen in der Erkenntnis, daß es weit und breit auf dem Wald kein braveres Maidli gebe, Thrineles Vater ist streitsüchtig und der Salpeterersache ergeben. Und niemals hat man gehört, daß Kinder aus Halunken- und Salpetererfamilien im Wald zusammen geheiratet hätten. Sicherlich wird der Streitpeter böse sein, daß Thrinele über Hals und Kopf das Vaterhaus verließ und Aufnahme bei Halunken gefunden; von einer Heirat wird er erst recht nichts wissen wollen. Ist ja doch landbekannt, daß er lieber verderben, als die Sache der Salpeterer aufgeben wolle, für die er nahezu alles geopfert, für die er sozusagen bettelarm geworden ist. Ein halbdutzend Kühe, Pferde und Fahrnisse hat seine Streitlust, sein Kampf gegen die Obrigkeit schon verschlungen, das Anwesen ist verschuldet, heruntergekommen, aber zäh hält Peter an seinem Wahne fest. Das weiß man am Bühl wie zu Herrischried, und drum — so meint Muetti — müsse man das Weitere Gott, dem Lenker der Schicksale überlassen. Wortlos, das Köpfchen geneigt, hat Thrinele der Alten zugehört; 's Maidli nickt unter Thränen und ist bereit sich zu fügen, zu entsagen. Nur dem Ätti möchte sie noch danken, sich von ihm verabschieden. Aber der alte Biber ist seit einigen Tagen — Thrinele hat das gar nicht bemerkt — von Hause fort und nach Säckingen zu Amt gegangen. Heute wird er zurückerwartet; bis zu seiner Rückkehr solle Thrinele daher im Hause bleiben, und solle es dann zu spät zum Heimgehen auf den Bühl werden, so müsse 's Maidli eben noch eine Nacht bei Bibers verbringen. Und so wartet denn Thrinele, rückt die Kunkel ans Fenster und spinnt fleißig, daß das Rädli summt und surrt. Zartfühlend hat Muetti auf ein Weilchen die Stube verlassen und sich anderwärts zu schaffen gemacht, auf daß das Pärchen Abschied nehmen könne, wer weiß auf wie lange Zeit.

      Michel kommt denn auch, noch etwas unsicher gehend, auf das emsig spinnende Maidli zugeschritten, legt liebkosend seine Hand auf Thrineles Köpfchen und flüstert: „Will d'Sunne wirkli von mir goh?“

      Seufzend nickt's Maidli, und salziges Wasser füllet die Äuglein.

      „Gohst licht von mir?“

      Weinend bittet 's Maidli: „Mach' mir 's Herz nit schwer, Michel! Lueg: Wenn im Früehlig 's Schwälmli wieder singt: vielleicht das Glück uns zusamme bringt! Wir müsse warte und uf Gott vertraue!“

      Schwere Schritte vor dem Haus unterbrechen das Gespräch der beiden; es ist Ätti, der von Säckingen zurückgekehrt ist und lärmend sich den Schnee von den schweren Schuhen abflößt. Schon im Flur begrüßt ihn Muetti, gleichzeitig fragend, wie es sei zu Amt und was Ätti ausgerichtet habe.

      Lachend mahnt der Alte: „Zit lasse, Muetti, sust erstickst am viele

       Frage!“

      In die Stube eintretend, wird Biber herzlich begrüßt und willkommen geheißen vom Sohn und der Thrinele.

      „Potz tausig! Isch der Bueb au wieder uf de Bine! Gottwilche ußerm

       Bett!“

      Damit hat nun das Reden beim Ätti vorerst ein Ende; er langt nach dem Pfifli, es muß erst ein Weilchen Tubak geraucht werden, dann kann's ans Verzählen gehen. Muetti bringt zur Stärkung ein Gläschen Chriesiwasser, das Ätti bedächtig leert und dann mit der Zunge schnalzt. Dann wird's still in der warmen Stube, und Thrineles Rädchen summt und brummt.

      Das Pfifli ist zu Ende geraucht. Jetzt spricht Ätti: „Michel!“

      „Was isch, Ätti?“

      „Nüt isch!“

      „Wie sagsch?“

      Schmunzelnd vor innerem Vergnügen erzählt der Vater, daß der Amtmann erklärte, der Michel könne ruhig zu Hause bleiben. Die Geschichte von der Anmeldung des Kranken, seine Bereitwilligkeit nachzudienen, sobald er wieder gesund sei, in Verbindung mit der Salpetererschlacht bei Kuchelbach habe die Regierung veranlaßt, den Michel vom Militärdienst zu befreien. Es würden lediglich Salpetererbuben zwangsweise eingereiht, Halunkensöhne aber wieder losgegeben. Unter anderen werde auch Jobbeli, des Streitpeters Sohn, nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe unters Militär gebracht zum warnenden Beispiel für andere Salpeterer.

      Wie Michel aufjubelt! Seine bleichen Wangen röten sich, er zittert vor Freude, drückt dem Ätti die Hand und bittet Thrinele, seine Freude zu teilen und zu bleiben in Vaters Haus.

      Herzlich wünscht 's Maidli dem Michel Glück, erhebt sich aber dann, verabschiedet sich dankend für all das Genossene bei Ätti, Muetti und Michel, und hüllt sich in ihr Tuch. „Bhüet Gott mitsamme, bhüet Gott!“ Und fort ist 's Maidli. Michel ist vors Haus getreten; kaum erblickt er noch 's Thrinele, wie es hastig durchs Thälchen eilt, der Straße nach Hottingen zu. Und weit draußen, an der Biegung des Thalsträßleins dreht Thrinele um und winkt zurück, einen Augenblick nur, dann stapft es in abendlicher Dämmerung heim zum toten Bühl.

      * * * * *

      Von Leuten, die zu Freiburg waren und trotz Schnee und Wintersnot über Todtnau in den Wald heimgekehrt sind, ist die Kunde von Bühl zu Bühl getragen worden, daß das Gericht die erwischten Salpeterer abgeurteilt habe. Den alten Riedmatter wie seinen Sohn habe man ins Arbeitshaus gebracht, wo beide schimpflich das Rad drehen müßten. Andere seien zu öffentlichen Strafarbeiten verurteilt, und diejenigen, die glücklich in die Schweiz gelangten, dann aber nach einiger Zeit über die Grenze gingen, um zu Haus und Hof zurückzukehren, seien am Rhein abgefaßt und in den Amtsgefängnissen eingekerkert worden. Außerdem brachten die Leute die Kunde mit, daß nach der Schneeschmelze eine allgemeine Streife nach Salpeterern vorgenommen, jeder, ob an Kuchelbach beteiligt oder nicht, eingefangen und alle Jungens zum Militär gesteckt werden, die kleinen Kinder aber weggenommen würden. Mit Bangen sahen die eingeschüchterten Salpeterer daher der trüben Zukunft entgegen, und bei manchem stiegen Zweifel auf, ob denn wirklich die „heilige Sache“ recht behalten werde.

      * * * * *

      Spät am Abend langte Thrinele am Heimatshause auf dem toten Bühl an und fand zu ihrer großen Verwunderung die Thür offen, den Eingang schneeverweht, das Haus menschenleer. Wo Jobbeli steckt, weiß Thrinele aus Bibers Munde; wo aber Ätti weilt, das kann sich das Mädchen nicht denken. Der jungfräuliche Schnee im Hausflur deutet darauf, das seit längerer Zeit das Haus unbetreten geblieben sein muß; es ist nirgends eine Spur, ein Menschentritt wahrnehmbar. Und kalt ist es in allen Stuben, erloschen jegliches Feuer. In der Gaststube liegen wirr verstreut Brotreste, Messer und Gabel, Wäsche durcheinandergeworfen, wie wenn jemand in großer Eile darnach gesucht hätte und verscheucht worden wäre. Sollten Hochschürer das verlassene Haus „heimgesucht“ haben? Mit dem flackernden Kienspahn sucht Thrinele den Keller ab und findet einen abgefüllten Krug neben dem Fasse stehen, der offenbar vergessen worden СКАЧАТЬ