Reise in Südamerika. Zweiter Band.. Freiherr von Ernst Bibra
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СКАЧАТЬ Nachmittags in den Hafen ein, und bald betrat ich das Land, mit dem eigenthümlichen Wohlbehagen, welches der Naturforscher fühlt, wenn er den Fuß auf einen ihm noch unbekannten Boden setzt.

      Es war die Bai von Corral, der Hafen von Valdivia, vor Jahren einer der wichtigsten Plätze der Westküste. Welche Bedeutung man auf den Hafen gelegt, zeigen die Menge der Forts, welche zur Befestigung desselben angelegt. Aber sie liegen in Trümmern diese Forts. Die Zeit und die Stürme der Revolution haben sie gebrochen und mehr vielleicht noch die Nachlässigkeit, mit welcher die Spanier das von ihren Vätern Erworbene beschützten und unterhielten. Bäume stehen innerhalb der Ringmauern, Lianen wuchernd um die verfallenen Laffetten der Geschütze und der Urwald8, in nächster Nähe von Batterien, hat nicht seine Herrschaft aufgegeben über das jungfräuliche Land.

      Der Eingang des Hafens liegt gegen Norden wie fast alle chilenischen Häfen, und bietet daher wenig Schutz vor den dorther kommenden Stürmen, während bei anderen Windrichtungen das Wasser der allenthalben geschlossenen Bai oft kaum bewegt wird.

      Die den Eingang beschützenden Batterien, Fort Carlos und Niebla-Batterie, liegen in Trümmern, eben so die Gonzalo-Batterie und mehrere kleinere. Nur das Fort Corral steht noch nothdürftig zusammengehalten da, Häuser und Hütten in seiner Nähe bilden den Flecken Corral. Die Bai ist ringsum bewaldet. Ihre Breite beträgt eine halbe englische Meile an der Stelle, wo sie sich gegen den See hin öffnet, aber von dort geht ihre Längenerstreckung über zwei englische Meilen in's Land, und das zwar in direkter Richtung gegen Süd. Aber jener Theil derselben, die sogenannte St. Johns Bai, kann zum großen Theile nicht mit größeren Fahrzeugen befahren werden und verflacht sich am Ende dergestalt, daß zur Zeit der Ebbe die Bai wohl auf eine Viertelstunde weit trockenen Fußes überschritten werden kann.

      In der Bai selbst mündet der Rio de Valdivia, welcher aber, weiter gegen oben, andere Namen führt, Rio de Arige, Callse-Callè Fluß und Rio de las ciruelas, der Pflaumenfluß.

      Der Fluß ergießt sich in zwei Armen in die Bai und bildet so eine Insel von etwa zwei englischen Meilen Breite und Länge, die Isla del Rey, und selbst hier wird dieser eine Arm wieder anders genannt, Rio de poco commer, oder wörtlich Fluß wo wenig zu essen. Kleine Flüsse ergießen sich noch mehrere in die Bucht, so der St. Johns Fluß und einige andere, welche wie ich glaube keine Namen haben.

      Ziemlich mitten in der Bai liegt die Manzera-Insel. Die in die Bai mündenden Flüsse, die Inseln, die Bergabhänge, bewaldet, aber nicht so steil abfallend wie jene gegen die See, machen einen freundlichen Eindruck, der indessen den Charakter des Wilden und Romantischen nicht verloren hat.

      Die Grundform des Gebirgs ist die granitische, hier durch Glimmerschiefer repräsentirt in allen Nüancen. An einigen Orten von so feinem Gefüge, daß letzteres kaum mit unbewaffneten Augen zu erkennen, tritt nicht weit hievon wieder ein Gestein auf, in welchem mehrere Zoll große Tafeln von Glimmer und Quarzfragmente von entsprechender Größe zu finden sind. Mittelstufen fehlen nicht. In der Nähe des Forts Corral, und dort das Ufer bildend, an welchem man mit den Booten landet, findet sich ein festes Conglomerat aus Fragmenten von Glimmerschiefer und allen erdenklichen Geröllen der See zusammengesetzt. Diese Bildung, jedenfalls eine secundäre, und ein secundärer Süßwassersandstein mit Versteinerungen, der an verschiedenen Stellen der Fluß-Ufer vorkömmt, bilden die geognostische Form der Bai und ihrer nächsten Umgebung. Aber auch weit hinein in das Land tritt Glimmerschiefer auf, wie mir dort wohnende Deutsche versichert haben. Ich habe der wenigen eigentlichen mineralogischen Beimengungen, welche sich in dem erwähnten Glimmerschiefer finden, in einer wissenschaftlichen Abhandlung, welche in den Denkschriften der k. k. Academie in Wien erschienen ist, näher gedacht, und will, um den Leser nicht zu ermüden, hier nicht weiter von denselben sprechen. Aber einer komischen Täuschung, einer geognostischen Anekdote will ich gedenken, welche mich in nicht geringe Aufregung versetzt hat. Mehrere Tage nach unserer Ankunft im Hafen, und mit den einfachen Formen der auftretenden Gesteine schon fast vertraut, ging ich einst streifend und Handstücke des Glimmerschiefers schlagend, unweit der Küste, als ich plötzlich einige Gesteine fand, zerstreut als Findlinge umherliegend, welche nicht entfernte Aehnlichkeit mit den dort anstehenden hatten. Ich nahm einige auf und ging weiter. Neue Seltenheiten, sich mehr und mehr häufend! Laven, Granite, Dolerite und Porphyre aller Art und mitten unter ihnen Sandsteine und Kalkgebilde, friedliche Kinder des Neptun unter jenen feuererzeugten Söhnen der Unterwelt. Schon begann ich an einer Theorie zu arbeiten, als ich der Spur jener Raritäten folgend, endlich an eine Stelle kam, wo eine ganze Halde der fabelhaften Formen aufgethürmt lag.

      Ich frug eine alte Frau, welche dort in der Sonne liegend ihre Cigarre rauchte, woher die Steine, denn mir war wohl bekannt, daß alte Weiber Vieles wissen, und ich erhielt die Antwort: »von den Schiffen!«

      Das Räthsel war gelöst. Es war dort die Stelle, wo die Schiffer, vielleicht so lange der Hafen bestand, ihren Ballast löschten und auch wieder aufnahmen, und so war es nicht zu verwundern, daß dort sich die bunteste Musterkarte von Gesteinen vorfand, welche unschätzbar gewesen wäre für den Geognosten, hätten die Matrosen nicht vergessen die Fundorte auf den Exemplaren zu bemerken.

      Der ganze landschaftliche Charakter des Hafens von Corral und seiner Umgebung ergiebt sich am besten aus einigen Excursionen, von welchen ich sogleich unten berichten muß, nur will ich hier noch des Blickes auf den 60 Stunden weit entfernten Vulkan von Villarica erwähnen, welcher bei heiterem Wetter als eine glänzende weiße Pyramide zu sehen ist, wenn man nur irgendwie einen halbweg erhöhten Standpunkt gewählt hat.

      Ohne Zweifel ist dieser Vulkan einer der höchsten in der ganzen Kette der Anden und die trigonometrischen Messungen, welche in neuerer Zeit von Engländern angestellt worden sind, haben hohe Zahlen ergeben, welche ich aber nicht anführen will, da mir bestimmte Angaben über jene Untersuchungen bis jetzt noch fehlen. Der Vulkan ist noch thätig und von Zeit zu Zeit steigen von seinem Gipfel Rauchsäulen in die Höhe, welche vom Hafen aus gesehen werden können.

      Einer meiner ersten Besuche galt einem Deutschen, Ernst Fricke, einem sehr gebildeten und tüchtigen jungen Manne, welcher dort eine Sägemühle besitzt. Zur Zeit meines Aufenthaltes war seine Wohnung, wenn gleich bequem und die Sägemühle gut construirt, doch nicht ohne den Reiz des romantischen Ansiedlerlebens. Ein älterer Bruder von Fricke, dessen Bekanntschaft ich einige Tage später machte, wohnt auf der Isla del Rey. Ich bin von den Brüdern auf das Freundlichste aufgenommen worden und es war mir ihre Bekanntschaft von großem Nutzen, da beide mehrfache Reisen in's Innere gemacht hatten und schätzbare Notizen über das Land mittheilten.

      Auch auf der Insel Manzera wohnte ein Deutscher, welcher indessen dort nicht stabil war, sondern als Verwalter eines anderen Landsmannes später in's Innere abzugehen die Absicht hatte. Ich kam mit den eingebornen Bewohnern von Corral weniger in Berührung, doch machte ich die Bekanntschaft zweier liebenswürdigen Damen, der Gattin und Schwiegermutter des älteren Fricke, welche zur Zeit dort wohnten.

      Am zweiten Tage unseres Aufenthaltes im Hafen fuhr ich zu Boote mit dem Kapitain nach Valdivia, welches die Hauptstadt der Provinz ist, und etwa drei oder vier Stunden vom Hafen entfernt liegt. Die mit Urwald bedeckten Ufer des Flusses gewährten einen prachtvollen Anblick, und entsprachen den Schilderungen, welche man vom Innern Nordamerika's entworfen hat. Dichtes Gebüsch reicht allenthalben bis an die Oberfläche des Wassers, mächtige Stämme überragen säulenartig das Unterholz und sind nur durch Schlingpflanzen mit demselben verbunden. Die Alerze, der rothe Cederbaum, der bisweilen einen Durchmesser von 15 Fuß erreicht, die Rotheiche, Pellin genannt, Roble, die Buche, dann Ulmen und Lorbeerarten bilden dort, so wie in der Provinz Valdivia überhaupt, vorzüglich den Baumschlag. Zwischen ihnen steht die Quila, ein Rohr, welches gegen oben ein so dichtes Flechtwerk bildet, daß dasselbe bequem einen Mann trägt, und die Colique, ebenfalls eine Bambusce, die eine Höhe von 40 Fuß erreicht, und aus welcher die Indianer ihre gefürchteten, oft 20 Fuß langen Lanzen verfertigen. Ein Hauptschmuck jener Wälder aber sind die kleinen Bäume der mehrfachen Lorbeerarten, die Myrthen, Fuchsien und andere, welche fast alle mit buntfarbigen zierlichen Blüthen geschmückt СКАЧАТЬ



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Bald wird ihn die Axt besiegen; nach Briefen, die ich seither erhalte, erstehen allenthalben in der Bai deutsche Ansiedelungen.