Название: Im Namen des Kindes
Автор: Martina Leibovici-Muhlberger
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783902862464
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»Mami hat immer so rote Augen gehabt und war ganz traurig. Wenn ich sie gefragt habe, hat sie immer gesagt, dass nichts ist. Später hat sie dann gemeint, dass sie wegen Oma und ihrer Krankheit [die Großmutter leidet unter einer Krebserkrankung] geweint hat; aber Papa hat sie nie getröstet. Ich habe mich gar nicht ausgekannt.« (Philipp, 7 Jahre)
»Wir sind gar nirgends mehr zusammen hingegangen. Papa ist mit mir allein im Tiergarten gewesen und Mama ist allein mit mir auf den Spielplatz und zu Freunden gegangen. Sie haben gesagt, dass sie keine Zeit haben. Zuerst haben sie beim Essen nur mehr mit mir und nicht mehr miteinander gesprochen, und dann haben wir auch nicht mehr zusammen gegessen. Obwohl Mama immer gesagt hat, dass das wichtig ist. Dann haben sie auch noch viel gestritten, und wenn ich gefragt habe, immer gesagt, dass es nur ein kleiner Streit ist. Es hat sich aber ganz anders angefühlt. Ich habe oft Angst bekommen, besonders wenn Papa geschrien hat und dann abends weggegangen ist.« (Manuela, 8 Jahre)
»Bei uns ist es einfach immer stiller geworden. Meine Alten sind sich mehr und mehr aus dem Weg gegangen. Und einmal hat meine Mutter dann irgendwie nebenher gesagt, dass er jetzt weg ist. Ich war die ganze Zeit über wütend, aber es war irgendwie nicht zu fassen.« (Dominique, 14 Jahre)
Bereits in jener von Zweifel und Konflikt beladenen Vorscheidungsperiode, in der das Abwägen von Aufrechterhalten der Beziehung versus Auflösung unser Fühlen und Denken bestimmt, sind auch unsere Kinder vom Geschehen betroffen. Man sollte nicht dem Irrtum anheimfallen, zu meinen, man könne die Beziehungskrise vor den Kindern verbergen. Gerade deswegen, weil Kinder in ihrem Wachsen und Gedeihen hochabhängig von den sie umgebenden Erwachsenen sind, haben sie ein beständiges Antennenmeer auf ihre Eltern und deren Befindlichkeit sowie die Qualität der Rückkopplung auf ihre eigenen Lebensäußerungen gerichtet. Eine durch die persönliche Krisenstimmung sich wandelnde Umgangsart mit dem Kind, Gereiztheit, Ungeduld, Müdigkeit, Traurigkeit, Verzweiflung, wird von jedem Kind wahrgenommen – und besonders vom jungen Kind, das noch in viel höherer emotionaler Verschmelzung mit dem Elternteil steht, auf sich bezogen. Hier ist auch eine jener Wurzeln zu verorten, die bewirken, dass zahlreiche Kinder sich als den Auslöser für das Missbefinden ihrer Eltern sehen. Dies kann in der Folge Ängste, Versagensgefühle, Schuldgefühle und somit eine Selbstwertbeschädigung beim Kind fördern.
Versuchen Sie also nicht, selbst unter dem gut gemeinten Vorsatz, ihr Kind schützen zu wollen, eine Mauer um den Paarkonflikt herum zu ziehen. Jedes Kind spürt, auch wenn es dies, wie im Falle jüngerer Kinder, noch nicht in Worte zu fassen vermag, dass sich die Grundmelodie des Familienklimas bedrohlich ändert. Hier zu vernebeln, führt nur zu zusätzlicher Irritation und Verunsicherung der kindlichen Wahrnehmung.
Weit gefehlt wäre es allerdings auch, das Kind in dieser Phase mit Details des bestehenden Paarkonflikts zu überschütten und eine drohende Scheidung als Damoklesschwert zu thematisieren. Es geht vielmehr darum, dem Kind seine Wahrnehmung in altersadäquater Form zu bestätigen, und zu vermitteln, dass beide Eltern alle Bemühungen in eine Lösung des Konflikts stecken.
Gibt es dieses bereinigende Gespräch, eröffnet sich hier auch für das Kind die Möglichkeit, seine Befindlichkeit zur Situation zu kommunizieren und nicht alleine mit seinen oft fälschlich die Situation interpretierenden Gefühlen zu sein.
»Als mir Mama und Papa gesagt haben, dass sie miteinander so viel streiten, weil sie sich gerade nicht miteinander verstehen und jeder die Meinung des anderen nicht für richtig hält, habe ich endlich gewusst, dass es nicht meine Schuld ist, dass dauernd Streit ist. Dann habe ich auch sagen können, dass mir das Angst macht, wenn Papa so schreit.« (Manuela, 8 Jahre, nach dem Gespräch mit ihren Eltern)
Vorscheidungsphase
* Selbst junge Kinder nehmen das veränderte Familienklima wahr.
* Verleugnung und Vernebelung führen zu Irritationen, Verunsicherungen und Ängsten, mit denen das Kind alleine ist.
* Altersadäquate Aufklärung, dass es einen elterlichen Paarkonflikt gibt, entlastet; der Inhalt des Paarkonflikts ist jedoch nicht Angelegenheit des Kindes.
* Dem Kind ist zu vermitteln, dass es keine Schuld am Konflikt der Eltern trägt.
* Dem Kind ist zu vermitteln, dass beide Eltern an der Lösung des Konflikts arbeiten.
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