Das Nest der Zaunkönige. Gustav Freytag
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Читать онлайн книгу Das Nest der Zaunkönige - Gustav Freytag страница 10

Название: Das Nest der Zaunkönige

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sammeln, und entzündet die Feuerzeichen auf den Höhen, damit auch die Entfernten wissen, daß unser Kloster von Feinden bedrängt ist. Folgt mir zu den Höfen, damit wir um Tor und Mauer sorgen, denn aus dem Frieden sind wir gesetzt in Unfrieden und auf Abwehr denken wir und Vergeltung. Du aber, Bardo, bändige deinen Schreck und ziehe jene Straße nach St. Peter, damit du einen andern Bericht gebest; ich sehe dort den Abt Bernheri herabsteigen, geringe Freude wäre mir, ihm jetzt zu begegnen.« Er schwang sich auf sein Roß und sprengte voraus dem Kloster zu, einem Kriegsmann ähnlicher als einem Mönch. Den andern aber hob sich der Mut, als sie seinen wilden Zorn erkannten, und hinter ihm eilte der Schwarm von Männern und Weibern auf der Landstraße dahin, während Bardo mit den Brüdern, die das Unglück geschaut hatten, traurig dem Abte entgegenging.

      In der Halle des Grafen Gerhard beleuchtete der rote Schein vieler Kienfackeln die Holzwände und die rußigen Balken der Decke. Gegenüber der Tür führten einige Stufen zu dem erhöhten Raum, auf welchem der Herrentisch stand, dort brannten große Wachslichter, ein weißes Tischtuch war aufgedeckt und neben den Tontellern blinkten silberne Kannen und Becher. In der Halle waren zwei lange Tafeln gerichtet mit Sitzen darum, und unten an der Tür eine dritte kleine, alle mit Holzgerät und irdenen Krügen bestellt.

      Der Kämmerer des Grafen trat an die Tür der Halle und blies auf einem Horn, das er am Halse trug, den Ruf zum Mahle in den Hof. Klirrend drangen die Schwertmannen in die Halle und reihten sich hinter den Holzstühlen, auf der rechten Seite die freien Vasallen und unterhalb, wo das Tischtuch aufhörte, ihre Knechte, auf der linken Seite die unfreien Hofleute mit den Knechten. Die Freien waren meist bäuerische Genossen, welche lungernd in den Dörfern des Grafen saßen, bis sie zum Schwertdienst entboten wurden, die Unfreien aber, obgleich sie die schlechtere Bank besetzten, achteten sich für heldenhafter, weil viele von ihnen im Herrenhof hausten, täglich hinter dem Grafen ritten und schönes Gewand und gute Rosse von ihm empfingen. Die Freien wiederum waren stolz auf ihre Herkunft und verachteten die Knechtschaft der Geschmückten, so daß die beiden Bänke in Eifersucht lebten. Ganz unten an der Tür aber, getrennt von den andern, harrten an besonderm Tisch die beiden Fechter, Ringrank und der Sachse Sladenkop, unehrliche Leute, welche ihr Blut dem Grafen verkauft hatten und öffentlich mit scharfem Eisen gegen ihresgleichen kämpften, oder auch heimlich jedermann niederschlugen, so oft es ihr Lohnherr gebot.

      Der Kämmerer stieg auf die Stufen des Ehrensitzes und gab ein zweites Hornzeichen. Da öffnete sich eine schmale Tür der Hinterwand und Graf Gerhard trat selbst herein, hinter ihm seine Tochter Hildegard, welche den kleinen Bruder an der Hand führte. Der Graf hatte seinen eisernen Kettenrock mit einem hellen Hauskleide vertauscht, das bis über die Knie herabging und von breiter gestickter Borte umsäumt war, darüber trug er am weißen Ledergurt sein Schwert, an den Beinen hohe rote Strümpfe und schön gestickte Schuhe. Er war wohl älter als fünfzig Jahr, in seinen schrägen Augen glitzerte das Weiße, so daß den Leuten sein Blick nicht gefiel, und da die niedrige Stirn stark zurücktrat und seine Nase sich lang über den fränkischen Schnauzbart gegen das spitze Kinn dehnte, so hatte er wegen seines wölfischen Aussehens den Beinamen Isegrim erhalten. Gern wendeten die Mannen den Blick von ihm auf die Jungfrau, sie schauten bewundernd auf die schlanke Gestalt, welche ihr weißes Ärmelgewand mit buntem Gürtel und Saume so stolz trug, auf langes, blondes Haar, das durch ein blaues Band über der Stirn zusammengehalten wurde, und auf ein rundliches Kinderantlitz, über dem der unwiderstehliche Zauber der Unschuld lag.

      Der Graf winkte, und als das Horn zum drittenmal rief, stiegen aus dem Hofe der Truchseß mit den Küchenknaben und der Mundschenk mit dem Küfer in die Halle und sie setzten die Speisen und große Trinkkrüge auf die Tafel. Der Herr trat zu seinem Lehnstuhl, nahm die Mütze ab und hielt einen Augenblick das Gesicht hinein, alle neigten die Häupter und mancher Fromme schlug das Kreuz, dann rückten die Burgleute kräftig die Stühle, zogen ihre Messer aus der Scheide und begannen schweigend die Arbeit des Mahles.

      »Wohl gelang uns die Fahrt in das Heu,« begann der Graf, einen Becher hebend, »und mit Stolpern und Ausgleiten endete der Reigentanz der lustigen Mönche. Trinkt, Bankgenossen, und sorgt, daß der Ausgang so rühmlich sei als der Anfang.« Heller Beifallsruf erhob sich und die Trinkkannen wurden in der Luft geschwenkt. »Führt den alten Hugbald mit seinem Knaben aus dem Turme herbei. Sie waren die einzigen, welche wacker die Reiterwaffe gebrauchten, sie sollen nicht Schwarzbrot kauen, während wir uns des Mahles freuen.« Zwei Knechte eilten hinaus; nach einer Weile wurden Hugbald und Immo eingeführt, beide waffenlos. Als sie auf der Schwelle standen, rief der Graf durch den Saal hinab: »Tritt näher, Alter, lagere dich dort unter meinen eisernen Knaben.« Er wies auf den Tisch zur rechten Seite, wo zwischen den Rittern und Knechten eine Bewegung entstand, und mahnte wohlwollend: »Laßt ihn das Tischtuch haben, denn er trug manches Jahr seine Sporen als ein ehrlicher Gesell und soll ungekränkt von meinen Tellern essen.« Hugbald ging schweigend auf den Platz, welcher ihm geräumt wurde, und antwortete gleichmütig auf die Grüße und Spottreden seiner Nachbarn.

      »Hüpfe auch du auf die Bank, junger Klosterkauz,« gebot der Graf und winkte Immo, welcher an der Tür stehen geblieben war.

      »Ladet Herr Gerhard mich ein, in seiner Halle niederzusitzen?« frug Immo errötend, aber mit einer Stimme, die hell durch den Raum klang.

      »Öffnet ihm eine Ecke,« befahl der Hofherr zu den Knechten gewandt. Aber Immo eilte mit gehobenem Haupt durch die Halle dem Tisch des Grafen zu, er stieg die Stufen zum Herrensitz hinauf und drängte mit der Hand den Kämmerer, der ihn aufhalten wollte, beiseite. »Dir würde geziemen, mir den Stuhl zu rücken,« rief er. So trat er auf die Erhöhung, trug einen Sessel neben die Tochter des Grafen, sprach freundlich nach allen Seiten grüßend: pax domini vobiscum und setzte sich. Graf Gerhard sah sprachlos vor Erstaunen auf den kecken Eindringling. »Übel gedeihe dir deine Frechheit; seit wann klettern die Schüler in den Abtstuhl. Doch Wunderliches hören wir über die Unordnung in Wigberts Hofe.«

      »Im Hofe des Heiligen sitze ich demütig an der Schülerbank, bei euch, Herr, ziemt mir der Stuhl in eurer Nähe.«

      »Werft den Schamlosen von seinem Sitz,« befahl der Graf zornig.

      »Dann führt mich zurück in den Turm,« rief Immo, »denn bei allen Heiligen des Himmels, an keiner Bank lagere ich, keinen Bissen und keinen Trunk nehme ich in diesem Saal, wenn mir nicht ein Ehrensitz bereitet wird, wie ihn mein Vater erhielt, wenn er diese Burg betrat.«

      »Wer bist du, Knabe, daß du mir unter meinem eigenen Dache zu trotzen wagst?«

      »Es ist Immo, Herr, Sohn des Helden Irmfried, welcher das Banner der Thüringe im Lande Italien trug,« bedeutete ein alter Dienstmann in der Nähe des Grafen, »und darin hat er recht, die Männer seines Geschlechts haben von je einen Herrenstuhl begehrt.«

      »Jetzt erkenne ich dich, Immo,« versetzte der Graf ruhiger, »bei meinem Schwert, früh krümmt sich der Haken. Dennoch sollen meine Knaben dich abwärts führen, da du kein Krieger bist, sondern nur ein halber Mönch.«

      Immo errötete vor Zorn. »Ich aber meine, daß eure Reisigen meinen Arm gefühlt haben, fragt nach, wenn es euch gefällt, ob die Stöße nur halb waren und in Mönchsweise gegeben, oder nach Art eines ehrlichen Kriegers. Und wenn ich wüßte, daß die Starken, gegen welche ich geritten bin, in diesem Saale wären, so würde ich sie gern friedlich begrüßen und sie bitten, daß sie ihren Groll gegen mich schwinden lassen. Denn ich habe nur getan, wozu ich als Geselle des Hugbald verpflichtet war, und ich hoffe, auch sie ehren den Spruch: auf der Heide schlagen, beim Trunke sich vertragen.«

      Da rief ihm ein junger Dienstmann von der Bank entgegen: »Hast du auch meinem Genossen das Haupt zerschlagen, lustiger Immo, so will ich dir doch Bescheid tun, wenn der Graf dir einen Trunk verstattet. Denn laut dröhnte dein Holz an meiner Eisenhaube, und ich schulde dir noch einen Dank vom letzten Kirchfest, wo ich allein gegen eine Anzahl Klosterleute rang und du mir zu Hilfe sprangst, damit der Kampf ehrlicher sei. Treffe ich dich mit einem Schwert aber später auf grünem Grunde, dann zahle ich dir die Streiche zurück, und du magst sie tragen.«

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