Die Hallig. Johann Christoph Biernatzki
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Название: Die Hallig

Автор: Johann Christoph Biernatzki

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ihrer Schürze sorgsam den Schweiß von seiner Stirne, und es schien mir auch, daß sie ihn küßte. Da setzte er sich mit ihr nieder in den Schatten eines Dornbusches, und neben ihnen stand der leere Korb. Sie aber spielten mit dem lächelnden Säugling. Eine Karosse fuhr unterdessen vorüber auf dem Wege, und die darinnen wandten ihre Augen weg von den Menschen zur Rechten, und ich hörte nur noch den Theaterbericht des Herrn, der zur Linken ritt: Ach! das dumme Stück: die Waise.

      Da dachte ich: „sie sind schon gerichtet!“

      Weiter ging ich und sah nur noch, wie der Mann im Felde freundlich nickte, als ich dem armen Mädchen, schamrot über die geringe Gabe, zwei Silberstücke gab. Wie viel mehr hatte er gegeben! – Immer schöner entfaltete sich die Gegend vor meinem Blicke. Wie ein Garten Gottes lag sie da, gekleidet in Seiner Schöne, erfüllt mit dem Reichtum Seiner Herrlichkeit, träufelnd von dem Segen Seiner Güte und duftend in dem Odem Seiner Allgegenwart. Dort der Saum schützender Gebirge, deren freie Gipfel aus der Tannenwaldung sich erhoben, hier das weiche Grün kräuterreicher Weiden, auf denen die gesättigte Kuh ihre breiten Glieder in den Klee streckte, während das mutige Roß im geflügelten Lauf seine Kräfte übte. Tiefer hinab der schlängelnde Strom, dem fremden Segler nach den Gefahren des Oceans eine willkommene Straße und dem Fischer am Ufer eine Quelle genügsamen Reichtums. Weiter ging ich, doch nur bis zu der breitästigen, dichtbelaubten Eiche am grünen Hügel. Da drang es, wie eine Stimme aus der Höhe überwältigend in mein Herz: „Sehet und schmecket, wie freundlich der Herr ist!“ Mein Fuß hatte in diesem Tempel Gottes den Altar gefunden, an welchem Keiner vorübergehen kann, ohne ein Opfer der Bewunderung und des Dankes gegen Den, dessen Werke so groß und so viel, der sie alle weislich geordnet und die Erde erfüllet mit Seinen Gütern! Und es dauerte lange, ehe ich, froh und verklärt, wie Einer, dessen Glaube zum Schauen geworden ist, dem Hause am Fuße des Hügels mich nahte. Mit seinen roten Ziegeln ragte es weit über die schattenlose Anpflanzung ausländischer Sträucher hervor, und in seiner Größe verdeckte es fast ganz das dahinterliegende Dorf. Die Inschrift: „Zum ländlichen Vergnügen,“ prangte in goldenen Buchstaben über der Thür. Auf dem Vorhofe hielten mehrere Karossen, und reichbordirte Livreebediente zechten und lärmten auf der nahen Kegelbahn. Die Gäste drinnen aber vergnügten sich mit lautem Geräusch am Billard, und als ich ein stilles Nebenzimmer suchte, trafen mich die finstern Blicke gestörter Kartenspieler. Vor ihrem unfreundlichen Murren flüchtete ich in eine andere Stube. Hier aber saßen viele Herren und Damen und blätterten in Journalen und Modezeitungen, bis die Abbildung eines Pariser Maskenanzuges alle Blicke auf sich zog, und allerlei sehnsüchtige Ausrufungen und witzige Bemerkungen hervorriefen. Doch störten diese die eine junge Dame nicht, die selbstgefällig eine Arie aus Fra Diavolo am Fortepiano mit heller Stimme sang. Wie sie aber aufstand, drängte sich Alles an sie heran, ihrem entzückenden Gesange und kunstreichen Spiele zu huldigen.

      Da kam mir der Garten Gottes rings um dies „ländliche Vergnügen“ her in den Sinn, und ich dachte: „sie sind schon gerichtet!“

      Plötzlich rief eine Stimme aus dem Fenster: „Singe Du uns auch einmal etwas vor!“ und als Alle nun sich dahin wandten, blickte auch ich mit auf die Straße. Da stand das Mädchen vom Wege. Sie hatte auf den Gesang gehorcht und wollte sich eben scheu wegschleichen, erschreckt über die Aufmerksamkeit, die sie erregte. Doch der eine Herr zeigte ihr eine Silbermünze und befahl ihr zu bleiben und zu singen; während der Reiter, den ich vom Wege her wieder unter den Gästen erkannte, mit finsteren Augenbrauen und drohender Stimme ihr zurief: „Pack’ Dich, Dirne!“ „Nein, sie soll singen!“ forderten die Uebrigen. Der Reiter aber warf einen Thaler vor sie hin auf die Straße und schrie noch einmal: „Weg mit Dir!“ Da riefen die Andern einen Diener, der ihr den Weg versperren mußte, und wollten sich den köstlichen Spaß nicht nehmen lassen, den Knittelvers irgend eines Gassenliedes von den Lippen der zagenden Unschuld zu hören. „Ich kann nicht singen,“ stammelte ängstlich die Kleine. „So sag’ uns ein Lied her, das Du weißt! Eher darfst Du keinen Finger nach dem Thaler ausstrecken.“ Das Mädchen blickte nach dem Gelde, das zu ihren Füßen lag, dann nach dem Reiter, der sich aber mürrisch vom Fenster weggezogen hatte, und begann endlich mit zitternder Stimme:

      Wer nur den lieben Gott läßt walten

      Und glaubensvoll —

      Aber bei dem schallenden Gelächter, das diese Worte hervorriefen, schreckte das arme Mädchen zusammen; in ihre Wangen schoß die volle Glut der Scham auf, und wie ein gejagtes Reh floh sie über die Straße hinweg. Den Thaler nahm der Diener zu sich und eilte der Schenkstube wieder zu. Die aber drinnen flehten nach diesem Intermezzo bei der Kunstbegabten um eine Arie aus: Robert der Teufel.

      Da dachte ich: „sie sind schon gerichtet!“

      Zu eng ward mir es in diesem Hause; und ich wandte meine Schritte auf die Straße durch’s Dorf entlang. In der Nähe einer der letzten Hütten gellten die scheltenden Worte: „Du Bastard, komm mir nicht wieder unter die Augen!“ und eine alte, erboste Bäurin stieß die Kleine vom Wege aus ihrer Thür. Die aber setzte sich auf einen Stein und weinte bitterlich. Ich trat hinzu und suchte sie zu trösten, und fragte dann, ob sie von ihren Eltern das Lied gelernt, das sie vorhin hatte aufsagen wollen. „Von meinen Eltern?“ und dabei blickte sie mich verwundert an; „die Mutter schilt nur immer mit mir. Dem blinden Nachbar habe ich es an der Thür abgehorcht, der singt es alle Abend.“ – „So versprich mir, jeden Tag einen Vers aus diesem Liede für dich herzusagen, bis Du groß bist.“ Sie gab dieses Versprechen gern und weinte nicht mehr. „Hier ist auch der Thaler,“ fuhr ich fort, „als Lohn für dein Aufsagen am Fenster.“ Die Kleine griff hastig nach dem Gelde. „Dank, Dank!“ rief sie, „nun kann ich der Mutter eine Decke kaufen.“ Da erfuhr ich, ihre Mutter sei schwer erkrankt und sie ausgesandt, die Großmutter im Dorfe um eine warme. Decke zu bitten. „Nun kann ich eine Decke kaufen!“ mit diesen Worten blickte sie halb trotzig nach der Hütte ihrer Großmutter auf, die sie eben ausgestoßen. Da sah sie die Alte am Fenster und eilte freudig allen Zwist vergessend auf sie zu, in der hochgeschwungenen Hand ihr den Thaler entgegen haltend. Und diese Freude, wem galt sie? Der Mutter, die immer nur schalt! – „Hör’, Kleine!“ rief ich ihr nach. Und ich fragte: „Hast Du nie Deinen Vater gekannt?“ Das Mädchen blickte schüchtern um sich her, als drohe ihr eine Gefahr; dann neigte sie sich näher zu mir hin und flüsterte leise: „Vater ist reich und vornehm, aber ich darf ihn nicht Vater nennen;“ und noch leiser und mit einer Hastigkeit, als fürchte sie sich vor ihren eigenen Worten, fügte sie hinzu: „Der war’s, der mir den Thaler zuwarf.“

      Da dachte ich: „sie sind schon gerichtet!“

      VI

      Der Geist mag sich im Werk verkünden,

      Das schöpferisch er Dir enthüllt,

      Die Macht kann sich ein Zeugnis gründen,

      Das mit Bewundrung Dich erfüllt.

      Willst Du nach einem Herzen fragen,

      Dem Deine Thräne nicht zu klein:

      Da muß das Herz an Deinem schlagen,

      Muß mit Dir dulden, mit Dir tragen,

      Da muß Dein Gott Dir Christus sein.

      Am Nachmittag nach eingetretener Ebbe begannen die Versuche zur Bergung der Güter aus dem Schiffe, wobei Mander und Oswald mit beschäftigt waren, Godber aber nicht, indem Idalia rund heraus erklärte, daß sie seine Hülfe nicht entbehren könne, wenn die Herren eine ruhige Nacht wünschten.

      Hold war zu Maria’s Wohnung gegangen, um ihr seinen Glückwunsch zu der Wiederkehr ihres Verlobten zu bringen. Wie ganz anders traf er es da, als er erwartet hatte. Maria in Thränen schwimmend, ihre Mutter ängstlich um sie her trippelnd, und bald schmeichelnd tröstend, bald eifrig darein redend von Unverstand und Wunderlichkeit.

      „Gott Lob!“ rief diese, als sie Hold erblickte, „Gott Lob! Herr Pastor, daß Sie kommen! Ich weiß nichts mehr mit dem Mädchen anzufangen. Da kommt sie СКАЧАТЬ