Название: Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen
Автор: Lagerlöf Selma
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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Die alte Frau verhielt sich ganz still, um das Wichtelmännchen nicht zu stören, und das schien sie auch nicht bemerkt zu haben. Es war eben im Begriff, das eine Junge auf den Boden zu legen, um zum Käfig hinaufzuklettern, als es plötzlich die grünen Augen der Katze dicht neben sich funkeln sah. Ganz ratlos blieb es stehen, in jeder Hand ein junges Eichhörnchen.
Es drehte sich um und spähte im Hof umher. Da gewahrte es die alte Mutter, und ohne sich lange zu besinnen, trat es rasch zu ihr hin und reichte ihr eines der Tierchen.
Die alte Mutter wollte sich des Vertrauens des Wichtelmännchens nicht unwürdig zeigen; sie nahm ihm das Eichhörnchen ab und hielt es fest, bis das Wichtelmännchen mit dem ersten zum Käfig hinaufgeklettert war und dann kam, das zweite, das es ihr anvertraut hatte, zu holen.
Am nächsten Morgen, als die Leute auf dem Bauernhofe beim Frühstück versammelt waren, konnte die Alte unmöglich über das Erlebnis der vergangenen Nacht schweigen. Aber alle miteinander lachten sie aus und sagten, sie habe das nur geträumt. Zu dieser Jahreszeit gäbe es ja noch gar keine jungen Eichhörnchen.
Doch sie war ihrer Sache ganz sicher und verlangte, daß man im Käfig nachsehe. Man tat es, und siehe da, auf dem Lager aus Laub, in der kleinen Stube, lagen vier halbnackte, halbblinde, erst zwei Tage alte Junge.
Als der Vater dies sah, sagte er: „Das mag nun zugegangen sein, wie es will, aber so viel ist sicher, wir hier auf dem Hofe haben uns benommen, daß wir uns vor Tieren und Menschen schämen müssen.“ Damit nahm er das Eichhörnchen mitsamt den vier Jungen aus dem Käfig heraus und legte alle in die Schürze der Mutter. „Geh damit in das Haselnußwäldchen und gib ihnen ihre Freiheit wieder,“ sagte er.
Dies ist das Ereignis, das so viel von sich reden gemacht hatte und sogar in die Zeitung kam, das aber die meisten nicht glauben wollten, weil sie es sich nicht erklären konnten.
Im Park von Övedskloster
Den Tag, an dem die Wildgänse ihr Spiel mit dem Fuchs trieben, verbrachte der Junge in einem verlassenen Eichhörnchennest in tiefem Schlafe. Als er gegen Abend erwachte, war er sehr betrübt. „Nun werden sie mich bald nach Hause zurückschicken,“ dachte er, „und dann gibt es keinen Ausweg mehr für mich, ich muß mich Vater und Mutter so zeigen, wie ich jetzt bin.“
Aber als er zu den Wildgänsen hinkam, die im Vombsee umherschwammen und badeten, wurde kein Wort von seiner Abreise laut. „Sie meinen vielleicht, der Weiße sei zu müde, um sich heute abend noch mit mir auf den Weg zu machen,“ dachte er.
Am nächsten Morgen waren die Gänse schon lange vor Sonnenaufgang munter, und der Junge war fest überzeugt, daß er und der Gänserich die Heimreise nun unverzüglich antreten mußten. Aber merkwürdigerweise durften alle beide die Wildgänse auf ihren Morgenausflug begleiten. Der Junge konnte sich durchaus nicht denken, was der Grund zu diesem Aufschub sein könnte, aber dann klügelte er sich heraus, daß die Wildgänse den Gänserich nicht auf eine so weite Reise schicken wollten, ehe er sich ordentlich sattgegessen hätte. Wie es sich aber auch verhalten mochte, der Junge war über jede weitere Stunde, die zwischen ihm und dem Wiedersehen mit seinen Eltern lag, von Herzen froh.
Die Wildgänse flogen über den Herrenhof von Övedskloster hin, der in einem herrlichen Park östlich von dem See lag, und der wundervoll aussah mit seinem großen Schloß, seinem schönen gepflasterten, von niedrigen Mauern und Lusthäusern umgebenen Hofe und seinem vornehmen altmodischen Garten mit den geschnittenen Hecken, dichten Laubgängen, Teichen, Springbrunnen, prachtvollen Bäumen und kurzgeschorenen Rasenplätzen, wo die Rabatten voller bunter Frühlingsblumen standen.
Als die Wildgänse in aller Frühe über den Herrenhof hinflogen, war noch kein Mensch zu sehen. Nachdem sie sich dessen genau versichert hatten, ließen sie sich ganz nahe zur Hundehütte hinunter und riefen: „Was ist das hier für eine kleine Hütte? Was ist das hier für eine kleine Hütte?“
Sogleich kam der Hund zornig und wütend aus seinem Hause herausgerannt und bellte aus Leibeskräften.
„Nennt ihr das eine Hütte, ihr, ihr Landstreicher? Seht ihr nicht, daß das ein großes steinernes Schloß ist? Seht ihr nicht, was für schöne Mauern, wie viele Fenster, welche mächtigen Tore und welche prachtvolle Terrasse es hat, wau, wau, wau? Nennt ihr das eine Hütte, ihr? Seht ihr denn nicht den Hof, den Garten, die Gewächshäuser und die Marmorfiguren? Nennt ihr das eine Hütte, ihr? Haben die Hütten für gewöhnlich einen Park ringsum, wo es Buchenwälder und Haselnußgebüsch und Baumwiesen und Eichenhaine und Tannengehölze und einen Tiergarten voller Rehe gibt? Wau, wau, wau! Nennt ihr das eine Hütte, ihr? Habt ihr Hütten gesehen mit so vielen Nebengebäuden, daß sie einen ganzen Ort bilden? Ihr kennt wohl sehr viele Hütten, die eine eigne Kirche und ein eignes Pfarrhaus haben und die über Herrenhäuser und Bauernhöfe und Pachthöfe und Amtswohnungen gebieten, wau, wau, wau! Nennt ihr das eine Hütte, ihr? Zu dieser Hütte hier gehört das größte Gut in ganz Schonen, ihr Bettelvolk! Nicht ein einziges Fleckchen Erde könnt ihr da droben von eurer Höhe aus sehen, das nicht unter dieser Hütte stünde, wau, wau, wau!“
Der Hund brachte dies alles wirklich in einem Atemzug heraus; die Gänse flogen über dem Hofe hin und her und hörten ihm zu, bis er Atem schöpfen mußte, dann aber riefen sie: „Warum bist du denn so zornig? Wir haben gar nicht nach dem Schloß gefragt, sondern nur nach deiner Hundehütte!“
Als der Junge diese Neckerein hörte, lachte er zuerst, aber dann drängte sich ihm der Gedanke auf, der ihn auf einmal ernst stimmte. „Ach, wie viele solcher Scherze würdest du zu hören bekommen, wenn du mit den Wildgänsen durchs ganze Land bis hinauf nach Lappland reisen dürftest!“ seufzte er leise. „Da du dir dein Leben nun doch einmal so verdorben hast, wäre eine solche Reise noch das beste, was dir widerfahren könnte.“
Die Wildgänse flogen auf einen der jenseits vom Herrenhof gelegenen großen Äcker und weideten da ein paar Stunden lang das Wintergras ab. Inzwischen ging der Junge in den an den Acker anstoßenden großen Park hinein und spähte eifrig, ob nicht an den Zweigen der Haselsträucher da und dort noch eine Haselnuß vom vergangenen Herbst zu finden wäre. Aber während er so im Parke umherstreifte, tauchte der Gedanke an die Heimreise einmal ums andre drohend vor seiner Seele auf. Immer wieder mußte er sich ausmalen, wie schön er es haben würde, wenn er bei den Wildgänsen bleiben dürfte. Hungern und frieren würde er freilich oftmals müssen, dafür aber wäre er auch aller Arbeit und allem Lernen enthoben.
Während er noch diesen Gedanken nachhing, ließ sich plötzlich die alte graue Gans neben ihm nieder und fragte ihn, ob er etwas Eßbares gefunden habe. Nein, er habe nichts gefunden, antwortete der Junge. Da versuchte Akka ihm zu helfen, aber auch sie fand keine Haselnüsse, entdeckte jedoch dafür ein paar Hagebutten, die noch an einem wilden Rosenbusch hingen. Der Junge verzehrte sie mit gutem Appetit; aber er fragte sich doch, was wohl seine Mutter sagen würde, wenn sie wüßte, daß ihr Sohn sich mit rohen Fischen und ausgefrornen Hagebutten das Leben fristete.
Als die Wildgänse endlich satt geworden waren, zogen sie wieder an den See hinunter und trieben da bis zur Mittagszeit allerlei Kurzweil. Sie forderten den weißen Gänserich zum Wettbewerb in ihren Künsten heraus, im Springen, Fliegen und Schwimmen, und der große zahme tat sein Bestes, aber die flinken Wildgänse liefen ihm in allem den Rang ab. Während dieser ganzen Zeit saß der Junge auf dem Rücken des Gänserichs, feuerte СКАЧАТЬ