Название: Mann und Weib
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Wenn ich einen Mißgriff gemacht habe«, sagte sie, »so sind jedenfalls Sie verantwortlich dafür. Sie haben meine Frage, ob diese Dame die Frau Ihres Freundes sei, ganz bestimmt bejahend beantwortet.
»Wie?!!« rief Mrs Vanborough laut in finster ungläubigen Tone.
Der angeborene Stolz der großen Dame fing an, die leichte Hülle äußerer Höflichkeit zu durchbrechen.
»Ich kann noch lauter reden, wenn Sie es wünschen«, sagte sie. Ich habe es von Mr. Vanborough daß Sie die Frau jenes Herrn seien.«
Vanborough flüsterte seiner Frau wüthend durch die Zähne die Worte zu: »Die ganze Geschichte ist ein Mißverständnis, geh’ wieder in den Garten.«
Mrs. Vanborough wich einen Augenblick dem Entsetzen über den Ausdruck der furchtbaren Leidenschaftlichkeit und des Schreckens, die sich in den Zügen ihres Mannes walten.
»Wie siehst Du mich an?! Wie sprichst Du mit mir?!«
Er aber wiederholte nur die Worte: »Geh’ in den Garten.«
Lady Jane fing an zu merken, was Delamayn schon einige Minuten früher klar geworden war, daß hier in der Villa in Hampstead etwas nicht in Ordnung sei. Mit der Stellung der Frau vom Hause mußte es unter allen Umständen eine eigenthümliche Bewandtniß haben. Und da das Haus allem Anscheine nach Mr. Vanboroughs Freund gehörte, so mußte dieser Freund, trotz seiner ablehnenden Erklärung, in einer oder der anderen Weise für diese Stellung verantwortlich sein. Von dieser falschen aber sehr natürlichen Voraussetzung ausgehend ließ Lady Jane ihr Auge einen Augenblick auf Mrs. Vanborough mit einem geringschätzig, spöttisch fragenden Ausdruck ruhen, der das schüchternste Weib außer sich gebracht haben würde. Die in diesem Blick liegende Insulte traf die fein empfindende Frau wie ein Stich in’s Herz. Wieder wandte sie sich an ihren Mann, dieses Mal mit der ganz rückhaltlosen Frage:
»Wer ist die Dame da?«
Lady Jane war nicht die Frau, sich durch einen solchen Vorfall einschüchtern zu lassen. Im Vollgefühl ihrer Würde sagte sie:
»Mr. Vanborough, Sie haben mir vorhin angeboten, mich an meinen Wagen zu führen. Ich fange an zu begreifen, daß ich besser gethan hätte, von Ihrem Anerbieten sofort Gebrauch zu machen. Geben Sie mir Ihren Arm, wenn ich bitten darf.
»Halt!« rief Mrs. Vanborough. »Ihre Blicke sprachen Verachtung aus, Ihre Worte lassen nur eine einzige Erklärung zu. Ich bin hier das Opfer einer schändlichen Täuschung, die ich mir noch nicht zu erklären vermag. So viel aber weiß ich gewiß, ich dulde keine Beleidigung in meinem eigenen Hause. Ich verbiete meinem Manne, Ihnen den Arm zu geben!«
»Ihrem Manne?«
Lady Jane sah Vanborough an, Vanborough, den sie liebte, den sie für unverheirathet gehalten hatte, gegen den sie bis zu diesem Augenblick keinen schlimmeren Verdacht gehegt hatte, als daß er die Schwächen seines Freundes zu beschönigen suche.
Mit einem Male waren ihr vornehmer Ton und ihr vornehmes Benehmen verschwunden. Das Gefühl der Beleidigung, die ihr angethan war, die Eifersucht, die sich in ihr regen mußte, wenn diese Frau wirklich Vanborough’s Gattin war, ließ plötzlich die menschliche Natur unverhüllt bei ihr hervortreten. Mit hochgerötheten Wangen und funkelnden Blicken rief sie in hochfahrendem Ton:
»Wenn Sie mir noch etwas zu sagen haben, so thun Sie es gefälligst auf der Stelle. Haben Sie sich der Welt, haben Sie sich mir fälschlich als einen unverheiratheten Mann präsentirt? Ist diese Dame Ihre Frau?«
»Höre sie nur, sieh sie nur an!« rief Mrs. Vanborough gegen ihren Mann gewandt. Aber schaudernd fuhr sie zurück. »Er zaudert«, sagte sie zitternd vor sich hin, »Gerechter Gott, er zaudert.«
Lady Jane wiederholte in strengem Ton ihre Frage:
»Ist diese Dame Ihre Frau?«
Er raffte sich mit dem verzweifelten Muth der Niederträchtigkeit auf und antwortete:
»Nein!«
Mrs. Vanborough wankte und mußte sich an den weißen Fenstervorhängen halten um nicht zu fallen. Sie starrte ihren Mann an und fragte sich: »Wer von uns Beiden ist hier wahnsinnig geworden? er oder ich?«
Lady Jane athmete tief auf: Er war nicht verheirathet, er war nur ein liederlicher Junggeselle und die Liederlichkeit eines Junggesellen ist zwar tadelnswerth aber nicht unbesserlich. Man kann ihm seinen Lebenswandel scharf vorhalten und mit Entschiedenheit darauf bestehen, daß er ihn ändere. Man kann ihm aber dann auch vergeben und ihn heirathen. Mit vollkommen richtigem Tact sprach Lady Jane gegen Vanborough ihre Mißbilligung seines Verhaltens aus, ohne ihm jede Hoffnung für die Zukunft abzuschneiden.
»Ich habe hier eine für mich sehr peinliche Entdeckung machen müssen«, sagte sie zu ihm, »ich muß es Ihnen überlassen, mich dieselbe vergessen zu machen! Leben Sie wohl.«
Der Blick mit dem sie diese Abschiedsworte begleitete, machte Mrs. Vanborough rasend. Sie stürzte an die Thür und versperrte Lady Jane den Weg.
«Nein«, rief sie, »noch dürfen Sie nicht fort von hier.«
Vanborough trat vor, um sich in’s Mittel zu legen. Seine Frau warf ihm einen fürchterlichen Blick der Verachtung zu. »Dieser Mensch lügt«, sagte sie, »ich bin es mir selbst schuldig Ihnen das zu beweisen.« Sie zog an einer neben ihr befindlichen Klingel und hieß den darauf eintretenden Diener ihre Schreibmappe aus dem anstoßenden Zimmer hereinbringen.
Sie verharrte in ihrer Stellung und hielt den Blick fest auf Lady Jane gerichtet, während sie ihrem Manne den Rücken zukehrte Schutzlos und verlassen stand sie da auf den Trümmern ihres ehelichen Glücks, erhaben über den Verrath ihres Mannes, die Gleichgültigkeit des Advokaten und die Verachtung ihrer Nebenbuhlerin In diesem schrecklichen Augenblick erschien sie wie verklärt in dem Glanze ihrer ehemaligen Schönheit. Die große Künstlerin, welcher einstmals in den Tagen ihres Ruhmes, wenn sie fremde Leiden auf der Bühne darstellte, eine athemlose Menge gelauscht hatte, stand jetzt, in ihrem eigenen Leiden größer da als je, während die drei Anwesenden sie athemlos betrachtetem bis sie aufs Neue das Wort ergriff.
Der Diener trat mit der Schreibmappe ein, sie nahm ein Papier aus derselben und reichte es Lady Jane.
»Ich war als Mädchen Opernsängerin und um dem bösen Leumund, dem Frauen in dieser Stellung ausgesetzt sind, zu begegnen, habe ich mich bei meiner Heirath mit diesem Document versehen, das für sich selbst spricht. Selbst in der höchsten Gesellschaft werden. solche Papiere respectirt!«
Lady Jane betrachtete das Document, es war ein Trauschein. Sie erbleichte und winkte Vanborough zu sich heran indem sie ihn fragte: »Wollen Sie mich hintergehen?«
Vanborough wandte sich nach dem Advokaten um, der noch immer in seinem Winkel saß und mit unerschütterlicher Ruhe der Dinge harrte, die da kommen würden. »Darf ich Sie bitten einen Augenblick herzukommen«, sagte er.
Delamayn erhob sich und trat heran. Jetzt wandte sich Vanborough an Lady Jane und sagte:
»Wenden Sie sich gefälligst an meinen Advokaten der kein Interesse dabei haben kann, Sie zu hintergehen.«
»Ich werde mich auf eine Darlegung des Thatbestandes beschränken«, sagte dieser, »und würde jede weitere Erklärung ablehnen müssen.«
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