Frau Dirne. Artur Landsberger
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Название: Frau Dirne

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Methoden, auf die man bisher die Unsittlichkeit und den Mädchenhandel bekämpfte, nicht bewährt. Ein kleiner Kreis von Leuten, die seit Jahren in ernster Arbeit diesem Problem nachhängen, glauben nun den Weg, der Erfolg verspricht, gefunden zu haben. Sie sind sich bewußt, daß ihn beschreiten, völlige Selbstentäußerung und den Bruch mit letzten Vorurteilen bedeutet. Sie sind bereit, ihn zu gehen, in der Überzeugung, der Menschheit damit einen Dienst zu erweisen.

      Der Irrtum war, daß man dem Übel bisher von außen beizukommen suchte. Es muß von innen bekämpft werden. Alle, die bisher auf diesem Gebiete bessernd zu wirken suchten und denen es an gutem Willen gewiß nicht fehlte, haben sich mit der Materie, nicht mit der Psyche befaßt. Man muß das Übel an seinem Herde aufsuchen. Wer gewohnt ist, Unsittlichkeit und Armut durch Veranstaltungen von Wohltätigkeitsfesten zu bekämpfen, kann hier fernerhin nicht mehr geduldet werden. Wem es nicht darum zu tun ist, sich öffentlich herauszustellen, wem es um die Sache, nicht um sein Vergnügen geht, dessen Mitarbeit ist uns willkommen.

      Wir verhehlen niemandem: die Arbeit ist hart und ungewöhnlich. Denn das Übel an seiner Quelle aufsuchen, heißt in diesem Falle: mit Dirnen Umgang pflegen, ihr Vertrauen gewinnen, ihr Innenleben bis zum letzten bloßlegen, um einmal den Heilungsprozeß von innen zu ermöglichen, vor allem aber, um mit Hilfe so erworbener Einblicke in diese uns fremde Gefühlswelt mit ihren sozialen Voraussetzungen und Begleiterscheinungen allgemein gültige Grundlagen zu ihrer Bekämpfung zu schaffen. Die bisher unbekannte Psychoanalyse der Dirne soll auf Grund praktischen Studiums gegeben werden. Die Synthese zu finden, wird dann das gemeinsame Werk derer sein, die sich der Menschheit zuliebe nicht gescheut haben, unter zeitweisem Verzicht ihrer Persönlichkeit in die Niederungen herabzusteigen und sie mitzuerleben.

      Zu diesem Zweck hat der eingangs namentlich angeführte Ehrenausschuß in der Erkenntnis, daß es mit gelegentlichen Besuchen und Aussprachen nicht getan ist, beschlossen, selbständig den Betrieb eines Freudenhauses in die Hand zu nehmen. Für uns wird es eine Bildungsanstalt sein. In hingebender und ernster Arbeit soll an Ort und Stelle das Problem studiert und, wie wir bestimmt erwarten, gelöst werden. Wer Wohltätigkeit nicht nur zum Vergnügen treibt, ist uns als Mitarbeiter willkommen.

      Die Studiengelder, die wohltätige Stiftungen im besten Sinne des Wortes sind und ihre Früchte tragen werden, betragen für männliche Mitglieder dreitausend, für weibliche fünfhundert Mark monatlich. Die Namen der Mitglieder werden nicht veröffentlicht. Wer also Wohltätigkeit treibt, um nach Außen zu glänzen, bleibe fern! Um ein gedeihliches Zusammenarbeiten zu ermöglichen, ist hinsichtlich der Mitglieder ein numerus clausus unumgänglich. Deren Höhe wird noch bekannt gegeben.«

      »Nun, was sagen Sie?« fragte Frau Ina.

      »Das ist das Raffinierteste und Tollste, was mir je begegnet ist.«

      »Aber gut, nicht wahr?«

      »Ein interressantes Experiment auf alle Fälle. Nur scheint mir, daß Ihre ganze Situation für derartige Abenteuer zu ernst ist.«

      »Was meinen Sie damit?« fragte, beinahe herausfordernd, der Rittmeister, der fühlte, daß darin ein Affront gegen seine Frau lag.

      »Laß nur,« winkte Frau Ina ab. »Wir verständigen uns schon.«

      »Und wenn Ihr Experiment mißglückt?«

      »Dann sind Sie durch meine Möbel und Antiquitäten noch immer gedeckt.«

      Der Rittmeister folgte nur unvollkommen. Was gehen ihn unsere Möbel und Antiquitäten an, fragte er sich und legte die Stirn in Falten. Irgend etwas geht da vor, was man mir verschweigt. Als er sich bei diesem Gedanken ertappte, lachte er über sich selbst. Und zum ersten Male legte er sich die Frage vor: was verschweigt man mir nicht? Weiß ich überhaupt etwas aus dem Leben meiner Frau? Warum sitze ich hier? Keine Ahnung. Nichts weiß ich! Aber, das soll anders werden, muß anders werden. Und zum Zeichen seines Entschlusses stieß er mit seinem Säbel auf den Boden und freute sich des Eindrucks, den er damit erzielte.

      »Ist dir was?« fragte die Baronin. Und Frau Ina lächelte ihm zu und sagte:

      »Wie gut, daß du bei uns bist. Es gibt einem ein so sicheres Gefühl.«

      Während die Worte auf den Rittmeister wie eine Liebkosung wirkten, machten sie Katz, der fühlte, daß sie unecht waren und nur der Situation galten, unsicher.

      »So tief durchdacht und raffiniert es sein mag,« sagte er, – »fein ist es nicht.«

      »Erlauben Sie!« rief der Rittmeister, stampfte den Säbel wieder auf den Boden und sprang auf.

      Frau Ina wollte ihn zur Ruhe weisen. Als sie aber den Eindruck wahrnahm, den der Auftritt auf Katz machte, lächelte sie und schwieg.

      Katz wurde kreidebleich und stierte auf den Degen.

      »Sie haben meine Frau beleidigt,« rief der Rittmeister; worauf auch Löschners sich in die äußerste Ecke des Zimmers zurückzogen.

      »Es war nicht meine Absicht,« erwiderte Katz. »Ich konnte nicht wissen, daß Sie – ich dachte . . .«

      »Also was wollen Sie?«

      »Dies Geschäft,« – und dabei wies er auf die Alten, die jetzt dicht beieinander standen – »ist das beste, das ich seit Jahren an der Hand hatte. In meiner Gutmütigkeit habe ich es Ihrer Gattin anvertraut. Und nun hat sie es mir sozusagen aus den Händen gewunden.«

      »Für meine Frau stehe ich ein,« erwiderte der Rittmeister. »Was die tut, dafür verbürg' ich mich, ist korrekt.«

      Frau Ina wurde unruhig.

      »Dies alles hält nur auf,« sagte sie, wandte sich an Löschner und fragte mit einem Hinweis auf eine Tür, in deren Nähe sie stand:

      »Kann man da hinein? Ist dort wer?«

      »Es ist leer, bitte!« erwiderte der Alte und öffnete die Tür.

      »Kommen Sie auf einen Augenblick hier herein!« sagte Ina zu Katz. »Wir werden uns schnell verständigen.«

      Katz zögerte, sah sie mißtrauisch an und fragte:

      »Wozu?«

      »Bitte!« sagte sie, und Katz folgte ihr in das Zimmer.

      Als sie draußen waren, wandte der Rittmeister sich an die Baronin und sagte:

      »Das gehört sich nicht.«

      »Aber ich bitt' dich,« erwiderte die. »Geschäfte!«

      Das Telephon läutete. Im selben Augenblick war die alte Löschner nur Geschäft. Ihre Umgebung existierte nicht mehr. Sie stürzte an den Apparat und flötete hinein. In wenigen Augenblicken, während deren sie sich fortgesetzt verbeugte, war das Gespräch beendet.

      Ohne von dem Besuch Notiz zu nehmen, riß sie die Tür auf und schrie mit greller Stimme hinauf:

      »Marianne! – Marianne! – wird's bald? – Faultier!«

      »Ja?« antwortete eine zarte Frauenstimme.

      »Um fünf ein halb! verstanden?«

      »Wer?« fragte die Stimme traurig.

      »Geht dich nichts an.«

      »Ich kann nicht . . . ich habe ja schon um ein halb vier . . .«

      »Das übernehme СКАЧАТЬ