Название: Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen
Автор: Lagerlöf Selma
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Der Fuchs war wütend; diese Schmach, einen so kleinen Knirps nicht in seine Macht zu bekommen, war ihm unerträglich, er legte sich deshalb unter der Buche nieder, um den Jungen zu bewachen.
Der Junge hatte es nicht übermäßig gut da oben; er saß rittlings auf einem schwachen Zweige, und die junge Buche reichte nicht hinauf bis zu dem Blätterdache, so daß er auf keinen andern Baum hinübergelangen konnte; aber er mochte sich auch nicht wieder hinunter auf den Boden wagen. Er fror gewaltig und war nahe daran, ganz steif zu werden und seinen Zweig loszulassen; auch war er entsetzlich schläfrig, hütete sich aber wohl, sich vom Schlaf übermannen zu lassen, aus Angst, dann auf den Boden hinunterzufallen.
O, es war fürchterlich, mitten in der Nacht so im Walde draußen zu sitzen! Er hatte bis jetzt keine Ahnung gehabt, was das bedeutete, wenn es Nacht ist. Es war, als sei alles versteinert und könne nie wieder zum Leben erwachen.
Dann begann der Tag zu grauen, und der Junge war froh, als alles sein altes Aussehen wieder annahm, obgleich die Kälte jetzt gegen Morgen noch durchdringender wurde als in der Nacht.
Als endlich die Sonne aufging, war sie nicht gelb, sondern rot. Dem Jungen kam es vor, als sehe sie böse aus, und er fragte sich, warum sie wohl böse sei. Vielleicht weil die Nacht, während die Sonne weggewesen war, eine solche Kälte auf der Erde verbreitet hatte.
Die Sonnenstrahlen sprühten in großen Feuergarben am Himmel auf, um zu sehen, was die Nacht auf der Erde getan hatte, und es sah aus, als ob alles ringsum errötete, wie wenn es ein schlechtes Gewissen hätte. Die Wolken am Himmel, die seidenglatten Buchenstämme, die kleinen, ineinander verflochtenen Zweige des Laubdaches, der Rauhreif, der die Buchenblätter auf dem Boden bedeckte, alles glühte und wurde rot.
Aber immer mehr Sonnenstrahlen schossen am Himmel auf, und bald war alles Grauen der Nacht verschwunden. Die Lähmung war wie weggeblasen, und gar vieles Lebendige trat zutage. Der Schwarzspecht mit dem roten Hals begann mit dem Schnabel an einem Baumstamme zu hämmern. Das Eichhörnchen huschte mit einer Nuß aus seinem Bau heraus, setzte sich auf einen Zweig und begann sie aufzuknabbern. Der Star kam mit einer Wurzelfaser dahergeflogen, und der Buchfink sang in dem Baumwipfel.
Da verstand der Junge, daß die Sonne zu allen diesen kleinen Wesen gesagt hatte: „Erwacht und kommt heraus aus eurer Behausung, jetzt bin ich hier! Jetzt braucht ihr euch vor nichts mehr zu fürchten.“
Vom See her drang der Ruf der Wildgänse, die sich zur Weiterreise rüsteten, zu dem Jungen herüber; und bald darauf flogen alle vierzehn Gänse über den Wald hin. Der Junge versuchte ihnen zuzurufen; aber sie flogen so hoch droben, daß seine Stimme sie nicht erreichen konnte. Sie glaubten wohl, der Fuchs habe ihn schon lange aufgefressen. Ach, sie gaben sich auch nicht einmal die Mühe, sich nach ihm umzusehen!
Der Junge war vor lauter Angst dem Weinen nahe; aber die Sonne stand jetzt goldgelb und vergnügt am Himmel und flößte der ganzen Welt Mut ein. „Du brauchst dich nicht zu fürchten oder vor etwas Angst zu haben, Nils Holgersson, solange ich da bin,“ sagte sie.
Das Spiel der Gänse
Alles im Walde blieb so lange unverändert, als eine Gans ungefähr braucht, um ihr Frühstück zu genießen; aber gerade um die Zeit, wo der Morgen in den Vormittag übergehen wollte, flog eine einzelne Wildgans unter das dichte Laubdach herein. Zögernd suchte sie ihren Weg zwischen Stämmen und Zweigen und flog ganz langsam. Sobald der Fuchs sie sah, verließ er seinen Platz unter der jungen Buche und schlich zu ihr hin. Die Wildgans wich dem Fuchs nicht aus, sondern flog ganz nahe heran. Smirre machte einen hohen Satz nach ihr, verfehlte sie aber, und die Gans flog in der Richtung zum See weiter.
Es dauerte nicht lange, so kam auch schon eine zweite Wildgans dahergeflogen. Sie nahm denselben Weg wie die vorige und flog noch langsamer und noch näher am Boden. Auch sie strich dicht an Smirre vorüber, und er machte einen so hohen Satz nach ihr, daß seine Ohren ihre Füße berührten; aber auch sie entkam unbeschädigt und setzte still wie ein Schatten ihren Weg nach dem See fort.
Eine kleine Weile verging, da tauchte wieder eine Gans auf, die noch langsamer, noch näher am Boden flog. Smirre machte einen gewaltigen Satz, und es fehlte nur ein Haarbreit, so hätte er sie gefaßt; aber auch diese Gans entkam ihm.
Kaum war sie verschwunden, so erschien auch schon die vierte Wildgans. Obgleich diese so langsam flog, daß es Smirre vorkam, als könne er sie ohne besondre Schwierigkeit fassen, fürchtete er sich jetzt vor einem neuen Mißerfolg und beschloß, sie unangetastet vorbeifliegen zu lassen. Aber sie nahm denselben Weg wie die andern, und gerade, als sie über Smirre hinflog, ließ sie sich so tief heruntersinken, daß er sich doch verleiten ließ, nach ihr zu springen. Er sprang so hoch, daß er sie mit der Tatze berührte; aber sie warf sich rasch zur Seite und rettete ihr Leben.
Ehe Smirre ausgekeucht hatte, erschienen drei Gänse in einer Reihe. Sie flogen ganz in derselben Weise wie die vorhergehenden, und Smirre machte hohe Sätze, sie zu erreichen; aber es gelang ihm nicht, eine von ihnen zu fangen.
Jetzt tauchten fünf Gänse auf; aber diese flogen besser als die vorhergehenden, und obgleich auch sie Smirre zum Springen verleiten zu wollen schienen, widerstand er doch der Versuchung.
Nach einer ziemlich langen Pause tauchte wieder eine einzelne Gans auf. Das war die dreizehnte. Die war so alt, daß sie ganz grau war und nicht einen einzigen dunklen Streifen auf dem Körper hatte. Sie schien den einen Flügel nicht recht gebrauchen zu können und flog erbärmlich schlecht und schief, so daß sie fast am Boden streifte. Smirre machte nicht nur einen hohen Satz nach ihr, sondern verfolgte sie auch noch springend und hüpfend nach dem See zu; aber auch diesmal wurde seine Mühe nicht belohnt.
Als die vierzehnte Gans erschien, war es ein sehr schöner Anblick, denn sie war ganz weiß, und als sie ihre großen Flügel bewegte, schien ein helles Licht in dem dunklen Wald aufzuleuchten. Als Smirre ihrer ansichtig wurde, bot er seine ganze Kraft auf und sprang halbwegs bis zum Blätterdach empor; aber die weiße Gans flog, wie alle die andern vorher, unbeschädigt an ihm vorüber.
Nun wurde es eine Weile ganz still unter den Buchen; es sah aus, als sei der ganze Schwarm Wildgänse weitergeflogen.
Da fiel Smirre plötzlich sein Gefangner, der kleine Knirps, wieder ein; er hatte keine Zeit gehabt, an ihn zu denken, seit er die erste Gans gesehen hatte. Aber natürlich war der längst auf und davon.
Doch Smirre blieb auch jetzt nicht viel Zeit, an den kleinen Kerl zu denken, denn eben kam die erste Gans wieder vom See her und flog langsam unter dem Blätterdach hin. Trotz seines Mißerfolges freute sich Smirre über ihre Rückkehr, und mit einem großen Satz stürzte er auf sie zu. Aber er war zu eilig gewesen, er hatte sich nicht die nötige Zeit zum Berechnen seines Sprunges genommen und sprang nun an ihr vorbei.
Nach dieser Gans kam wieder eine, und dann noch eine, und dann eine dritte, vierte, fünfte, bis die Reihe mit der alten eisgrauen und der großen weißen abschloß. Alle flogen langsam und nahe am Boden; und als sie über Smirre schwebten, senkten sie sich noch tiefer herab, als ob sie ihn einladen wollten, sie zu fangen. Und Smirre verfolgte sie, er machte mehrere Meter hohe Sätze, und doch konnte er keine erwischen.
Das war der schrecklichste Tag, den der Fuchs Smirre je erlebt hatte. Die Wildgänse flogen unaufhörlich über seinem Kopf weg, hin und her, hin und her. Große, herrliche Gänse, die sich auf den deutschen Äckern und Heiden fett gefressen hatten, strichen den ganzen Tag durch den Wald so nahe an ihm vorüber, daß er sie wiederholt berührte, und doch konnte er seinen СКАЧАТЬ