Название: Die Mumie von Rotterdam, Zweiter Theil
Автор: Döring Georg
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Das könnte mir gefallen!« sagte mit einem behaglichen Lächeln Le Vaillant zu La Paix in lateinischer Sprache, während beide dem Schiffer zu seinem Kahne folgten. »Wenn ich meinen Degen einmal an einem andern wetzen kann, so gilt mir’s gleichviel, ob’s an einem englischen oder an einem spanischen geschieht. Ich kann so die Hidalgo’s nicht leiden wegen ihres Hochmuths und das Bündniß, das sie mit unserm allergnädigsten Ludwig geschlossen, ist ganz und gar nicht nach meinem Sinne.«
Mit der Schnelligkeit eines Pfeiles durchschnitt das kleine Fahrzeug, in dem sie sich befanden, die Wellen. Es wurde von acht kräftigen und geübten Armen fortbewegt. Sie erreichten den Kutter gerade in dem Augenblicke, als der letzte Anker gehoben werden sollte. Ihrer Aufnahme stellte sich keine Schwierigkeit entgegen und, von günstigen Winden fortgetrieben, hatten sie bald die gute Stadt Rotterdam aus den Augen verloren.
La Paix grollte mit seinem Freunde, der unbesonnen und voreilig wie er einmal war, die unmäßige Forderung des Capitäns sogleich bewilligt hatte, ohne weiter zu handeln. Er ging auf der einen Seite des Verdeckes mit untergeschlagenen Armen auf und nieder, während jener, trotzig den Groll erwiedernd, auf der anderen Seite, nur mit schnelleren und unruhigeren Schritten dasselbe that. La Paix war im Grunde ebenso reizbar wie Le Vaillant, nur hatte er sich gewöhnt eine Sanftmuth und Ruhe zu affectiren, die viele für eine wirkliche Eigenthümlichkeit seines Characters hielten. Aber manche seiner Mitstudenten in Leyden mußten sich schon überzeugen, daß er ebenso leicht zu beleidigen und ebenso bereit sey, jede Beleidigung zu rächen, wie sein Landsmann aus der Gascogne. Dabei war sein Groll tiefer und dauernder. Was Le Vaillant in einer Viertelstunde längst wieder vergessen hatte, das nagte noch lange an der Seele seines Freundes und konnte durch den geringsten Anstoß zu einem Ausbruche des Unwillens angeregt werden, der sich nur schlecht unter der Maske eines kalten und ruhigen Spottes verbarg.
In den Anblick der vorübereilenden Ufer verloren, die der lebhaften Empfänglichkeit Le Vaillant’s manchen Anziehungspunkt boten, dachte dieser bald nicht mehr an den unbedeutenden Zwiespalt und dessen Gegenstand. Erst, als er dem Freunde am Vordertheile des Schiffes begegnete und die spöttische Miene bemerkte, mit der ihn dieser betrachtete, kam ihm die Sache wieder in’s Gedächtniß. Von jeher war ihm nichts so verhaßt gewesen, als der kalte Hohn, in den La Paix bei solchen Gelegenheiten sich wappnete. Auch in ihm wurde die Galle jetzt wieder rege und er sagte, indem er, die Hand an das Gefäß seines langen Raufdegens legend, vor dem Cameraden stehen blieb:
»Corbleu, Sire La Paix, Ihr macht ein Gesicht, als suchtet Ihr Händel! Uebrigens ist Euch bekannt, daß der Mann, der einem Waffengang nie aus dem Wege geht, nicht fern ist und ich muß Euch ersuchen, Euere spöttischen Blicke nicht auf ihn, sondern nach einer andern Seite zu richten, wohin es Euch sonst belieben mag.«
»Ich sehe hin, wohin ich will und ob ich spöttisch oder zärtlich blicken mag, das liegt ebensowohl ganz in meinem Willen;« erwiederte mit erkünstelter Kälte La Paix. »Im Uebrigen beruhige dich, guter Le Vaillant!« fuhr er in einem Tone des Hohns fort, der seinem Freunde über Alles verhaßt und unerträglich war. »Wir wollen uns nicht entzweien! Ich habe mir im Gegentheile vorgenommen, für dich die Wohlthätigkeit fremder Leute anzusprechen, wenn du unser sämmtliches Reisegeld großmüthig verschleudert haben wirst, damit es dir wenigstens nicht an einem Diner de Gascogne, an einer Zwiebel und einem Stück Brod fehlt!«
»Cadédis!« fuhr Le Vaillant auf: »ich glaube gar, du willst meines Vaterlandes spotten? Laß dir das vergehen oder es ist aus mit unserer Freundschaft! Freilich speist man gern Zwiebeln an den Ufern der Garonne, aber wenn das geschieht, so kommt es daher, weil eine gascognische Zwiebel delikater ist, als Alles, was das Raffinement Euerer Pariser Küche ersinnen kann. Sandis! du solltest Zwiebeln mit mir gefrühstückt haben im Garten meines Vaters, als ich manchmal, da ich noch ein Knabe war, gegen sein Verbot hinein schlich und naschte und nicht aufhören konnte zu naschen. Ich habe köstliche Dinge später kennen gelernt in Frankreich und im Auslande, aber aller Wohlgeschmack der Südfrüchte, der Seefische und der Austern ist nur ein Schatten gegen die Delicatesse einer Zwiebel in meiner Heimath.«
Le Vaillant war bei dem Lobe seines Vaterlandes wieder in seinen gutmüthigen Ton gerathen und es wäre Alles freundlich zwischen den beiden jungen Leuten abgethan worden, wenn der Andere ebenso schnell seinen Groll vergessen und seine Neckereien hätte lassen können. La Paix aber begann aufs Neue in jenem kalten spöttischen Tone:
»So lange du deine Gasconaden nur auf die Zwiebeln beschränkst, kann ich sie mir wohl gefallen lassen. Willst du sie aber auf meinen Beutel erstrecken, so muß ich sie mir verbitten. Schon zu oft haben deine Sottisen ihn in einen Zustand der Schwindsucht versetzt und mein Vater dürfte endlich müde werden, an einem unheilbaren Kranken immerfort zu curiren.«
»Sottisen?« entgegnete ernst und gesetzt Le Vaillant, indem er mit dem Anstande eines Mannes, der wohl weiß, daß bei einer Ehrensache kein Punkt ritterlicher Courtoisie aus den Augen gesetzt werden darf, einen Schritt zurückthat. »Das ist eine Beleidigung, wie Ihr wißt, die nur mit dem Degen in der Hand wieder gut gemacht werden kann, Sire La Paix. So es Euch beliebt, wollen wir gleich einen Gang mit einander machen und ich hoffe, da ich bis jetzt noch keinen Mangel an Muth bei Euch wahrgenommen, Euch dazu bereit zu finden.«
»Gewiß, Sire Le Vaillant!« versetzte der Aufgeforderte, dessen natürlichem Muthe jetzt die erkünstelte Ruhe wich. »Noch nie habe ich eine Einladung dieser Art ausgeschlagen, besonders wenn sie von den Ufern der Garonne kam, wo der Muth mehr auf der Zunge, als an der Degenspitze sitzt.«
»Zieh!« rief durch diesen neuen Spott zum Uebermaße gereizt, der Gegner mit ausbrechender Wuth. »Deinesgleichen habe ich schon ein Dutzend vor meiner Degenspitze hergetrieben. Sandis! Ich will deine Klinge zerbrechen und hinwegschleudern, daß du sie in den Fluthen der Nordsee wieder suchen sollst!«
Bei allem Ernste der Sache mußte La Paix laut auflachen über diese ungeheuere Gasconade. Le Vaillant wurde nun noch wüthender. In einem Augenblicke waren beide mit den gewaltigen, den ganzen Vorderarm bedeckenden Stulpenhandschuhen bekleidet, die sie im Gürtel bei sich führten.
»En garde!« schrie der junge Gascogner, mit dem Degen in der Hand zum Ausfalle gerüstet.
La Paix stand ihm ruhig gegenüber. Auch er hatte den Degen gezogen und schien den Angriff des Freundes, den er, wie er jetzt wohl einsah, muthwillig selbst zu seinem Gegner gemacht hatte, zu erwarten. Sein sanftes Angesicht, seine schlanke Gestalt, die sich in der zierlichen Fechterstellung auf das Vortheilhafteste zeigte, gaben ihm das Ansehen einer Amazone, deren Muth dem Vertrauen auf ihre Kunstfertigkeit gleich ist.
Aber es sollte kein Blut vergossen werden zwischen den beiden Freunden! Le Vaillant СКАЧАТЬ