Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026884484
isbn:
Band I
Erstes Kapitel
Der eine öffnete die Tür mit einem Drücker und trat ein. Ihm folgte ein junger Bursche, der linkisch die Mütze abnahm. Seine Kleidung war derb und erinnerte an die See; offenbar fühlte er sich in der geräumigen Halle wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er wußte nicht, was er mit seiner Mütze anfangen sollte und wollte sie gerade in die Hosentasche stopfen, als der andere sie ihm abnahm. Es war eine ganz ruhige, natürliche Handlung, und der linkische junge Bursche wußte sie zu schätzen. »Er hat Verständnis dafür«, dachte er. »Er wird mir schon weiterhelfen.«
Er folgte dem andern auf den Fersen, indem er die Schultern vor und zurück schob und die Füße unbewußt weit auseinandersetzte, als höbe und senkte sich der ebene Boden wie Meereswogen. Die großen Räume schienen ihm zu eng für seinen rollenden Gang, und er hatte selbst eine furchtbare Angst, daß seine breiten Schultern mit den Türrahmen kollidieren oder die Kunstgegenstände von dem niedrigen Kamin fegen würden. Er prallte zwischen den verschiedenen Dingen hin und her und vervielfältigte dadurch die Gefahren, die in Wirklichkeit nur in seiner Einbildung bestanden. Zwischen einem Flügel und einem bücherbeladenen Tisch in der Mitte des Zimmers wäre Platz genug für ein halbes Dutzend Männer nebeneinander gewesen, aber er wagte den Weg nur mit Angst und Beben. Seine schweren Arme hingen schlaff an seinen Seiten herab. Er wußte nicht, was er mit diesen Armen und Händen anfangen sollte, und als seine geängstigte Phantasie ihm vorspiegelte, daß er die Bücher auf dem Tische berühren könnte, machte er wie ein scheues Pferd einen Satz nach der anderen Seite und entging mit Mühe und Not einem Zusammenstoß mit dem Klavierschemel. Er bemerkte den leichten Gang des andern vor ihm, und zum erstenmal wurde ihm klar, daß sein Gang sich von dem anderer Leute unterschied. Plötzlich überkam ihn ein Gefühl der Scham über seine eigene Ungeschicklichkeit. Der Schweiß brach in kleinen Tröpfchen auf seiner Stirn aus, er blieb stehen und wischte sich das sonnenverbrannte Gesicht mit seinem Taschentuch.
»Wart' ein bißchen, Arthur, mein Junge«, sagte er, indem er seine Angst hinter einem scherzhaften Auftreten zu verbergen suchte. »Das ist zuviel auf einmal für deinen ergebenen Diener. Du mußt mir Zeit lassen, mal Luft zu schöpfen. Du weißt, daß ich nicht mitkommen wollte, und vermutlich wird deine Familie sich auch nicht gerade soviel daraus machen, mich kennenzulernen.«
»Laß nur«, lautete die beruhigende Antwort. »Du brauchst nicht bange vor uns zu sein. Wir sind ganz einfache Menschen. Hallo, da ist ja ein Brief für mich!« Er trat an den Tisch, riß einen Brief auf und begann zu lesen, so daß der Fremde Gelegenheit hatte, sich zu sammeln. Und der Fremde verstand ihn und war ihm dankbar. Er hatte selbst die Gabe des Verstehens, und auch jetzt verließ sie ihn nicht trotz seiner Ängstlichkeit. Er trocknete sich die Stirn und sah sich ruhiger um, wenn in seinen Augen auch der Ausdruck des wilden Tieres war, das die Falle fürchtet. Er befand sich in einer unbekannten Umgebung, fürchtete sich vor dem, was da geschehen mochte, und wußte nicht, wie er sich benehmen sollte; aber er war sich seiner Ungeschicklichkeit wohl bewußt und fürchtete, daß sein Geist und seine Seele ebenso gelähmt waren wie sein Körper. Er war sehr empfindsam, hoffnungslos selbstbewußt, und der belustigte Blick, den der andere ihm heimlich über den Rand des Briefes zuwarf, brannte wie ein Dolchstoß in ihm. Er ließ sich jedoch nichts merken, denn unter den Dingen, die er gelernt hatte, befand sich auch Selbstbeherrschung. Aber der Dolchstoß hatte auch seinen Stolz getroffen. Er verwünschte sich, weil er gekommen war, und beschloß gleichzeitig, die nun einmal begonnene Sache auch durchzuführen. Die Linien in seinem Gesicht wurden schärfer, und ein kampfbereiter Ausdruck trat in seine Augen. СКАЧАТЬ