Reise über Indien und China nach Japan.. Freiherr von und zu Richard Eisenstein
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СКАЧАТЬ verschlingen die Arme und halten den besprochenen Wedel senkrecht in die Höhe. Bei den vornehmen zweispännigen Equipagen stehen rückwärts auf dem Trittbrette zwei livrirte baarfüssige Bediente und halten in strammer Stellung jeder einen Wedel in der äusseren Hand senkrecht nach aufwärts. Diese Wedel haben die Bestimmung, von den Pferden die Fliegen und Mücken wegzutreiben.

      Am 20. Februar war die Hitze noch mehr gestiegen und betrug 25° R. im Schatten.

      Ich gab nun endgiltig die Idee einer Reise nach Delhi und Agra auf, und entschloss mich, die Zeit bis zur Weiterfahrt dazu zu benützen, Bombay und Umgebung eingehend zu besichtigen und dann noch auf einige Tage nach dem fünf Stunden entfernten Orte Poona, der fashionablen Sommerstation von Bombay, zu fahren.

      Zu jeder Excursion nach dem Inneren von Indien muss man unbedingt einen eigenen Diener mitnehmen. Hierzu gibt es speciell dafür bestimmte Leute, welche ausser ihrer Muttersprache auch der englischen Sprache mächtig sind, und welchen man für etwa zehn Tage 12 bis 15 Rupien, das sind 10-12 fl. Lohn und ausserdem pro Tag 8 Anas, das sind 40 kr., für ihre Verpflegung zu geben hat. Wohl erheben diese Leute hie und da noch den Anspruch, ihnen einen besonderen Anzug zu geben, doch braucht man nicht auf diese Forderung einzugehen. Die Reisen in Indien sind gewiss nicht theuer. So z. B. hätte, wie bereits gesagt, die Eisenbahnfahrt von Bombay nach Agra und Delhi und zurück, das ist eine Strecke von 3000 km, für mich auf der ersten Classe nur 120 Rupien und für den Diener 20 Rupien gekostet. Hierzu wären noch für mich Hôtel- und Kostcoupons von Cook, das sind 4 Rupien pro Tag oder 40 Rupien für zehn Tage, hinzu zu rechnen gewesen. Mithin wäre die ganze Reise von acht Tagen für mich und den Diener sammt Verpflegung und Unterkunft auf 200 Rupien oder 160 fl. gekommen. Das ist doch ausserordentlich billig!

      Nachmittags besichtigte ich eine Pferdeausstellung, bei welcher die Pferde theils im Hürdenspringen, theils im Kunstfahren producirt wurden. Die Hürden waren wohl 1 m hoch, aber bis zur halben Höhe so weich, dass sie gestreift werden konnten. Zum Kunstfahren waren wie beim Croquetspiele in verschiedenen Richtungen Durchfahrten markirt, die im gleichmässigen Trabtempo durchfahren werden mussten.

      Bei dem Springen wurden australische und arabische Pferde vorgeführt, welche von Gentlemen, hauptsächlich von englischen Officieren in Civil, recht schneidig geritten wurden. Die Pferde waren mit Pritsche gesattelt und mit Wischzaum, hie und da auch mit Pelham gezäumt. Bei dem Fahren sah man hauptsächlich nur arabische Pferde, welche theils von Gentlemen, theils von Damen, mitunter auch von vermögenden Einheimischen, in zweirädrigen leichten Wagen kutschirt wurden.

      Der Platz war recht hübsch hergerichtet, mit Fahnen reich geschmückt, und auf demselben hatten die verschiedenen Clubs Zelte aufgeschlagen, in welchen Erfrischungen genommen werden konnten. Eine Militärmusik von Einheimischen concertirte recht gut Piècen aus Operetten, Walzern u. s. w. Grosse, magere englische Damen in eleganten Toiletten stolzirten mit englischen Herren in steifer Haltung herum, und reiche Einheimische, speciell Parsen, sassen vorne an der Leine, ein buntes Gemisch tropischer Trachten.

      Am 21. Februar machte ich einen Spaziergang durch die Stadt, um das Volksleben zu studiren. Die hiesigen Eingeborenen gehören hauptsächlich drei Stämmen, und zwar den Hindus, den Parsen und Mohamedanern an. Die Hindus zerfallen wieder in sehr viele verschiedene Kategorien, welche durch Zeichen mit Oelfarbe auf der Stirne sich den Religionssecten gemäss von einander unterscheiden. Diese Farbenzeichnung erinnert an jene, wie sie in einem Bienenhause auf den verschiedenen Körben gemacht werden, damit die Biene ihre Familie leichter erkenne. Auch in der Körperfarbe selbst gibt es Verschiedenheiten, und stehen Leute mit brauner Hautfarbe in höherem Ansehen als jene mit schwarzer. Da nun die Hindus, sowie die Heiden überhaupt, uns Europäer als Christen und Fleischesser sehr verachten, und da eine Bedienung von uns, speciell das Serviren von Fleischspeisen, von den etwas besseren, braunen Hindus ihrer Religion gemäss verschmäht wird, so sind es nur die Leute von der geringer angesehenen schwarzen Hindurace, welche bei den Europäern und in den europäischen Hôtels und Clubs als Diener fungiren.

      Die Bekleidung der männlichen Hindus besteht aus einem Stück Linnen, welches um die Hüften geschlungen ist, und hie und da aus einem kurzen, weissen Leibchen auf dem Oberleib, sowie aus einem langen, breiten, weissen Leinenstreifen, welcher in ebenfalls breiter Form um den Kopf getragen wird. Die Köpfe sind vielfältig glatt rasirt.

      Die schwarzen Diener bei Privaten, in den Hôtels und Clubs tragen im Allgemeinen weisse Kleider nach europäischem Schnitte, tragen das Haupt im Hause unbedeckt und das tiefschwarze Haar nach unserer Weise geordnet. Beim Ausfahren haben die Kutscher und Diener buntfärbige und verschiedenartig, turbanähnlich geformte Kopfbedeckungen.

      Viele von den braunen Hindus tragen ziemlich grosse Ringe aus Golddraht mit eingelegten Perlen durch die oberen Theile der Ohrmuschel durchgezogen.

      Die Hinduweiber sind auf den Strassen nicht viel zu sehen, da sie selten von ihrer Hütte und dem dieselbe umgebenden Vorraume fortkommen. Diese Weiber tragen ein farbiges Linnen um die Hüften und um den oberen Theil der Beine, ferner ein dunkles, enge anliegendes Leibchen, und dann und wann noch einen farbigen Leinenstreifen über den Oberleib, dazu kommen noch beinahe ausnahmslos fingerdicke Silberreifen an den unteren Enden der Arme und Beine, sowie grössere oder kleinere Ringe aus Golddraht mit eingelegten Perlen durch die Nasenflügel derart gezogen, dass sie einseitig über den Mund herabhängen. Selbst die bei dem Bau von Häusern oder zum Gassenkehren verwendeten Taglöhnerinnen haben Silberreifen um Hand- und Fussknöcheln, sowie auch Goldringe in den Nasenflügeln.

      Die Ehe der Hindus wird von den beiderseitigen Eltern für ihre Kinder schon im Alter von drei bis sechs Jahren gegenseitig festgesetzt, und diese Verabredung gilt bereits als Ehe. Die beiderseitigen Gatten kommen indess erst zusammen, wenn der Mann 16-18 Jahre, die Frau 12-14 Jahre alt geworden ist, wobei dann eine Feier stattfindet, zu welcher die Brauteltern verpflichtet sind, möglichst viele Verwandte und Bekannte einzuladen. Dabei gibt es dann auch eine Musik von Trommeln, Trompeten, Schlägern u. s. w., mit welchen ein wahrer Heidenspectakel erzeugt wird. Die von den beiderseitigen Eltern für ihre Kinder in deren frühester Jugend verabredete Ehe ist für die beiden künftigen Eheleute absolut bindend, so dass das Mädchen, wenn der ihr zugesprochene Junge vor der wirklichen Heirat stirbt, in früheren Zeiten als Witwe verbrannt wurde, jetzt aber sich nicht mehr vermählen darf. Die Schwiegereltern aber schlagen und verfolgen ein solches Mädchen, weil sie nach ihrer Göttervorstellung annehmen, dass dasselbe am Tode ihres Sohnes schuld sei.

      Die Mütter tragen ihre unbekleideten Kinder bis zum fünften oder sechsten Lebensjahre auf einer ihrer Hüften reitend in der Weise, dass die Vorderseite des Kindes gegen die Mutter zugewendet ist, und diese den betreffenden Arm um den Rücken des Kindes geschlagen hat. Im Allgemeinen ist dem Hinduweibe Eitelkeit und eine gewisse Geziertheit eigen. Die Männer, wenn sie eben nicht arbeiten, liegen oder hocken auf der Strasse herum, und zwar das letztere in der Art, dass die Waden die Oberschenkel, und diese wieder die Brust berühren. Sämmtliche Hindus unterstehen unbedingt den Regeln des Kastengeistes, und so folgen die männlichen Kinder stets der Thätigkeit ihres Vaters nach. Den Satzungen ihrer Religion gemäss glauben die Hindus an das Uebergehen der Seele der verstorbenen Menschen in Thierkörper. Sie halten deshalb alle Thiere sehr gut, tödten sie nicht und nähren sich nur von Pflanzenkost, besonders von Reis. Selbst die vornehmsten und vermögendsten Hindus führen die Speisen mit den Fingern in den Mund.

      Der allerangesehenste Stamm der Hindus ist der der Brahmanen, welche die Selbstpeinigung als das höchste Ziel des Lebens ansehen. Da gibt es Brahmanen, welche z. B. eine Hand seit ihrer Jugend stets zur Faust geschlossen gehalten haben, so dass die Nägel durch den Handrücken gewachsen sind, oder die einen Arm immer senkrecht in die Höhe tragen, bis er ganz abgestorben und steif emporragt. Es zeigt dies wahrlich eine grosse Verkommenheit des menschlichen Geistes und beweist, auf welch' niederer Stufe diese Heiden stehen, wenn sie Menschen, die sich selbst künstlich verkrüppelt haben, als die Ersten ihres Volkes betrachten und verehren.

      Die verstorbenen Hindus werden auf Holzstössen verbrannt. Zu diesem Zwecke werden längs der Mauern СКАЧАТЬ