Die Herrin und ihr Knecht. Georg Engel
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Название: Die Herrin und ihr Knecht

Автор: Georg Engel

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Ton. »Das gerade möchte ich bezweifeln. Mir gefallen Männer nicht, die nicht vollkommen von ihrem Beruf ausgefüllt werden. Sehen Sie, was hat sich ein junger Leutnant für schweres Geld einen Flügel zu kaufen, um nun halbe Nächte lang auf ihm herumzuphantasieren? Er komponiert ja auch.«

      »Na, Hans,« beruhigte der Konsul, »die Vergnügungen in einer mittleren Garnison sind ja nicht allzu abwechslungsreich. Wenn er sich nur mit dieser Art von Spiel befaßt, so wollen wir ihn deswegen nicht verurteilen.«

      Aber die Gutsherrin war nicht so leicht abzuweisen.

      »Schön,« gab sie zu, »aber der junge Mensch hat leider überhaupt etwas Dilettierendes. Wie Sie wissen, versucht er sich auch in der Ölmalerei. Er bringt zwar ganz nette Porträts hervor, aber wie sich dies alles mit seinem eigentlichen Beruf vereint, das begreife ich nicht. Und um wahr zu sein, es erregt mir Mißbehagen.«

      Hier wagte es der Konsul, der leidenschaftlich Sprechenden begütigend, fast väterlich die Wange zu streicheln. Aber diesmal wurde es von der Besucherin aufgefaßt. Mit einer herben Bewegung schob sie seine Finger zurück. Dann forderte sie noch einmal:

      »Teilen Sie meine Bedenken?«

      Inzwischen hatte sich der Konsul in seinen Ledersessel niedergelassen, und nachdem er seiner Gewohnheit gemäß mit einem Blick, wie um Rat fragend, das Antlitz des Apostels gestreift, da gab er seine Ansicht klug und jedes Wort wagend, zu erkennen.

      »Liebes Kind,« beschwichtigte er, »mit dem Beruf eines Offiziers ist es ein eigen Ding. Wir vergessen immer so leicht, daß alle Mühen und Anstrengungen, die der höhere Militär aufwendet und die in immer strengerem Maße von ihm gefordert werden, kein in die Augen fallendes Ergebnis zeitigen können. Sie sind die einzige Menschenklasse in unserem Staat, die, solang der Friede dauert, nicht den praktischen Beweis von ihrer Leistungsfähigkeit zu erbringen vermag. Man empfindet ihr ganzes Tun und Treiben hie und da bereits als spielerisch und überflüssig. Und dieses Bewußtsein ist es, was viele Soldaten so rastlos nach Dingen greifen heißt, die jenseits ihres Berufes liegen. Sie suchen sich eben auszufüllen. Nein, Johanna,« richtete sich der Konsul plötzlich auf und klopfte ermunternd an die Seitenlehne des anderen Sessels, »daraus wollen wir dem hübschen Bengel keinen Strick drehen. Und daß er sich in die knisternde Schönheit von Marianne vergaffte, Gott –« der Kaufmann zuckte die Achseln – »dieses Los teilt er gewiß mit manchem jugendlichen Schwärmer und außerdem, es läßt keinen üblen Rückschluß auf seine Uneigennützigkeit zu.«

      Bei diesem letzten Wort glitt ein kaltes Lächeln um die Lippen des Gutsfräuleins. Sie hob ihren Schleier noch etwas mehr, und die blauen festen Augen suchten scharf und bindend den Blick ihres Beraters. Der Konsul rückte ein wenig ungemütlich hin und her.

      »Ah, Sie meinen,« nahm die Älteste von Maritzken das Wort des Gefährten auf, »Sie meinen, daß der junge Mann Lob und Anerkennung verdiene, weil er sich zu der Angehörigen einer unbegüterten Familie herabläßt, die ihren Töchtern keine Mitgift auszusetzen vermag?«

      »Hans, Hans,« mahnte hier der Konsul und hob dämpfend die Hand.

      Aber die hohe Blonde fuhr fort: »Ja, ja, man spricht ja so etwas Ähnliches sowohl in der Stadt, wie in der Umgegend. Und es ist mir ganz recht,« bestätigte sie sehr ernsthaft, und jener rechnende Schein spielte von neuem aus ihrem weißen Antlitz, »es ist mir ganz recht, wenn sich keine Mitgiftjäger um meine Schwestern bemühen, denn ich kann das Vermögen, das ich uns in achtjähriger Arbeit erworben, noch sehr gut in meinem landwirtschaftlichen Betriebe gebrauchen. Sie aber, lieber Konsul, Sie sind ja der einzige, der genau darüber orientiert ist, wie wenig alle diese Gerüchte der Wahrheit entsprechen. Ja, es ist richtig,« sprach sie immer heftiger weiter, »ich habe die zwei großen väterlichen Güter damals in der schweren Zeit aufgeben müssen. Oder besser gesagt, ich habe sie auf Ihren Rat mit Gewalt zur Versteigerung getrieben. Aber das letzte, auf dem ich mich festgesetzt hatte, um mich nicht mehr davon vertreiben zu lassen, unser Maritzken, dieses Stück Erde, halb Bauernhof, halb Rittergut, das ist doch mit Ihrer Hilfe so bewirtschaftet worden, daß es sich sehen lassen kann. Und die Summen, die ich hier bereits bei Ihnen ablieferte, würden immerhin für eine Mitgift für meine Schwestern genügen, nicht wahr? Lieber Konsul,« fügte sie kalt und unempfindlich an, als der Mann eine Bewegung ausführte, als ob ihm das Gespräch peinlich würde, »ich möchte bei dieser Gelegenheit gleich etwas richtig stellen, was mir schon lange Ihnen gegenüber auf dem Herzen liegt. Wenn Sie nämlich von diesen Privatgeldern sprechen, dann pflegen Sie die Summe stets durch drei zu teilen. Es scheint also, als ob Sie auch für mich ein eigenes Konto angelegt hätten. Das ist ein Irrtum, Konsul Bark. Ich erkläre hiermit ausdrücklich, daß mein Teil restlos auf meine Schwestern übergeht. Sehen Sie mich nicht so erstaunt an, damit beleidigen Sie mich. Ich selbst habe dort draußen in meiner Wirksamkeit vollkommen meine Befriedigung gefunden und werde darin keine Veränderung mehr eintreten lassen.«

      Ein Augenblick der Ruhe erhob sich zwischen den Beiden. Der Konsul hatte sich zurückgelehnt, und seine lang bewimperten Augen umfaßten das ruhige Frauenbild vor ihm mit unverhohlener Bewunderung. Nie hatte er sie so begehrenswert gefunden, als jetzt, wo er das leidenschaftslose Gelübde ihrer Entsagung vernommen hatte. Und er glaubte an den unverbrüchlichen Ernst dieses Scheidens von den Freuden und Tänzen der Welt. Nichts Nonnenhaftes lag auf dem edlen Antlitz mit den strengen Marmorzügen, ja, während der Konsul in ihm las, meinte er beinahe, der wohlgeformte Mund, der so gemessen über ein abgeschlossenes Schicksal sprach, auf ihm sei das Lächeln nur eingefroren und es müßte sich herrlich ausnehmen, wenn es sich wieder einstelle.

      Das Gutsfräulein jedoch, als ob es fühlte, daß die Gedanken des so auffällig Schweigenden an ihr herumtasteten, schob den Sessel zurück, stand auf und rüstete sich zum Abschied.

      »Ich wollte Sie bitten, mit Fritz Harder Rücksprache zu nehmen,« schüttelte sie endlich ihren lang aufgesparten Wunsch von sich ab.

      Der Konsul verbeugte sich leicht. »Ich war auf diesen Befehl vorbereitet, lieber Hans. Und passen Sie auf, in wenigen Tagen wird der glückliche Freiersmann nach allen Regeln des Herkommens bei Ihnen anhalten. Übrigens,« fuhr er fort, »möchte ich doch vorher, wenn Sie gestatten, auch ein paar Worte mit Marianne über diesen Fall wechseln. Und wissen Sie, Hänschen,« lachte er plötzlich ganz unvermutet dazwischen, »da könnten wir eigentlich ein sonderbares Rendezvous verabreden. Sie können sich gewiß nicht denken, wer mir soeben eine Einladung für Sie und die Mädels überbracht hat.«

      »Nein,« gestand die Aufbrechende, indem sie sich bereits den Schleier herabzog, »geht Ihre Vormundschaft über mich schon so weit, daß Sie auch Ihre Zustimmung für unsere Besuche zu erteilen haben?«

      »Keineswegs, Hänschen, soweit geht sie unglücklicherweise nicht,« scherzte der Kaufmann und strich seinem Besuch das verschobene Jakett ein wenig zurecht, »man überschätzt meinen Einfluß leider bedeutend.«

      Und nun erfuhr Johanna Grothe die merkwürdige Bitte des russischen Rittmeisters, der die drei Damen zu einem Ausflug jenseits der Grenze veranlassen wollte. Und aus der ganzen Art, wie der Kaufmann diese Einladung wiedergab, wie er die gewählte Zusammensetzung der Gesellschaft hervorhob oder Einzelheiten der Bewirtung schilderte, in allem sprach sich deutlich der Zweifel an der Verwirklichung des Planes aus. Allein es kam anders. Die Älteste von Maritzken warf plötzlich das Haupt in den Nacken, wie sie es immer tat, wenn sie nachdachte, dann schlug sie noch einmal den Schleier zurück und trat an den Schreibtisch, wo sie mit dem Zeigefinger allerlei Figuren auf das rote Tuch malte.

      »Sie fahren auch mit, Konsul Bark?« fragte sie rasch.

      Der Prinzipal des Goldenen Bechers war sich nicht ganz einig.

      »Ja – ja allerdings, gegebenenfalls.«

      »Dann ist es selbstverständlich, daß wir dort empfangen werden, wie wir es erwarten dürfen.«

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