Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ auf den runden Tisch, worauf Wassilissa, eine schweigsame, ernste Person von etwas kränklichem Aussehen, die mit ihrer Herrin etwa in gleichem Alter stand, das silberne Servis mit dem dampfenden frischen Kaffee hereinbrachte.

      Maschutka zog sich dann in einen Winkel zurück, um sich vor dem prüfenden Auge der Herrin, die sie immer adrett und sauber sehen wollte, in Sicherheit zu bringen. Es wurde Maschutka auch gar zu schwer, sich sauber zu halten: hatte sie ihre Hände gewaschen, dann hielt sie die Gegenstände lange nicht so sicher fest und ließ jeden Augenblick etwas fallen; ob es der Samowar oder ein wertvolles Servis war, es entglitt eben ihren Händen. Auch in sauberen Kleidern fühlte sie sich immer sehr unbehaglich. Wenn sie sich am Sonntag waschen und kämmen mußte und ihre guten Kleider anzog, war ihr, wie sie sagte, so zumute, als sei sie in einen Sack eingenäht. Sie fühlte sich immer nur dann glücklich, wenn sie vom Aufwischen der Fußböden, vom Reinigen der Fenster, der Türen und des Geschirrs so recht von oben bis unten beschmutzt war, daß man ihr Gesicht nicht wiedererkannte und sie, um sich die Nase oder die Augenbrauen zu reiben, statt der unsauberen Hände die Ellbogen zu Hilfe nehmen mußte.

      Im Gegensatz zu ihr war Wassilissa die Akkuratesse selbst, stets ernst und gemessen, immer nur im Flüsterton sprechend und auf dem ganzen Hofe die einzige Person, die sich wirklich sauber hielt. Als ganz junges Mädchen schon war sie als Kammerzofe in den Dienst ihrer Herrin getreten; nie hatte sie sich von ihr getrennt, jedes Ereignis, jede Einzelheit ihres Lebens war ihr bekannt; jetzt hatte sie die Stellung einer Vertrauten ihrer Herrin und Haushälterin inne.

      Ihre Unterhaltung war stets sehr einsilbig – die Herrin brauchte Wassilissa fast gar keine Befehle zu erteilen, sie wußte schon von selbst, was zu tun war. Lag etwas Besonderes vor, dann gab ihr die Großtante einfach den »Rat«, das und das zu tun. Eine Untergebene um etwas zu bitten, widersprach ihrer feudalen Auffassung. Ein Lakai, ein Diener, eine Dienerin blieb eben für sie ein Lakai, ein Diener, eine Dienerin, welche Vorzüge auch sonst der oder die Betreffende haben mochte.

      Im übrigen nahm nur selten jemand von ihr persönlich Befehle entgegen: in allen häuslichen Angelegenheiten teilte sie ihre Wünsche Wassilissa mit, und in allem, was das Gut betraf, wandte sie sich an den Buchhalter oder den Starosten. Niemand außer Wassilissa wurde von ihr beim vollen Namen genannt, es müßte denn sein, daß jemand einen Namen trug, der sich schon gar nicht abkürzen oder verstümmeln ließ, wie etwa die Namen Ferapont oder Pantelejmon, deren Träger ihren Namen voll zu hören bekamen; den Dorfältesten nannte sie Stepan Wassiljew, alle anderen waren für sie nur Matroschka, Maschutka, Jegorka usw. Nannte sie dagegen jemanden beim Vor- und Vatersnamen, dann durfte er sicher sein, daß sich über ihm ein Gewitter zusammenzog:

      »Komm doch mal her – du, Jegor Prochorytsch! Wo hast du denn gestern den ganzen Tag gesteckt?« oder: »Du, Ssemjon Wassilitsch – du warst ja gestern mit der brennenden Pfeife auf dem Heuboden. Nimm dich in acht, Bursche!«

      Sie drohte ihm mit dem Finger, und zuweilen stand sie mitten in der Nacht auf und spähte durchs Fenster, ob nicht irgendwo das Glimmen einer Tabakpfeife zu sehen war oder jemand mit der Laterne in die Scheune ging.

      Der Gegensatz zwischen den »Leuten« und der Herrschaft war für sie unüberbrückbar. Sie war nur mäßig streng, ja beinahe leutselig und menschenfreundlich, doch alles nur im Sinne des alten Herrentums. Wurde irgendeine Irina oder Matrona Mutter eines illegitimen Kindes, dann hörte sie den Bericht, der ihr über den Fall erstattet wurde, schweigend, mit der Miene beleidigter Würde an; dann befahl sie Wassilissa, alles Nötige zu geben, wandte sich verächtlich zur Seite und sagte nur: »Daß mir die abscheuliche Person nicht wieder vor Augen kommt!« Waren Matrona oder Irina wieder wohlauf, so ließen sie sich vier Wochen lang vor der Herrin nicht sehen, um hierauf wieder an der Bildfläche aufzutauchen, als ob gar nichts vorgefallen wäre; das Kind wurde kurzerhand »ins Dorf« zur Pflege geschickt.

      Wurde jemand von den Leuten krank, dann stand Tatjana Markowna selbst mitten in der Nacht auf und schickte ihm Spiritus oder Salbe, oder was sonst nötig war. Am nächsten Morgen jedoch ließ sie ihn ins Krankenhaus bringen, oder sie ließ die »Melancholicha« holen, nie jedoch den Arzt. Dagegen brauchte nur eine ihrer kleinen Großnichten eine belegte Zunge oder einen etwas aufgetriebenen Leib zu haben, und sogleich mußte Kirjuschka oder Wlas auf ungesatteltem Pferde, wie toll mit den Knien und Ellbogen arbeitend, nach der Stadt traben, um den Doktor zu holen.

      Die »Melancholicha« war irgendein altes Weib in der Vorstadt, das mit den einfachsten Mitteln die »Leute« kurierte und ihre Krankheiten im Handumdrehen wegbrachte. Wohl kam es vor, daß ihre Kur den einen für sein ganzes Leben zum Krüppel machte, daß der andere dabei seine Stimme verlor und bis zu seinem Tode nur noch heiser krächzen konnte, daß dieser ohne Auge, jener ohne Kinnlade von ihr zurückkam – aber der Schmerz war doch vorüber, und der glücklich Kurierte konnte wieder seine Arbeit verrichten. Das genügte dem Kranken wie der Quacksalberin, und erst recht natürlich der Herrschaft. Da die Melancholicha ihre Praxis nur unter den Leibeigenen und den kleinen Leuten der Vorstadt ausübte, legte ihr die Medizinalbehörde weiter kein Hindernis in den Weg.

      Die Kost, die Tatjana Markowna ihren Leuten gab, war reichlich und nahrhaft – an Kohlsuppe und Grütze wurde nicht gespart, an den Feiertagen gab es Fruchtpasteten und Hammelfleisch, und zu Weihnachten wurden Gänse und Schweine gebraten. Im übrigen war sie in bezug auf Beköstigung und Kleidung der Leute gegen jeden »Luxus«, höchstens daß sie einmal als besondere Vergünstigung dieser oder jener Bäuerin die Überreste der herrschaftlichen Tafel zukommen ließ. Den Tee oder Kaffee trank zunächst nach der Herrin die Haushälterin Wassilissa, dann kamen die Stubenmädchen und der alte Haushofmeister Jakow an die Reihe. Die Kutscher, die Hofarbeiter und der Dorfälteste bekamen an Festtagen jeder ein Glas Branntwein, als besondere Anerkennung ihrer treuen Dienste.

      Wenn des Morgens der Kaffee vom Tisch geräumt war, erschien eine stattliche alte Frau mit auffallend roten Pausbacken und ewig lachendem Munde im Zimmer: die Wärterin der beiden Großnichten Wjerotschka und Marsinka. Hinter ihnen her kam ein zwölfjähriges Mädchen, das der Alten zur Hand ging. Sie brachten die Kinder zum Frühstück in das Zimmer der Großtante.

      »Nun, meine lieben Vögelchen, wie geht’s?« sagte sie und wußte nicht, welches der beiden Kinder sie zuerst küssen sollte. »Nun, Wjerotschka? Ei, ist das ein artiges Kind: wie hübsch gekämmt sie schon ist!«

      »Auch ich bin schon gekämmt, Tantchen, auch ich!« rief Marsinka laut.

      »Wovon hat denn Marsinka so rote Äugelchen? Hat sie im Schlafe geweint?« fragte sie besorgt die Kinderfrau. »Oder ist’s von der Sonne? Gehen auch die Vorhänge richtig zu? Darum kümmerst du dich natürlich nicht, du Schlafmütze! Ich muß schon selbst mal nachsehen.«

      Im Mädchenzimmer saßen noch drei oder vier weitere Mädchen, die den ganzen Tag über irgendeine Näh- oder Stickarbeit gebückt waren – die Großtante litt es nämlich nicht, daß irgend jemand unbeschäftigt dasaß. Im Vorzimmer räkelte sich der nachdenkliche alte Jakow, der sechzehnjährige Spötter Jegorka und zwei oder drei Lakaien, die dem Hausmeister zur Hilfe beigegeben waren, im übrigen nur wenig zu tun hatten und oftmals wechselten.

      Jakow selbst bediente nur bei Tisch, jagte träg mit einem Zweige die Fliegen von den Schüsseln, stellte ebenso träg die frischen Teller hin und brachte nur widerwillig einmal ein Wort über die Lippen. Selbst wenn seine Herrin ihn fragte, antwortete er kaum, als fiele ihm das Leben weiß Gott wie schwer, als drückte irgendeine ungeheure Last auf seine Seele, obschon nichts Derartiges vorlag. Tatjana Markowna hatte ihn nur deshalb zum Haushofmeister gemacht, weil er ein ruhiger Mensch war, nicht rauchte und nur mäßig – das heißt nie bis zur Bewußtlosigkeit – trank; außerdem war er ein eifriger Kirchenbesucher.

      Achtes Kapitel

      Raiski hatte die Großtante gerade beim Frühstück der Kinder angetroffen. Sie schlug vor Überraschung die Hände über dem Kopfe zusammen und sprang von ihrem Stuhle auf, fast wären СКАЧАТЬ