Die Technik des Dramas. Gustav Freytag
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Название: Die Technik des Dramas

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066113346

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СКАЧАТЬ als von der Maschine herab einen Befehl aussprechen, so mußten sie entweder ganz Menschen werden mit allem Schmerz und Zorn, wie Prometheus, oder sie sanken unter den Adel der Menschennatur hinab, ohne daß der Dichter es verhindern konnte, zu starren Verallgemeinerungen in Liebe und Haß, wie Athene im Prolog des Aias.

      Während Götter und Geister im ernsten Drama üblen Stand haben, gelingt es ihnen in der Komödie weit besser. Und die jetzt abgelebten Zauberpossen geben nur eine sehr blasse Vorstellung von dem, was unsere Geisterwelt bei launiger und humoristischer Darstellung einem Dichter sein könnte. Wenn die Deutschen erst für eine politische Komödie reif sein werden, dann wird man den Werth des unerschöpflichen Schatzes von Motiven und Gegensätzen benutzen lernen, welcher aus dieser Phantasiewelt für drollige Laune, politische Satire und humoristische Einzelschilderung zu heben ist.

      Für das Gesagte ist der Faust und in ihm die Rolle des Mephistopheles der beste Beweis. Hier hat die Kraft des größten deutschen Dichters ein Bühnen-Problem geschaffen, welches eine Lieblingsaufgabe unserer Charakterspieler geworden ist. Jeder von ihnen sucht sich auf seine Weise mit der unlösbaren Aufgabe abzufinden, der eine holt die Maske des alten Holzschnitt-Teufels heraus, ein anderer den cavaliermäßigen Junker Voland, am besten wird die Sache noch dem Darsteller gerathen, der sich begnügt mit Klugheit und Geist die feine Redekunst der Dialoge verständlich zu machen und in den drolligen Scenen Haltung und gute Laune zu zeigen. Der Dichter freilich hat es dem Schauspieler, an den er beim Schreiben überhaupt nicht dachte, besonders schwer gemacht, denn die Rolle schillert in allen Farben, von der treuherzigen Sprache des Hans Sachs bis zu den feinen Erörterungen eines Spinozisten, vom Grotesken bis in das Furchtbare. Und sieht man näher zu, wie die Darstellung dieses Geistes auf der Bühne doch noch möglich wird, so ist der letzte Grund das Eintreten eines komischen Elements. Mephisto erscheint in einigen ernsten Situationen, aber er ist eine im großen Stil behandelte Lustspielfigur, und soweit er auf der Bühne wirkt, thut er es nach dieser Richtung.

      Damit ist nicht gesagt, daß das Geheimnißvolle, menschlicher Vernunft Unergründliche ganz aus dem Gebiet des Dramas verbannt werden soll. Träume, Ahnungen, Prophezeiungen, Gespensterschauer, das Eindringen der Geisterwelt in das Menschenleben, Alles, wofür in der Seele der Zuhörer noch eine gewisse Empfänglichkeit vorausgesetzt werden darf, mag der Dichter allerdings zu gelegentlicher Verstärkung seiner Wirkungen benutzen. Es versteht sich, daß er dabei zunächst die Empfänglichkeit seiner Zeitgenossen richtig zu schätzen hat, wir sind nicht mehr geneigt viel darauf zu geben, und nur sehr sparsame Verwendung zu Nebenwirkungen wird dem Schaffenden jetzt gebilligt werden. Shakespeare durfte dergleichen kleine Hilfsmittel mit größerem Behagen gebrauchen, denn in der Empfindung auch seiner gebildeten Zeitgenossen war die volksthümliche Ueberlieferung noch sehr lebendig und der Zusammenhang mit der Geisterwelt wurde allgemein weit anders aufgefaßt. Auch die seelischen Vorgänge eines unter schwerer Last ringenden Menschen waren nicht nur im Volke, selbst bei Anspruchsvollen anders beschaffen. Bei aufgeregter Furcht, Gewissenszweifeln, Reue stellte die Einbildungskraft das Bild des Furchtbaren noch als ein äußeres gegenüber, der Mörder sah den Ermordeten als Geist vor sich aufsteigen, er fühlte, in die Luft greifend, die Waffe, womit er die Unthat geübt, er hörte die Stimmen toter Opfer in sein Ohr dringen. Shakespeare und seine Zuhörer faßten deshalb auch auf der Bühne den Dolch Macbeth's und die Geister Banquo's, Cäsar's, des alten Hamlet, der Schlachtopfer Richard's III. weit anders auf als wir. Ihnen war dergleichen noch nicht ein bloßes herkömmliches Symbolisiren der inneren Kämpfe ihrer Helden, eine zufällige kluge Erfindung des Dichters, der durch den gespenstigen Trödel seine Wirkungen unterstützt, sondern es war ihnen noch die nothwendige landesübliche Weise, in welcher sie selbst Schauer, Entsetzen, Seelenkämpfe erfuhren. Das Grauen war nicht künstlich aus Ammenerinnerungen aufgeregt, die Bühne stellte nur dar, was in ihrem eigenen Leben furchtbar gewesen war oder sein konnte. Denn wenn auch der junge Protestantismus die schwersten Kämpfe in das Gewissen der Menschen verlegt hatte, und wenn auch die Gedanken und leidenschaftlichen Stimmungen der erregten Seele bereits von jedem Einzelnen sorgfältiger und schärfer beobachtet wurden, die mittelalterliche Empfindungsweise war deshalb noch nicht ganz geschwunden. Darum durfte Shakespeare diese Art von Wirkungen häufiger anwenden und mehr von ihnen erwarten, als wir.

      Aber er ist zugleich höchstes Muster, wie dergleichen spukhafte Gebilde künstlerisch für das Drama verwerthet sein wollen. Wer Helden vergangener Jahrhunderte innerhalb der Lebensanschauung ihrer Zeit darzustellen hat, wird eine Unfreiheit und Abhängigkeit der Menschen von sagenhaften Gebilden nicht ganz verbergen; aber er wird sie so verwenden, wie Shakespeare seine Hexen in den ersten Scenen des Macbeth, als Arabesken, welche Farbe und Stimmung der Zeit spiegeln und welche nur eine Veranlassung geben, das aus dem Innern des Helden herauszutreiben, was mit der für eine dramatische Gestalt nothwendigen Freiheit in seiner eigenen Seele emporwächst.

      Für die Arbeit des modernen Dichters ist zu bemerken, daß solche Hilfsmittel der Handlung vorzugsweise dienen, Farbe und Stimmung zu geben. Sie gehören also in den Aufgang des Dramas. Aber auch, wenn sie in die Wirkungen späterer Theile geflochten sind, wird unvermeidlich ihr Erscheinen schon im Anfange durch eine damit stimmende Färbung zu rechtfertigen und außerdem besonders genau zu begründen sein. So ist das Erscheinen des schwarzen Ritters in der Jungfrau deshalb eine störende Zuthat, weil die gespenstige Gestalt unvorbereitet aufsteigt und zu der glänzenden, gedankenreichen Sprache Schiller's, zu Ton und Farbe des Stückes durchaus nicht paßt. Die Zeit und Handlung an sich hätte eine solche Erscheinung ganz wohl erlaubt, auch erschien er dem Dichter als ein Gegenbild zu der kriegerischen Himmelskönigin, welche Fahne und Schwert in das Drama liefert. Aber Schiller hat auch die Himmelskönigin nicht selbst vorgeführt, nur in seiner prächtigen Weise von ihr erzählen lassen. Hätte der Prolog die entscheidende Unterredung des Hirtenmädchens mit der Mutter Gottes in der Sprache und treuherzigen Haltung, wie sie der mittelalterliche Stoff nahe legte, dargestellt, so wäre auch dem späteren Erscheinen des bösen Geistes bessere Berechtigung geworden. Die Rolle ist übrigens auch in Tracht und Rede nicht vortheilhaft ausgestattet. Schiller verfügte mit bewundernswerther Meisterschaft über die verschiedenartigste historische Färbung, aber der Dämmerschein des Sagenhaften steht ihm, der immer in vollen Farben malt und, wenn ein spielender Vergleich erlaubt ist, leuchtendes Goldgelb und dunkles Himmelblau am liebsten verwendet, gar nicht an. Wundervoll hat dagegen Goethe, der unumschränkte Herr lyrischer Stimmungen, die Geisterwelt für die Farben des Faust verwendet, allerdings nicht zum Zweck einer Aufführung.

       Wichtigkeit und Größe der Handlung.

       Inhaltsverzeichnis

       Die Handlung des ernsten Dramas muß Wichtigkeit und Größe haben.

      Die Kämpfe der einzelnen Menschen sollen ihr innerstes Leben ergreifen, der Gegenstand des Kampfes soll nach allgemeiner Auffassung ein hoher sein, die Behandlung eine würdige.

      Solchem Inhalt der Handlung müssen auch die Charaktere entsprechen, um eine große Wirkung des Dramas hervorzubringen. Ist die Handlung dem angeführten Gesetz gemäß zugerichtet und die Charaktere genügen nicht den dadurch erregten Forderungen, oder haben die Charaktere eine große und leidenschaftliche Bewegung, während der Handlung diese Eigenschaften fehlen, so wird das Mißverhältniß vom Hörer peinlich empfunden. Iphigeneia in Aulis hat bei Euripides einen Inhalt, welcher die furchtbarsten menschlichen Seelenkämpfe für die Bühne liefert, aber die Charaktere sind, allenfalls mit Ausnahme der Klytämnestra, schlecht erfunden, entweder durch unnöthige Niedrigkeit der Gesinnung oder durch Kraftlosigkeit, oder durch unbegründete plötzliche Wandlungen der Empfindung entstellt, so Agamemnon, Menelaos, Achilleus, Iphigeneia. Und wieder im Timon von Athen des Shakespeare hat zwar der Charakter des Helden von dem Augenblick, wo er in Bewegung gesetzt wird, eine immer steigende Energie und Kraft, welcher eine finstere Großartigkeit durchaus nicht fehlt, aber Idee und Handlung stehen im Mißverhältniß dazu. Daß ein warmherziger, vertrauensvoller Verschwender nach Verlust der äußern Güter durch Undank und Gemeinheit СКАЧАТЬ