Reise in Südamerika. Zweiter Band.. Freiherr von Ernst Bibra
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СКАЧАТЬ und auf den Bergabhängen der Ufer stehen jene riesigen Stämme. Sie sind nicht selten in's Wasser gestürzt und von der Strömung des Flusses fest gerannt worden; so ist die Fahrt nicht ohne alle Gefahr, versteht man nicht geschickt ihnen auszuweichen. An manchen Stellen des Waldes haben Brände stattgefunden, meist absichtlich erzeugt, um vielleicht eine kleine Strecke zu cultiviren, wohl selbst einen Weg zu bahnen, und jene öden Stellen, mit den mächtigen aber erstorbenen Stämmen, und je nachdem nur eben wieder am Boden mit beginnendem Gebüsche bewachsen, bilden einen eigenthümlichen Contrast mit der üppigen Vegetation, welche neben ihnen wuchert.

      Während wir so, bald dicht an den Ufern des Flusses, bald Baumstämmen ausweichend, auf dessen Mitte dahinfuhren, machten wir Jagd auf verschiedenes Vogelwild, das in reichlicher Fülle vorhanden. Wasservögel verschiedener Art, Enten, Taucher, Möven und am Lande vorzugsweise eine schöne große Taube, die Columba araucana, und eine Schnepfenart waren die vorzüglichste Beute, welche nach der Heimkunft redlich getheilt wurde zwischen meiner Sammlung und der Schiffsküche.

      So hatten wir eine fröhliche Fahrt auf dem Flusse, gegenseitig wetteifernd, wer das meiste Wild erlege, und ich fand, daß der Kapitain ein trefflicher Schütze.

      In Valdivia angekommen, trennten wir uns. Fricke, welcher ein leichtes, vortrefflich segelndes Boot hatte, war uns vorausgeeilt und empfing uns, indem er mich in das Haus eines dort beim Schulwesen angestellten Deutschen führte, wo ich so herzlich aufgenommen, wie allenthalben von den deutschen Landsleuten, und sogleich mit einigen Insekten beschenkt wurde. Doch blieb ich nicht lange bei jenen freundlichen Leuten, da ich die Stadt besichtigen wollte, und aus der Unterhaltung mit den anwesenden chilenischen Damen ist mir nur noch die Furcht erinnerlich, welche dieselben vor einem Einfalle der araukanischen Indianer bezeigten, welchen ein grundloses Gerücht zu jener Zeit in Aussicht gestellt hatte.

      Die Stadt Valdivia hat ein sehr ländliches Ansehen. Die meisten Häuser liegen isolirt zwischen Gärten, Gebüsch und Rasenplätzen, und unfern der Stadt beginnt wieder der Wald. Die Wohnungen, meist einstöckig, sind von Holzarbeit und haben den eigenthümlichen Styl des Landes, der theils an alterthümliches Täfelwerk erinnert, doch auch wieder Aehnlichkeit hat mit der Art und Weise, wie man moderne Schweizerhäuschen in Anlagen und Gärten errichtet. Doch fehlen auch größere Gebäude nicht und eben als ich anwesend war, beschäftigte man sich mit dem Bau einer Kirche, deren Plan vom älteren Fricke entworfen war. Ich hatte die vier Matrosen, welche das Boot gerudert hatten, zum Mittagessen gebeten, und als wir uns in einem Gasthause versammelt hatten, welches so ziemlich, wenn auch nicht ganz nach europäischer Art eingerichtet, und in welchem man nicht übel aufgehoben war, staunte ich über den Anstand und Takt, welchen diese vier jungen Männer entwickelten. Bescheiden ohne blöde, heiter ohne übermüthig zu sein, waren sie so weit entfernt von dem Bilde, welches man sich meist von »dem Seemann am Lande« zu entwerfen gewohnt ist, daß ich kaum mein Erstaunen bergen konnte. Ohne Widerrede hatten sie meine Einladung angenommen, aber als sie nach einigen Tagen im Hafen die Erlaubniß erhalten hatten, an's Land zu gehen, unternahmen sie in meinem Interesse einen Streifzug und brachten mir des Abends einige Amphibien und schöne Insekten, welche mich doppelt erfreuten.

      Des Nachmittags besuchten uns mehrere andere in Valdivia lebende Deutsche im Gasthofe, und manches austauschende Wort wurde dort gesprochen über Chile und das Vaterland. Alle waren gut gestellt in ihrer neuen Heimath. Doch aber war eine leise Sehnsucht nach dem Vaterlande, nach dessen Sitte und Brauch nicht zu verkennen. Mag jeder es wohl bedenken, der das Land in dem er geboren für immer verlassen will. Es mag sich wohl treffen, daß in der Fremde er nach Zuständen sich zurücksehnt, die ihm hier gleichgültig, ja daß er an Persönlichkeiten mit Zuneigung denkt, welche er zu Hause kaum der Beachtung werth gehalten. Aber mit welcher Macht drängt sich in manchen Stunden die Sehnsucht nach verlassenen Lieben an's Herz, und mit welcher Versöhnlichkeit betrachtet man deren Fehler und Schwächen!

      Spät des Abends und wohlzufrieden mit der kleinen Reise, kamen wir an Bord zurück. Aber einige Tage später, während der Kapitain und ich zufälliger Weise am Lande, kamen einige Damen von Valdivia zu Boote auf Besuch zu uns und brachten mir den sorgfältig verpackten Schädel eines Araukaners zur Erinnerung an unser Gespräch in der Stadt, und um meine Sammlung zu bereichern, wenn gleich, wie sie mir sagen ließen, mit mächtigem Grausen. –

      Vieles Vergnügen verschaffte mir in der Bai von Corral die Jagd auf Papageien. Ich habe nur eine einzige Species dort getroffen, von den Einwohnern Choi genannt9, aber diese in großer Anzahl. Sie hausen auf den bewaldeten Hügeln, mit welchen die Bai umgeben ist, und leben des Tages über in Haufen von zehn bis zwölfen zusammen, wohl auch vereinzelt, indem sie meist auf den höchsten Bäumen sich aufhalten. Gegen Abend aber versammeln sie sich in großen Schwärmen und fliegen von einem der Hügel zum andern, indem sie, ähnlich wie in Deutschland die Dohlen, ein wahrhaft schauderhaftes Geschrei erheben. Stellt man sich versteckt in eine der Schluchten, über welche auf diese Weise der ganze Schwarm hinwegfliegt, so kann man, wenn das Gewehr weit trägt und man groben Hagel geladen hat, öfters in einem Abende zum Schusse kommen, und ich habe auf diese Art viele erlegt, da sie, wenn sie den Schützen nicht sehen, sich wenig um den Schuß zu kümmern scheinen und ihr Hin- und Herfliegen wiederholen. Indessen bietet es Schwierigkeiten, das geschossene Thier zu finden, da seine grüne Farbe sich kaum von der des Grases unterscheiden läßt. Nur verwundete Thiere verrathen sich hingegen selbst durch ihr furchtbares Geschrei und die Hast, mit welcher sie zu entkommen suchen.

      Dieser Papagei wird von den Einwohnern der Bai nicht selten als Hausthier gehalten, und läuft frei, aber freilich mit arg und häßlich beschnittenen Flügeln in den Wohnungen umher. Er scheint sich sehr leicht zähmen zu lassen und ein zähes Leben zu besitzen. Ich habe eines Tages einen derselben, der, wie sich später zeigte, nur am Flügel verwundet war, um ihn zu ersticken, mit aller Kraft unter den Flügeln gedrückt, hierauf als er kein Lebenszeichen mehr von sich gab, die Rachenhöhle mit Löschpapier verstopft, um das Beschmutzen der Federn mit Blut zu verhindern, und alsdann in eine Düte gewickelt in die Pflanzenkapsel gelegt, da er zum Abbalgen bestimmt war. Aber als wir noch einige Stunden Rast hielten und zufällig die Kapsel geöffnet wurde, stieg der Vogel munter aus derselben, und ergab sich so leicht in sein Schicksal, daß er schon nach einigen Tagen aus der Hand Futter nahm, und allenthalben an Bord frei umher lief. Leider fiel er später in's Wasser und ertrank.

      Das Fleisch dieser Thiere gewährt eine vortreffliche Speise und erinnert an jenes der wilden Tauben.

      An den Ufern des Valdivia-Flusses, wo hauptsächlich jene schon oben erwähnte Sandsteinbildung vorkömmt, finden sich prachtvolle kleine Buchten und hie und da im Gebüsche versteckte Höhlen. Ernst Fricke führte mich in mehrere derselben, in welche man nur mittelst des Bootes gelangen konnte, und ich habe die romantische Lage dieser kleinen Asyle bewundert, deren Zugang ich bald besser zu finden wußte, als vielleicht mancher im Hafen Geborene. Auch im Glimmerschiefer findet sich unweit des Forts Corral eine Höhle, deren Wände stets von durch Felsenspalten eindringendes Wasser feucht und ganz mit Farrenkräutern überzogen sind. Ich war so glücklich dort zwei neue Arten aufzufinden10, und mache absichtlich hier auf diesen Fundort aufmerksam, weil ich sonst nirgends eine Spur derselben gefunden habe.

      Während wir im Hafen von Corral lagen, kam die schon oben bezeichnete chilenische Fregatte von Valparaiso aus dorthin, in Begleitung einer Corvette. Beide Fahrzeuge hatten Soldaten am Bord, welche eine Zeit lang im Hafen verweilen sollten.

      Die Indianer von Araukanien hatten kurz vorher ein an ihrer Küste gestrandetes Schiff geplündert, zugleich waren bei dieser Gelegenheit einige Menschen verloren gegangen. Es hatten ohne Zweifel die Gestrandeten und die Indianer sich nicht hinlänglich verständigen können. Die Letzteren hatten vielleicht allzu großes Wohlgefallen an den Waaren gefunden, welche das Schiff führte, und die Europäer hielten allzu hartnäckig an ihrem Eigenthume, oder es mögen auch andere Mißverständnisse eingetreten sein, die Thatsache war die oben bezeichnete. Aber in Chile sprach man nicht gerne von derselben, legte indessen jene Truppen nach Corral und Valdivia, um eine Demonstration zu machen, СКАЧАТЬ



<p>9</p>

Enicognathus leptorhynchus, Gray.Psittacus rectirostris, King.

<p>10</p>

Hymenophyllum Bibraianum. J. W. Sturm und

Blechnum acumiratum. J. W. Sturm.