Das Erbe der Macht - Band 22: Königsblut. Andreas Suchanek
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СКАЧАТЬ hatte. »Das Tor war eine stabile Verbindung, aber es gibt andere Schlupflöcher. H. G. Wells und seine Zeitmaschine beispielsweise. Aber ich konnte ihn nicht finden. Die Insel scheint eine Möglichkeit zu sein.«

      »Aha, eine Insel.«

      Innerlich fluchte Tomoe über diesen Anfängerfehler. »Ja, der Ort ist eine Insel.«

      »Wo genau liegt sie?«

      »Es gibt einen Zauber, der sie aufspüren kann, und ich bin die Einzige, die diesen kennt.«

      »Schon verstanden. Ich hatte zwar nicht vor, dich über die Planke zu schicken, aber wenn du diese Rückversicherung brauchst, sei es dir gegönnt. Solange du uns den Kurs mitteilst.«

      Tomoe erhob sich und trat an den Messingglobus. Sie ließ die Kugel unter den gewölbten Messingbögen, die sie umgaben, hindurchgleiten und tippte schließlich auf einen Punkt. »Erst einmal dorthin. Von da geht es dann weiter.«

      »So sei es. Samuel kann dir deine Kajüte zeigen. Lass uns heute Abend gemeinsam essen und Geschichten austauschen.«

      »Ich freue mich darauf.«

      Die Tür öffnete sich und Samuel bedeutete ihr, ihm zu folgen. Ein letzter Blick zurück zeigte Anne, deren Blick auf einem der Gemälde ruhte. Es war die Lichtung, umgeben von grünen Blättern. Die Traurigkeit im Gesicht der anderen Unsterblichen war nicht zu übersehen.

      Mit einem dumpfen Laut fiel die Tür ins Schloss.

      Tomoe hätte es niemals zugegeben, doch die Zeit auf der Faust von Anne tat ihr gut. Ihre Kabine erwies sich als überraschend luxuriös, und selbst nach akribischer Suche waren keine Beobachtungszauber zu entdecken. Die gesamte Front war verglast, ihr bot sich ein atemberaubender Blick auf das Meer. Die Wellen wogten, Gischt spritzte, sie genoss es, die gewaltigen Stürme von hier aus zu betrachten. Wenn der Horizont sich zuzog, sank sie in den Schneidersitz, entzündete eine Kerze und ließ ihren Geist treiben.

      Obendrein war die Einrichtung überraschend modern. Das Bad war mit warmen Steinfliesen ausgekleidet, es gab eine riesige Wanne, das Bett bot problemlos fünf Menschen Platz.

      Allabendlich speiste sie mit Anne, sie tranken einen Absacker an der Reling und berichteten einander von ihren Leben als Nimags. Dabei erzählte die Piratin recht freimütig über ihre Zeit auf dem Meer, nicht jedoch, wie es zur Gefangenschaft kam. Wo die Geschichte sie aus den Augen verloren hatte, stoppte sie auch ihre Erzählung. Tomoe hatte natürlich direkt nach Annes Auftauchen recherchiert. Die letzte überlieferte Information war die Gefangenschaft der Piratin gewesen. Während all ihre Mitgefangenen hingerichtet worden waren, hatte sie überlebt und war angeblich von ihrem Vater befreit und nach Hause geholt worden. Wieder andere Quellen besagten, dass sie aus dem Kerker verschwunden war. Spurlos.

      Natürlich behielt auch Tomoe Details über ihr Leben als Nimag für sich. Die Kämpfe, die sie als Kriegerin bestritten hatte, ihre Ehe, schließlich ihr Tod. Um Letzteres rankten sich keine Mythen, obschon niemand zugegen gewesen war. Mit 91 Jahren hatte sie losgelassen, um dem Weg der Ahnen zu folgen. Wie hätte sie auch wissen können, dass dieser sie in die Zitadelle führte.

      »Kannst du dich an etwas erinnern?«, fragte sie Anne einmal.

      »Nein«, erwiderte die ehemalige Piratin versonnen. »Seltsam, nicht wahr? Wir alle wissen, dass es die Zitadelle gibt, dass wir von den Mächtigen dort zurückgeschickt werden, doch keiner weiß, wie es dort ist.«

      Tomoe betrachtete die Bücher in der Bibliothek, las darin, trank guten Wein und beobachtete die Mannschaft. Die Männer und Frauen schienen sich wohlzufühlen auf der Faust von Anne. Samuel war abgestellt worden, Tomoes Wünsche zu erfüllen. War ihr Weinglas leer, füllte er es auf. Suchte sie nach einem Buch, half er ihr dabei.

      Natürlich gab sie sich keinerlei Illusionen hin, er beobachtete sie. Anne mochte gastfreundlich sein, aber sie wusste, dass dies nur ein vorübergehender Waffenstillstand war. Der gemeinsame Feind schweißte sie zusammen.

      Immer wenn sie ein Ziel erreicht hatten, führte Tomoe den alten Zauber abermals aus und nannte den neuen Kurs. Am Morgen des dritten Tages wurden Anne und sie von einem aufgeregten Samuel an Deck gerufen. Selbst ohne Fernglas oder Weitblick war der grüne Tupfer zu erkennen, der sich gegen den Horizont abzeichnete.

      »Ich kenne das Meer wie meine Westentasche«, erklärte Anne, »und das schließt auch zahlreiche Inseln mit ein, die hinter Illusionierungen verborgen sind. Doch die hier ist anders.«

      Schweigend nickte Tomoe. Auch sie konnte es spüren, je näher sie kamen. Die Insel schien nicht hierherzugehören.

      Die Faust von Anne ging vor Anker, gemeinsam mit der Piratin, Samuel und einer Handvoll Männer setzten sie in einer Schaluppe über. Die Wellen waren hier in Inselnähe nur flach.

      »Siehst du das?«, fragte Anne.

      »Sind das Trümmer?«

      Als sei ein riesiges Gebäude eingestürzt, ragten gewaltige Steinfragmente aus dem hellen Sand.

      Die Schaluppe erreichte festen Untergrund. Mit gezogenem Essenzstab betrat Tomoe die Insel.

      »Ausfächern, Sicherheitskreis bilden«, befahl Anne. »Du bleibst bei uns, Samuel.«

      Die anderen kamen der Aufforderung nach, doch Tomoe achtete kaum auf sie. Die Steinbrocken zogen sie wie magisch an, wenngleich kein Zauber von ihnen ausging. Es war etwas anderes, Vertrautes. Ehrfürchtig streckte sie die Hand aus und berührte eines der Fragmente. Anne und auch Samuel schien es ähnlich zu gehen, sie erkannten beide die Erhabenheit, das Geheimnisvolle, das die Trümmerstücke umfing.

      »Was für ein Zauber ist das?«, hauchte Samuel.

      »Keiner«, stellte Anne klar. »Du kannst es nicht wissen, doch Tomoe spürt es. Und ich auch. Das Gefühl ist mir sehr vertraut.«

      »Du kannst es einordnen?« Verwirrt blickte Tomoe zwischen der Piratin und den Trümmerstücken hin und her.

      »Du nicht?«

      »Es ist … vertraut, aber doch fremd.«

      »Vermutlich liegt es daran, dass mein Kontakt erst wenige Monate zurückliegt.« Die Piratin atmete tief ein und wieder aus. »Es sind Teile der Zitadelle.«

      Tomoe zuckte zurück. »Aber wie ist das möglich?«

      Die Antwort war ein Schulterzucken. »Das kann ich dir nicht sagen. Aber wenn die Insel so alt ist, müssen diese Teile schon lange hier liegen. Es hat also nichts mit Merlin zu tun.« Auf Tomoes Blick hin lächelte Anne. »Natürlich hast du gedacht, dass er etwas damit zu tun hat. Aber da überschätzt du seine Macht. Er mag mit dem Wall verbunden sein, aber vergiss nicht, dass die Zitadelle die Erschaffung des Walls eingeleitet hat.«

      Zugegeben, die Erinnerung an die Blutnacht und die vollständige Zerstörung der Ordnung ließ Merlin wie einen unbesiegbaren Gott erscheinen. Dabei wusste Tomoe, dass selbst die angeblich Allmächtigen gestürzt werden konnten. Auch bei der Schattenfrau hatte es hoffnungslos ausgesehen.

      »Es gibt immer einen Weg.«

      »Das klingt schon besser.« Anne blickte mit verschränkten Armen zu den Baumwipfeln. »Also, СКАЧАТЬ