Reise über Indien und China nach Japan.. Freiherr von und zu Richard Eisenstein
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СКАЧАТЬ halber nach allen Seiten hin weit geöffneten Salon. Die in den Tropengegenden allgemein eingeführte Sitte, sich in den Häusern der Zugluft auszusetzen, hatte in diesem besonderen Falle für mich ein recht verdriessliches Nachspiel. Kaum zu Hause angelangt, wurde ich von choleraartigen Krämpfen befallen, und ich verdanke es nur meiner mitgebrachten Hausapotheke und der eigenen kräftigen Massage, dass ich des nächsten Morgens ohne ärztliche Beihilfe wieder auf den Beinen war.

      Als am 26. Februar, um 9 Uhr Früh, der deutsche Generalconsul bei meinem Hôtel vorfuhr, um mich Tags vorher verabredeter Weise abzuholen, befand ich mich wieder so weit wohl, dass ich denselben begleiten konnte. Wir begaben uns zusammen zu einem Thierarzte, bei welchem das eine seiner Wagenpferde, welches er vor kurzer Zeit um 700 Rupien gekauft hatte, nun seit sechs Wochen in Behandlung stand. Ich war in Rücksicht auf das geringe Vertrauen, welches ich den Einheimischen bei Behandlung von Pferden entgegengebracht hatte, sehr erstaunt über ihre Erfahrung und Geschicklichkeit. Der englische Einfluss war dabei nicht zu verkennen.

      Während unserer Rückfahrt sahen wir eben einen Mann, welcher auf der Strasse von der Pest befallen worden und zusammengestürzt war. Diese böse Krankheit hat jetzt in Bombay schon einen hohen Grad erreicht und ist noch stets im Zunehmen begriffen. Täglich werden beinahe 300 Menschen von dieser Epidemie befallen, und davon sterben die Meisten binnen längstens 24 Stunden. Langsam breitet sich die Krankheit über das ganze Land aus, und auch die beiden nächstgrossen indischen Städte Calcutta und Madras wurden hiervon bereits ergriffen.

      Die englische Regierung ist in Folge des fanatischen Aberglaubens im Volke, dass die bösen Götter die Krankheit gesendet haben, und dass man diesen nicht entgegenarbeiten dürfe, ausser Stand gesetzt, energische Massregeln gegen das stetige Umsichgreifen der Pest einzuführen. Ja, vor drei Jahren, als die Pest zuerst auftrat und die englischen Behörden mit aller Strenge dagegen einschreiten wollten, kam es zu einem bösen Aufstande der einheimischen Bevölkerung, wobei der Pöbel jeden ihm entgegenkommenden Europäer tödtete. Erst durch Waffengewalt konnte die Ruhe wieder hergestellt und durch das Zurücknehmen aller angeordneten hygienischen Massnahmen weiter erhalten werden.

      Bewunderungswürdig ist es, dass die in Bombay weilenden Europäer von der furchtbaren Epidemie keine Notiz nehmen, ruhig und ganz furchtlos auf ihren Posten verbleiben und hierdurch auch den Einheimischen, welche sonst haufenweise fliehen würden, den Muth einflössen, auszuharren.

      Bombay und vielleicht so ziemlich ganz Indien haben kein gesundes Klima. Dies beweist ebenso das immerwährende Fortbestehen der Cholera neben der Pest, als auch, dass alle Krankheiten einen raschen und bösen Verlauf nehmen und so viele Menschen an heftigen Husten leiden, wie ich dies in meinem Hôtel Tag und Nacht bei den nebenwohnenden Passagieren wahrnehmen konnte.

      Nach der Heimfahrt fühlte ich mich zwar nicht mehr leidend, aber doch nicht so wohl wie gewöhnlich, und so entschloss ich mich, die geplante Reise nach Poona ganz aufzugeben.

      Nachmittags unternahm ich noch eine schöne Spazierfahrt längs den Ufern des Back Bays. Links ging mein Weg an den Spielplätzen (Gymkhana) für die Parsen, die Muhamedaner und die Hindus, rechts an der Verbrennungsstätte der Hindus, an dem muhamedanischen Begräbnissorte und an dem christlichen Friedhofe vorbei, dann gelangte ich zu dem »Albless Bagh«, dem Hauptorte für die feierlichen Vermählungen unter den Parsen, dann zu einer grossen Kunstschule und schliesslich hinauf auf den Malabar Hill mit seinen schönen Bungallows der Europäer. Dort sah ich auch den Complex der Bungallows des englischen Gouverneurs und auf der obersten Kuppe des Hügels das riesige Wasserreservoir für ganz Bombay mit den darauf angelegten sogenannten »hängenden Gärten«. Dort angekommen, verliess ich den Wagen und betrachtete mir lange die entzückende Aussicht auf die am Fusse des Hügels zwischen Cocosnussbäumen gelegene Vorstadt von Bombay, auf die Stadt selbst mit ihren schönen Palästen und Baulichkeiten, worunter besonders der Victoria-Bahnhof und das neue Gebäude einer anderen Eisenbahngesellschaft hervorragen, und endlich weiter hinaus auf das im Abendsonnenscheine erglänzende unabsehbare, weite Meer.

      Von hier aus fuhr ich weiter, vorbei am Fusse des Hügels, auf welchem die »Thürme des Schweigens« erbaut sind, und sah ringsum auf allen Bäumen die Geier sitzen oder sich im schwerfälligen Fluge vorwärts schwingen, darauf wartend, dass ihnen in empörender Weise die gewohnte Nahrung geboten werde. Sonach passirte ich die sogenannte Mahatumi-Batterie, wo die schweren Küstengeschütze die Mündungen wohl nach auswärts gerichtet haben, aber bei einem etwaigen Aufstande in Bombay auch sehr vortheilhaft gegen die Stadt wirken können, und kam an den europäischen Seebädern vorbei, um von dort auf der von Palmen eingesäumten Wagenpromenadestrasse in mein Hôtel zurückzukehren.

      Am Montag, den 27. Februar, war mein Unwohlsein vollkommen behoben, aber dennoch kaufte ich mir auf dringendes Anrathen unseres Generalconsuls zwei Cholerabinden als Präservativmittel gegen ähnliche Erkältungen. Sodann liess ich mir in einem sehr eleganten Confectionsgeschäfte, dessen Inhaber ein Wiener ist, zwei Tropenanzüge zum Preise von 22 Rupien anfertigen.

      Zum Tiffin waren der Viceconsul und ich von dem Generalagenten in das Hôtel »Bombay« eingeladen worden. Als ich aber bei der Zusammenkunft erfuhr, dass der Koch dieses Hôtels Morgens an der Pest gestorben sei, fand ich es doch angezeigter, dass die Herren meine Gäste im Esplanade-Hôtel werden, wo der Koch sich noch vollster Gesundheit erfreut.

      Am Nachmittag machte ich einen kleinen Spaziergang, schrieb an meinem Tagebuche und liess die Vorbereitungen zur Abreise treffen.

      Am 28. Februar machte ich meine Abschiedsbesuche. Alle die vorerwähnten Herren hatten sich während der elftägigen Dauer meines Aufenthaltes in Bombay meiner in der liebenswürdigsten Weise angenommen und wesentlich dazu beigetragen, mir diese Zeit angenehm und unterhaltend zu gestalten.

      Gegen Abend unternahm ich noch eine kurze Spazierfahrt durch die Stadt, um noch einmal die vielen neuen und interessanten Eindrücke, die ich hier empfangen hatte, vor meinen Augen vorüberziehen zu lassen.

      Die Auslagen in Bombay haben aus folgenden Gründen für mich einen höheren, als den normal anzunehmenden Betrag erreicht. Für's Erste musste ich in meinem Hôtel, obwohl ich sehr häufig anderwärts ass und stets vorher rechtzeitig absagen liess, dennoch die volle Pension entrichten, dann hatte ich die Aufnahme in den Yacht-Club und das dortselbst von mir gegebene Diner zu bezahlen, hatte mehrmals Gäste in meinem Hôtel und schliesslich machte ich verschiedene Einkäufe von Büchern, Spielen und Kleidern.

      Die Abrechnung stellt sich folgendermassen zusammen:

      Am 1. März. Nachdem ich, sowie alle anderen Einzuschiffenden, wegen der Pestinficirung der Stadt von einem behördlich angestellten Arzte untersucht und als gesund anerkannt wurden, und ich mich von den Herren des Generalconsulats und vom Lloydagenten, die zum Abschied auf den Dampfer gekommen waren, empfohlen hatte, setzte ich um 11 Uhr Vormittags auf dem Dampfschiffe Marie Valerie meine Reise nach Japan fort.

      Bevor ich das Capitel über Bombay beschliesse, halte ich es nicht für überflüssig, noch einige von mir gemachte Erhebungen, sowie die während meines dortigen Aufenthaltes gewonnenen Anschauungen und Wahrnehmungen, welche die allgemeinen Verhältnisse in Bombay oder in Indien überhaupt betreffen, zum Ausdrucke zu bringen, und ich will zu diesem Zwecke gleich mit der Armee beginnen.

      Im Jahre 1642 landete das erste englische Bataillon in Indien, und seit dieser Zeit wurde nach und nach dieses Land mit seinen 300 Millionen Einwohnern, welches grösser ist als ganz Europa, der englischen Herrschaft theils direct, theils indirect unterworfen. Dieses immense Reich, welches mit unschätzbaren Reichthümern ausgestattet ist und einst von einheimischen prachtliebenden Fürsten in prunkvollen Palästen regiert wurde, musste sich die Fremdherrschaft gefallen lassen und sich dem Willen Grossbritanniens unterwerfen, und dies Alles wurde mit dem Aufgebote von verhältnissmässig sehr kleinen militärischen Machtmitteln erreicht.

      Die СКАЧАТЬ