Название: Die Herrin und ihr Knecht
Автор: Georg Engel
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Also, lieber Herr Leutnant, dann schlage ich Ihnen vor, sich selbst auf die Suche zu begeben. Ich darf ja annehmen, daß Sie über die geeigneten Schlupfwinkel, Waldhänge und Haselnußhaine auf meinem Gute ausreichend orientiert sind. Nicht wahr?« lachte sie plötzlich ganz offen, wobei sie sich an der Betroffenheit des Überraschten wie an einem äußerst gelungenen Scherz zu weiden begann. »Gehen Sie nur, Fritz Harder, ich bin überzeugt, Sie werden das, was Sie suchen, mit militärischer Sicherheit finden.«
Fritz Harder folgte einem grünen Schatten. Er sah ihn bald durch die braunscholligen Einschnitte hochstehender Weizenfelder dahinhuschen, bald glaubte er den flüchtigen Schein wieder rastend an den dunklen Einbuchtungen eines träumenden Gehölzes hängen zu sehen. Er suchte ihn zu haschen, ja er rief manchmal leise einen Namen, der sein ganzes Gemüt ausfüllte, allein immer, sobald er die Stelle erreichte, wo eben die Ähren wie nach einer entschwundenen Berührung schwankten, dann fand er, daß er von dem trügerischen grünen Schimmer abermals getäuscht sei. Allmählich hatte der einsam Wandelnde jene Wiesengrenze erreicht, an der sich der schmale Haselnußgang dahinschlängelte. Hier an einer halb verfallenen Moosbank, die so oft Zeugin eines heimlichen kosenden Geflüsters gewesen, ließ sich der junge Offizier nieder und schickte seine Blicke noch spähender als bisher durch das dunkle, wild verschlungene Gestrüpp.
Nichts.
Es war wohl nur eine Vorspiegelung seiner nicht mehr nüchternen Sinne, daß es ihm wieder vorkam, als ob der grüne Schatten, dem er nachjagte, noch eben geschmeidig durch ein Ästegerank hindurchgeschlüpft sei.
Nein, nein, hier gab er sicherlich einem völlig unhaltbaren Verdacht nach, der ihm eigentlich nie und nimmer aufsteigen durfte. Lächerlich, wie konnte er nur wähnen, daß das Geschöpf, das er für immer an sich zu ketten trachtete, gerade in dem entscheidenden Augenblick ihres beiderseitigen Daseins ihm in einer unbegreiflichen Laune zu entweichen suchte. Ganz sicher, diese ewigen häßlichen Befürchtungen hatten sein harmloses Gemüt bereits aus der Bahn gerissen. Zu viel und zu eindringlich war von ihm über seine Zeit nachgegrübelt worden, von der er zweifellos mit Unrecht argwöhnte, daß sie den oberflächlichen und spielerischen Bedürfnissen ihrer Kinder zu gefällig entgegenkäme. Fort, fort damit, das wäre ja keine deutsche Frau, der man im Ernst etwas Derartiges zutrauen durfte.
Entschlossen, befreit erhob er sich und verlor sich erhitzt in das tiefe Gehölz, durch dessen niedriges, eng verschlungenes Dach die Sonnenstrahlen nur wie winzige goldene Käfer hindurchkrochen.
An der rissigen Tür des Kuhstalles lehnte die Hofbesitzerin, und während über ihr blasses Antlitz noch immer jener still zufriedene Schein glänzte, da pochte sie von neuem selbstvergessen gegen das trockene Holz. Diesmal aber klang es munter und beschwingt, und der kecke Trommelschlag ging allmählich in ein Marschtempo über, so daß jeder erkennen konnte, wie zuversichtlich und bestimmt die Gedanken der Gutsherrin über Vergangenes und Zukünftiges schweiften.
»So, nu laß aber mal das Trommeln,« forderte plötzlich eine energische Stimme neben ihr, und als sie, aus ihren Träumen gerissen, das blonde Haupt ein wenig wandte, da mußte sie zu ihrer eigenen Erheiterung wahrnehmen, wie der Riese von Sorquitten in seinem gelben Sportanzug ebenfalls den mächtigen Rücken gegen die Stalltür drängte; und nun stand er mit leicht überschlagenen Beinen da, ohne es jedoch natürlich für nötig zu halten, die gewaltigen Fäuste aus den Taschen zu ziehen. »Du stellst dir wohl vor,« fragte er ruhig weiter, »wie das hier sein wird, wenn das Gesindel von dort drüben auf seinen Kalbsfellen Generalmarsch schlägt? Die verfluchten Hunde!« Und während er angelegentlich auf seine gelben Schnürstiefel herunterstarrte, murmelte er in angenommener Gleichgültigkeit: »Sag mal, Johanna, jetzt könntest du doch endlich deine weisen Pläne gefaßt haben. Willst du nun meine alte Dame begleiten?«
Es klang durchaus nicht so, als ob der große Mensch in Herzensangst um ihr Schicksal bebte. Darin bestand ja ohnehin nicht seine Art, sobald es sich um andere handelte. Aber die große Blonde wurde doch von einer vorüberhuschenden Rührung erfaßt, als sie sich vorstellte, daß sich überhaupt ein Mensch um ihr Wohlergehen bekümmere.
»Fedor,« begann sie deshalb zutraulich, »entdecke mir mal ganz offen, lieber Junge, weshalb du dich so bemühst, mich von hier fortzulocken? Liegt dir wirklich bloß daran, eine passende Gesellschaft für deine Mutter zu finden? Oder wäre es dir im Ernst peinlich, wenn ich durch eine fremde Einquartierung Unannehmlichkeiten erführe?«
»Na, natürlich wäre es mir peinlich,« brummte Herr von Stötteritz, zog den einen Schuh noch etwas weiter in die Höhe und klopfte sich angelegentlich den Staub ab. Und indem er etwas möglichst Gleichgültiges zu erfassen strebte, stieß er noch hervor: »Vor allen Dingen möchte ich selbstverständlich den Lumpen den Spaß versalzen, einer mir nahestehenden Dame hier irgend etwas vorschreiben oder gar befehlen zu wollen.«
»So so, daran denkst du,« meinte Johanna schon um vieles mehr ernüchtert. »Wenn ich dir nun aber anvertraue, daß ich an dieses ganze Kriegsmärchen keineswegs glaube, was dann?«
Der Riese ließ sich gegen die Stalltür fallen, daß sich ein dumpfes Dröhnen erhob.
»Dann erkläre ich dir,« sprudelte er ihr ungehalten entgegen, »daß du eine halsstarrige Person bist, die für derartige Dinge nicht das richtige Verständnis besitzt.«
»Ach, sieh einmal, was du liebenswürdig sein kannst!«
»Aber ich will ja gar nicht liebenswürdig sein,« schrie jetzt der Riese außer sich, der völlig vergaß, daß ihn ursprünglich eine viel zartere Absicht hierher geleitet, »ich will ja bloß, daß hier alles nach Ordnung und Recht zugeht, damit du keinen Schaden leidest.«
»Dafür danke ich dir,« versetzte Johanna, indem sie wieder in ihre kühle und unnahbare Haltung zurückfiel, denn die derbe Weise des Rittmeisters empörte sie innerlich. »Aber da ich mir einmal angemaßt habe, meine Wirtschaft nach eigenem Gutdünken zu leiten, so mußt du es mir auch anheimstellen, ob ich es für richtig halte, mein Anwesen ohne Aufsicht zu lassen.«
»Donnerwetter ja,« fuhr jetzt der Riese auf und schlug mit geballter Faust gegen das Holztor, »mein Inspektor und ich können das doch auch besorgen?«
»Ja gewiß,« wollte die Angegriffene hier abermals einlenken, jedoch der völlige Mangel an Selbstbeherrschung, den der Gutsbesitzer so polternd bewies, er löschte ihr das Verständnis für die verborgene Gutmütigkeit, die seinen Absichten zugrunde lag, von neuem aus. »Ja gewiß, Fedor,« gab sie zu, »ich empfinde dein Anerbieten als sehr uneigennützig, aber meine Leute sind zu sehr an meine eigene Behandlung gewöhnt, als daß ich sie gerade in den Zeiten der Not einer schärferen Methode aussetzen möchte.«
»Aha!« Herr von Stötteritz stieß einen gellenden Pfiff aus. »Daher geht der Wind,« lachte er ingrimmig, »du hast unausgesetzt an mir etwas herumzutadeln. Die ganze Richtung paßt dir nicht, wie, Cousinchen? Das Junkertum, wie du es nennst, das Echt-Preußische? So sage es doch, nicht wahr, das kannst du nicht leiden?«
Über der Stirn des Mädchens zogen ein paar Falten auf. Sie sah wieder sehr herb und ablehnend aus, als sie jetzt kurz hervorbrachte:
»Ich weiß zwar nicht, was dir an meiner Ansicht liegt, aber wenn du darauf bestehst – nun ja, ich kann mir manches anziehender vorstellen, als die von dir bezeichnete Art.«
»So, das wollte ich nur wissen,« knurrte der Herr von Sorquitten, dem es trotz der aufsteigenden Enttäuschung so vorkam, als ob er eine widerwärtige Schulaufgabe endlich erledigt hätte. »Dann brauchen wir ja nicht mehr länger das abgeleierte Thema abzuhaspeln. Du glaubst uns nicht und hast wahrscheinlich Ratgeber, die die Lage viel gründlicher zu beurteilen vermögen, als solch beschränkte Stoppelhopser. Schön, Mariellchen, ich wünsche СКАЧАТЬ