Название: Metaphysik
Автор: Aristoteles
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 9788026817840
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Überhaupt aber, die Ideenlehre hebt gerade das auf, dem diejenigen, die dieser Lehre anhangen, ein höheres Sein zuschreiben, als den Ideen selber. Denn die Folge ist, daß nicht die Zweiheit das Ursprüngliche ist, sondern die Zahl, daß das Relative früher ist als die selbständige Existenz, und so vieles anderes, womit manche, die der Ideenlehre Folge geleistet haben, zu ihren eigenen Prinzipien sich in offenen Widerspruch gesetzt haben. Der Gedankengang ferner, der zu der Annahme von Ideen führt, ergibt weiter die Folgerung, daß es Ideen geben müßte nicht bloß von selbständigen Dingen, sondern auch von vielem anderen; denn der Begriff faßt nicht bloß selbständig Existierendes in eine Einheit zusammen, sondern auch das andere, und eine Erkenntnis gibt es nicht bloß von Substanzen, sondern auch von anderem. Und so könnten wir mit Einwürfen von gleicher Art beliebig fortfahren.
Halten wir uns an die Notwendigkeit der Sache und an den Charakter der Lehre, so dürfte es, wenn doch von einer »Teilnahme« an den Ideen die Rede sein soll, notwendigerweise Ideen nur von selbständigen Wesen geben. Denn solches Teilnehmen findet nicht statt in dem Sinne, daß etwas Prädikat an dem anderen wäre, sondern es kann einem jeglichen nur in der Weise zukommen, daß es sich nicht um Akzidenzen an einem Substrate handelt. Zum Beispiel: wenn etwas an der Idee der Gedoppeltheit teilhat, so hat eben dasselbe allerdings auch an der Idee des Ewigen teil, aber dies in akzidentieller Weise; denn die Gedoppeltheit hat es an sich, ein Ewiges zu sein. Die Ideen sind demnach Substantielles, und daß etwas Substanz ist, das bedeutet ganz dasselbe in der Welt des Diesseits wie in der Welt des Jenseits. Oder was sollte es sonst heißen, wenn man sagt, es sei noch etwas neben den realen Dingen, nämlich der Begriff, als das Eine im Vielen? Entweder die Ideen und das, was an den Ideen teil hat, sind der Form nach identisch: dann wird es etwas geben, was beiden gemeinsam ist. Denn wie sollte es kommen, daß wohl in den sinnlichen Zweiheiten und in den mathematischen Zweiheiten, welche letzteren zwar viele, aber zugleich ewig sind, der Begriff der Zweiheit beidemale einer und derselbe wäre, aber nicht in der Zweiheit an sich und in einer beliebigen sinnlichen Zweiheit? Oder aber sie sind der Form nach nicht identisch; dann hätten sie nichts Gemeinsames als die Benennung, und es wäre gerade so, als ob einer den Kallias und ein Stück Holz beide mit dem Worte Mensch benennen wollte, ohne daß er dabei irgend etwas Gemeinsames an beiden im Auge hätte.
In das allergrößte Bedenken aber versetzt die Frage, was denn eigentlich die Ideen, sei es für das, was unter den sinnlich wahrnehmbaren Dingen das Ewige ist, sei es für das, was entsteht und vergeht, leisten. Liegt doch in Urnen keinerlei begründende Wirksamkeit, weder für irgend eine Bewegung noch für eine qualitative Veränderung. Aber noch mehr: auch zu der Erkenntnis des übrigen nützen sie nichts. Sie bilden nicht die Substanz dieser Dinge, sonst müßten sie ihnen immanent sein; und sie machen ebenso wenig ihr Dasein aus, da sie in dem, was an ihnen teilhat, nicht gegenwärtig sind. Am ehesten könnte es scheinen, daß sie in der Weise Ursachen sind, wie das Weiße in der Mischung Ursache für die Farbe des weißen Gegenstandes ist. Indessen auch diese Annahme, wie sie Anaxagoras zuerst, nach ihm Eudoxos und manche andere vorgetragen haben, bietet der Widerlegung allzu reichlichen Anlaß, und es wäre leicht, eine Menge von Undenkbarkeiten wider eine derartige Ansicht aufzutreiben.
Und weiter: aus den Ideen läßt sich das, was nicht Idee ist, auch auf keine der sonst gebräuchlichen Weisen ableiten. Wenn man sagt, sie seien die Musterbilder und das andere habe Teil an ihnen, so ist das eine leere Redensart und eine bloße dichterische Metapher. Denn welches wäre das Subjekt, das in seinem Wirken auf diese Ideen den Blick gerichtet hielte? Ist es doch ganz wohl möglich, daß etwas einem Gegenstande ähnlich ist und wird, auch ohne daß es ausdrücklich dem anderen nachgebildet ist, wie einer ein Mensch gleich Sokrates werden kann, ob nun Sokrates existiert oder nicht; und dasselbe würde offenbar auch dann gelten, wenn dieser Sokrates etwas Ewiges wäre.
Für denselben Gegenstand wird es ferner eine Mehrzahl von Musterbildern, also auch von Ideen geben, für den Menschen z.B. das lebende Wesen und das Wesen mit zwei Beinen und den Menschen-Ansicht. Ferner würden die Ideen nicht bloß die Vorbilder der sinnlich wahrnehmbaren Dinge, sondern auch der Ideen selbst sein, wie die Gattung Idee für die Arten der Ideen, wobei denn eines und dasselbe Vorbild und Abbild zugleich würde.
Außerdem scheint es unmöglich, daß die Substanz getrennt existiere von dem, dessen Substanz sie ist. Oder was soll es heißen, daß die Ideen getrennt von den Dingen existieren, wenn sie doch die Substanz derselben sind? Im »Phaedon« heißt es, daß die Ideen die Ursachen des Seins und des Entstehens sind. Aber gesetzt auch, die Ideen existieren, so kann deshalb gleichwohl noch nicht das, was an ihnen teilhat, zum Dasein gelangen, wo es keine bewegende Ursache gibt; dagegen kommt vieles andere ganz gut zustande, wofür man doch keine Ideen annimmt, wie ein Haus oder ein Ring. Offenbar also kann durch eben dieselben Ursachen, wie sie für das eben Bezeichnete gelten, auch das übrige sein Dasein und Entstehen finden.
Nun aber zu etwas anderem. Wenn die Ideen Zahlen sind, wie können sie Ursachen sein? Etwa weil die existierenden Dinge auch wieder Zahlen wären, z.B. diese bestimmte Zahl ein Mensch, diese Sokrates, diese Kallias wäre? Inwiefern wären dann jene Zahlen die Ursachen für diese? Daß die einen ewig sind, die andern nicht, das macht doch für die Ursächlichkeit nichts aus. Wenn sie aber deshalb die Ursachen sein sollen, weil die irdischen Gegenstände vielmehr Verhältnisse von Zahlen sind, wie z.B. die musikalische Harmonie eines ist, so gibt es offenbar ein Einheitliches, zugrunde Liegendes, dessen Verhältnisse sie sind. Liegt nun ein derartiges als eine Art von Materie zugrunde, so werden offenbar auch die Idealzahlen nicht sowohl Zahlen als Verhältnisse zwischen verschiedenen Gliedern sein. Zum Beispiel wenn Kallias ein Zahlenverhältnis von Feuer, Erde, Wasser und Luft ist, so wird auch die Idee ein Zahlenverhältnis sein von gewissen anderen Bestandteilen, die ihr Substrat ausmachen, und der Mensch-an-sich, ob er nun eine Zahl ist oder nicht, wird jedenfalls nicht eine Zahl schlechthin sein, sondern ein zahlenmäßiges Verhältnis zwischen gewissen Elementen, und also wird die Idee keine Zahl sein.
Ferner, aus einer Vielheit von Zahlen entsteht eine neue Zahl; soll also aus einer Vielheit von Ideen auch eine neue Idee werden? und wie? Wenn die neue Zahl aber nicht sowohl aus den gegebenen Zahlen, als vielmehr aus den in den Zahlen, z.B. in der Zahl 10000, enthaltenen Einheiten gebildet wird: wie verhalten sich dabei die Einheiten? Sind sie gleichartig, so ergibt sich eine Menge von Ungereimtheiten; sind sie nicht gleichartig, weder die Einheiten einer und derselben Zahl untereinander, noch die Einheiten der einen Zahl mit den Einheiten aller anderen, worin soll der Unterschied zwischen ihnen bestehen, da sie doch ohne Beschaffenheit sind? Alles das hat keinen rechten Sinn, noch verträgt es sich mit gesunder Überlegung.
So sieht man sich denn gezwungen, außer dieser noch eine weitere Art der Zahl sich zu beschaffen, nämlich die, die in der Arithmetik und in dem ganzen Gebiete herrscht, das manche als das »Mittlere« zwischen den sinnlichen Dingen und der Ideenwelt bezeichnen. Wie aber soll man sich diese Art von Zahlen entstanden denken und aus welchen Prinzipien? oder warum soll es zwischen den diesseitigen Dingen und jenen Idealzahlen mitteninne stehen?
Ferner müßten die Einheiten, die in der Zweiheit enthalten sind, jede wieder aus einer früheren Zweiheit stammen, was doch unmöglich ist. Und wodurch bildet die Idealzahl, die doch aus Einheiten besteht, wieder eine Einheit? Übrigens, abgesehen von dem schon Bemerkten: wenn die Einheiten wirklich unter sich verschieden sind, dann hätte man sich auch so ausdrücken sollen, wie es diejenigen Denker tun, die die Zahl der Elemente als vier oder als zwei bezeichnen. Denn von diesen nennt jeder Element nicht das was darin das Gemeinsame ist, nämlich den Körper, sondern er nennt als solches Feuer und Erde, gleichgültig ob die Körperlichkeit ihnen gemeinsam ist oder nicht Die Platoniker aber sprechen, als sei das Eine ein СКАЧАТЬ