Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen. Lagerlöf Selma
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Читать онлайн книгу Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen - Lagerlöf Selma страница 18

СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Aber nicht Akka war es, die den Jungen entdeckte, wie er mit seinem langen Gefolge dahinzog, und die sich ganz schnell auf ihn herabsenkte, ihn mit dem Schnabel erfaßte und mit ihm in die Luft hinaufstieg, sondern Herr Ermenrich war es, der Storch. Denn auch Herr Ermenrich hatte sich aufgemacht, ihn zu suchen, und nachdem er ihn ins Storchennest hinaufgebracht hatte, bat er ihn um Verzeihung, daß er ihn am vorhergehenden Abend so unehrerbietig behandelt hätte.

      Der Junge freute sich sehr darüber, und er und der Storch wurden recht gute Freunde. Akka war auch sehr freundlich gegen ihn und rieb ihren alten Kopf mehrere Male an seinem Arm. Aber am vergnügtesten wurde der Junge doch, als Akka den Storch fragte, ob er es für rätlich halte, daß sie Däumling mit auf den Kullaberg nähmen. „Ich glaube, wir können uns auf ihn ebensogut verlassen wie auf uns selber,“ sagte sie. „Er wird uns den Menschen sicher nicht verraten.“

      Der Storch riet sogleich sehr eifrig, Däumling mitzunehmen. „Gewiß müssen Sie Däumling mit nach dem Kullaberg nehmen, Mutter Akka,“ sagte er. „Es ist ein Glück für uns, daß wir ihn für alles, was er heute Nacht unseretwegen ausgestanden hat, belohnen können. Und da ich mich noch immer über mein gestriges unpassendes Benehmen gräme, werde ich selbst ihn auf meinem Rücken nach dem Versammlungsort tragen.“

      Es gibt nicht viel, was besser schmeckt, als von solchen gelobt zu werden, die selbst klug und tüchtig sind, und der Junge hatte sich noch nie so glücklich gefühlt als jetzt, wo die Wildgans und der Storch auf diese Weise von ihm sprachen.

      Der Junge machte also die Reise nach dem Kullaberg auf dem Rücken des Storches, und obgleich er das für eine große Ehre hielt, verursachte es ihm doch viel Angst, denn Herr Ermenrich war ein Meister im Fliegen und flog mit ganz andrer Eile davon als die Wildgänse. Während Akka mit gleichmäßigen Flügelschlägen immer geradeaus flog, vergnügte sich der Storch mit einer Menge Flugkünste. Bald lag er in unermeßlicher Höhe ganz still da und schwebte durch die Luft, ohne die Flügel zu bewegen, bald ließ er sich mit solcher Eile hinabsinken, daß es aussah, als stürze er hilflos wie ein Stein auf die Erde hinunter, bald flog er zu seinem Vergnügen in großen und kleinen Kreisen wie ein Wirbelwind um Akka herum. Der Junge hatte noch nie so etwas erlebt, und obgleich er beständig von Angst erfüllt war, mußte er im stillen doch anerkennen, daß er früher nicht gewußt hatte, was man gut fliegen heißt.

      Nur ein einziges Mal wurde während der Reise angehalten, das war, als Akka sich mit ihren Reisegefährten am Vombsee vereinigte und ihnen zurief, daß die grauen Ratten besiegt worden seien. Dann flogen alle miteinander geraden Wegs nach dem Kullaberg.

      Hier ließen sie sich oben auf dem Hügel nieder, der den Wildgänsen aufgehoben war; und als jetzt der Junge die Blicke von Hügel zu Hügel wandern ließ, sah er, daß auf dem einen das vielzackige Geweih der Edelhirsche und auf einem andern die Nackenbüsche der grauen Habichte aufragten. Ein Hügel war rot von Füchsen, ein andrer schwarz und weiß von Seevögeln, einer grau von Ratten. Einer war mit schwarzen Raben besetzt, die unaufhörlich schrieen, einer mit Lerchen, die nicht imstande waren, sich ruhig zu verhalten, sondern immer wieder in die Luft hinaufstiegen und vor Freude jubilierten.

      Wie es von jeher Sitte auf dem Kullaberg ist, begannen die Krähen die Spiele und Vorstellungen des Tages mit einem Flugtanz. Sie teilten sich in zwei Scharen, die aufeinander zuflogen, sich trafen, dann umwendeten und aufs neue begannen. Dieser Tanz hatte viele Runden und kam den Zuschauern, wenn sie die Tanzregeln nicht kannten, etwas zu einförmig vor. Die Krähen waren sehr stolz auf ihren Tanz, aber alle andern Tiere waren froh, als er zu Ende war. Er kam ihnen ebenso düster und sinnlos vor, wie das Spiel des Wintersturmes mit den Schneeflocken. Sie wurden schon vom Ansehen ganz niedergedrückt und warteten eifrig auf etwas, das sie ein bißchen froh stimmen würde.

      Sie brauchten auch nicht vergeblich zu warten, denn sobald die Krähen fertig waren, kamen die Hasen dahergesprungen. In einer langen Reihe, ohne besondre Ordnung strömten sie herbei. Dazwischen kam einer ganz allein, dann wieder drei oder vier in einer Reihe. Alle hatten sich auf die Hinterläufe aufgerichtet, und sie stürmten so schnell vorwärts, daß ihre langen Ohren nach allen Seiten schwankten. Während des Springens drehten sie sich im Kreise herum, machten hohe Sätze und schlugen sich mit den Vorderpfoten gegen die Rippen, daß es knallte. Einige schlugen viele Purzelbäume hintereinander, andre kugelten sich zusammen und rollten wie Räder vorwärts, einer stand auf einem Lauf und schwang sich im Kreise, ein andrer ging auf den Vorderpfoten. Es war durchaus keine Ordnung da, aber es war viel Aufregung bei diesem Spiel der Hasen, und die vielen Tiere, die zusahen, begannen schneller zu atmen. Jetzt war es Frühling. Lust und Freude waren im Anzug. Der Winter war vorüber, der Sommer nahte. Bald war das Leben nur noch ein Spiel!

      Als die Hasen ausgetobt hatten, war die Reihe des Auftretens an den großen Vögeln des Waldes. Hunderte von Auerhähnen in glänzend schwarzem Staat und mit hellroten Augenbrauen warfen sich auf eine große Eiche, die mitten auf dem Spielplatz stand. Der Auerhahn, der auf dem obersten Zweig saß, blies die Federn auf, ließ die Flügel hängen und streckte den Schwanz in die Höhe, so daß die weißen Deckfedern sichtbar wurden. Hierauf streckte er den Hals vor und stieß ein paar Töne aus dem verdickten Hals heraus. „Tjäck, tjäck, tjäck!“ klang es. Mehr konnte er nicht herausbringen, es gluckste nur mehrere Male tief drunten in seiner Kehle. Dann schloß er die Augen und flüsterte: „Sis, sis, sis – hört wie schön! Sis, sis, sis!“ Und zugleich verfiel er in solche Verzückung, daß er nicht mehr wußte, was rings um ihn her geschah.

      Während der erste Auerhahn noch mit seinem sis, sis fortfuhr, fingen die drei, die am nächsten unter ihm saßen, zu balzen an, und ehe sie die ganze Weise durchgebalzt hatten, begannen die zehn, die etwas weiter unten saßen; und so ging es von Zweig zu Zweig, bis alle die Hunderte von Auerhähnen balzten und glucksten und sisisten. Sie fielen alle in dieselbe Verzückung während ihres Gesanges, und gerade das wirkte auf die andern Tiere wie ein ansteckender Rausch. Das Blut war ihnen vorhin lustig und leicht durch die Adern geflossen, jetzt begann es schwer und heiß zu wallen. „Ja, es ist sicherlich Frühling,“ dachten die vielen Tiervölker. „Die Winterkälte ist verschwunden, das Feuer des Frühlings ist auf der Erde angezündet.“

      Als die Birkhühner merkten, daß die Auerhähne so großen Erfolg hatten, konnten sie sich nicht mehr still verhalten. Da kein Baum da war, wo sie Platz gehabt hätten, stürmten sie auf den Spielplatz hinunter, wo das Heidekraut so hoch stand, daß nur ihre schön geschwungenen Schwanzfedern und ihre dicken Schnäbel hervorsahen, und begannen zu singen: „Orr, orr, orr!“

      Gerade als die Birkhühner mit den Auerhähnen zu wetteifern begannen, geschah etwas Unerhörtes. Während alle Tiere an nichts andres dachten als an das Spiel der Auerhähne, schlich sich ein Fuchs ganz leise an den Hügel der Wildgänse heran. Er ging sehr vorsichtig und kam weit auf den Hügel hinauf, bevor ihn jemand bemerkte. Plötzlich entdeckte ihn doch eine Gans, und da sie sich nicht denken konnte, daß sich der Fuchs in guter Absicht zwischen die Gänse hineingeschlichen hätte, rief sie schnell: „Wildgänse, nehmt euch in acht! Nehmt euch in acht!“ Der Fuchs packte sie am Halse, vielleicht hauptsächlich um sie zum Schweigen zu bringen, aber die Wildgänse hatten den Ruf schon vernommen und hoben sich in die Luft empor. Und als sie aufgeflogen waren, sahen alle Tiere den Fuchs Smirre mit einer toten Gans im Maule auf dem Hügel der wilden Gänse stehen.

      Aber weil er also den Frieden des Spieltages gebrochen hatte, wurde schwere Strafe über Smirre verhängt, so daß er sein ganzes Leben lang bereuen mußte, daß er seine Rachgier nicht hatte unterdrücken können, sondern es versucht hatte, auf diese Weise Akka und ihrer Schar zu nahe zu kommen. Schnell wurde er von einer Schar Füchse umringt und alter Sitte gemäß verurteilt. Der Urteilsspruch aber lautet: „Wer immer den Frieden des großen Spieltages bricht, wird des Landes verwiesen.“ Kein Fuchs wollte das Urteil mildern, denn sie wußten alle, sobald sie etwas derartiges versuchten, würden sie in demselben Augenblick vom Spielplatz verjagt und ihnen nicht erlaubt werden, ihn je wieder zu betreten. Also wurde das Verbannungsurteil ohne Widerspruch Smirre kundgetan. Es wurde ihm untersagt, in Schonen zu verbleiben. СКАЧАТЬ