Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer. Andree Richard
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СКАЧАТЬ Katholizismus in Abessinien Sorge trugen. In einer feierlichen Versammlung wurde das alexandrinische Bekenntniß für abgeschafft erklärt und jeder mit dem Bannfluche belegt, der sich der neuen Ordnung nicht fügte.

      Die Herrschaft der Jesuiten ruhte nun schwer auf dem Lande, und vor ihrem Fanatismus blieben nicht einmal die Gräber verschont. Einer der vornehmsten Priester, der sich der neuen Ordnung nicht gefügt hatte, starb und wurde auf dem Kirchhofe begraben; auf Befehl des Erzbischofs Mendez grub man jedoch die Leiche aus und warf sie den Hyänen vor. Diese und ähnliche Handlungen erweckten die Wuth des Volkes aufs neue, und wiederum brach eine Empörung aus, diesmal mit dem Zwecke, Melea Christos, einen Vetter des Königs, auf den Thron Abessiniens zu erheben. Die zahlreiche Armee des Sosneos wurde nun geschlagen und dieser zu einer Vermittelung zwischen dem alten und neuen Glauben gezwungen. Erzbischof Mendez gestattete, daß die alte Liturgie und die alten Festtage wiedereingeführt, sowie die Feier des Sonnabends neben dem Sonntage geduldet wurde. Mit Ausnahme der Einwohner der Provinz Lasta ergaben sich alle Abessinier hierein; jene aber, die konservativsten unter allen, zogen 20,000 Mann stark den Königlichen entgegen, wurden aber namentlich durch die aus Galla bestehende Reiterei des Sosneos geschlagen, sodaß 8000 tapfere Männer von Lasta mit ihren blutigen Leichen das weite Schlachtfeld deckten. Gegenüber diesem Anblick, bei den verstümmelten Körpern ihrer dahingeopferten Brüder, die für den alten Glauben gefallen waren, erweichte das Herz der Sieger und, den Kronprinzen Fasilides an der Spitze, ging – was wol einzig in der Kriegsgeschichte dastehen dürfte – der Sieger zu dem Besiegten über, dessen Sache zur seinigen machend und den König Sosneos zwingend, zur Religion der Väter zurückzukehren. Nach diesem Siege, der zur Niederlage des Katholizismus wurde, durchzog ein Herold das Land, welcher laut verkündigte: „Hört, hört! Früher haben wir euch den römischen Glauben empfohlen, in der Meinung, daß er der wahre sei. Da aber große Scharen unserer Unterthanen für den alten Glauben ihrer Väter das Leben geopfert haben, so soll auch die freie Ausübung desselben wieder gestattet sein. Eure Priester mögen ihre Kirchen wieder in Besitz nehmen und darin dem Gott ihrer Väter dienen.“

      Damit war der Untergang des Katholizismus besiegelt; laut jubelnd strömten die Abessinier in die alten Gotteshäuser, und als im Jahre 1632, nach dem Tode des Königs Sosneos, dessen Sohn Fasilides an die Regierung kam, waren auch die Stunden der Jesuitenväter gezählt. Sie wurden zunächst in das Kloster Mai Goga bei Adoa verbannt, flüchteten aber von hier vor den Verfolgungen des Pöbels. Mendez selbst gerieth auf der Flucht zu Sauakin in die Sklaverei und statt seiner nahm wieder ein Abuna aus Alexandrien den höchsten Kirchensitz zu Gondar ein. Ist auch die Invasion der Portugiesen, die Herrschaft der Jesuiten über das Land nicht ohne Einfluß in kulturhistorischer Beziehung geblieben, so wurde doch ein guter Theil des Volks und Reiches in den inneren Zwisten dem Ruin zugeführt.

      In der folgenden Periode regierten bis 1753 acht Könige, mehr oder minder kräftig, die aber alle nicht hindern konnten, daß die Macht der Häuptlinge wuchs, die Herrscherwürde im Ansehen immer mehr sank und das Reich sich unaufhaltsam in seine Theile auflöste, sodaß allmälig die drei Staaten Amhara in der Mitte, Tigrié im Norden, Schoa im Süden sich unter eigenen Fürsten herausbildeten, die den ohnmächtigen König im Palaste zu Gondar nur dem Scheine nach anerkannten. Unter König Joas (1753–1769) hatte der Statthalter von Tigrié, der furchtbare Ras Michael, als eine Art von Major Domus die ganze Macht an sich gerissen, den Kaiser umbringen lassen und dessen bejahrten Großoheim, Johannes, gleich einer Puppe auf den Thron erhoben, und als dieser fünf Monate später starb, dessen jungen Sohn Tekla Haimanot II. zu seinem Nachfolger ernannt. Jene Zeiten, die uns Bruce mit großer Anschaulichkeit als Augenzeuge schildert, bilden eines der blutigsten Blätter in der Geschichte Abessiniens.

      Sturz und Erhebung, Bürgerkrieg und Mord wechseln miteinander ab und die Menge der auftretenden Namen, der unzufriedenen Häuptlinge, der ermordeten Statthalter ist geradezu verwirrend. Durch stete Treulosigkeit suchten sich die abessinischen Häuptlinge gegenseitig zu überlisten, wobei ihnen meist eheliche Verbindungen als Deckmantel dienten, um das unglückliche Land fortwährenden Verheerungskriegen preiszugeben, welche stets nur zur Befriedigung des individuellen Ehrgeizes, niemals aber im Interesse des Reiches geführt wurden. Durch so viele Veränderungen und durch die beständigen Bürgerkriege war die Herrschermacht so in Verfall gerathen, daß das Königthum nur noch in dem Palaste des jeweiligen Königs zu Gondar thatsächlich bestand, außerhalb desselben aber so wenig, daß die meisten der nominellen Unterthanen nicht einmal den Namen des Herrschers kannten. Die Existenz des Königs war nur eine Aegide für den Ras oder Protektor des Reiches, der nur durch Erhebung eines Königs auf seinen Thron und durch Beschützung desselben seine eigene Würde erhielt, sonst aber ganz nach seinem eigenen und seiner Großen Gutdünken schaltete. Unter ihm standen die vielen Reichsvasallen, die Provinzial-Gouverneure, deren Würde erblich ist, die aber ebenfalls so viel Unabhängigkeit zu erstreben suchten, als sie nur konnten. Jeder Gouverneur war verpflichtet, bei militärischen Expeditionen seinem Obern mit so vielen Soldaten zu Hülfe zu eilen, als er selbst unterhalten konnte, und sein bürgerlicher Rang im abessinischen Staatskörper wurde nach der Stelle bestimmt, die ihm im Heere, d. h. im königlichen Lager und auf dem Marsche angewiesen wurde.

      Vorzüglich aber hatten diese Statthalter das Recht sich angemaßt, Gegenkaiser zu ernennen und die ihnen mißfälligen Thronbesitzer zur Abdankung zu zwingen. Da sie überdies noch die Tributzahlungen einstellten, wurde das Ansehen und die Macht der Könige so herabgewürdigt, daß sich das Einkommen derselben zu Anfang unseres Jahrhunderts auf dreihundert Thaler belief. Welche Civilliste für einen Herrscher Aethiopiens! Um sich aber von der Wandelbarkeit der abessinischen Königswürde eine rechte Vorstellung machen zu können, sei hier bemerkt, daß seit dem Abdanken des Königs Tekla Haimanot II. (1778) bis zum Jahre 1833 vierzehn verschiedene Fürsten zweiundzwanzigmal als Könige in Gondar auf dem Throne gesessen haben. Ein Nebenstück hierzu finden wir allerdings in den sogenannten Republiken Südamerika’s, wo der Präsidentenstuhl nicht minder häufig wechselt.

      Nachdem der erwähnte Ras Michael durch den Statthalter der Provinz Lasta, Wend Bowosen, am 4. Juni 1771 besiegt und gefangen worden war, bemächtigte sich der Befehlshaber von Tembién, Kefla Jesus, der Provinz Tigrié. Derselbe bat, um sich in seinem Besitzthum möglichst zu befestigen, seinen Verbündeten, den Wend Bowosen, ihren gemeinschaftlichen Gegner, den furchtbaren Ras Michael, der zu Dobuko gefangen saß, aus der Welt zu schaffen; allein jener that das Gegentheil: er setzte den Gefangenen in Freiheit und machte ihn mit dem Plane des Kefla Jesus bekannt. Ergrimmt zog nun der alte tapfere Ras Michael mit wenigem Gefolge nach Tigrié, und fast die ganze Armee seines Gegners Kefla Jesus ging zu ihm, ihrem alten General, unter dem sie so oft gesiegt hatte, über. Jener wurde hierauf gefangen und von Ras Michael 1772 aufs grausamste ums Leben gebracht, der auch bis zu seinem 1779 erfolgten Tode über Tigrié herrschte und seinen Sohn Ras Walda Selassié zum Nachfolger erhielt; dieser Fürst, welcher aus den Erzählungen der englischen Reisenden Salt und Pearce bekannt geworden ist, regierte, wiewol keineswegs ungestört, bis zum Mai 1816 über Tigrié; nach seinem Tode war das Land sechs Jahre in einem höchst anarchischen Zustande, indem nicht weniger als vier Häuptlinge nacheinander um die Obergewalt kämpften. Im Jahre 1822 gelang es Sabagadis, dem Statthalter der Provinz Agamié, sich in der Obergewalt zu befestigen und über acht Jahre lang in Tigrié zu regieren. Er soll damals den kühnen Gedanken gefaßt haben, sich die Alleinherrschaft in Abessinien zu erringen, wozu er wahrscheinlich durch verschiedene bei ihm befindliche Europäer veranlaßt wurde. Allein auch er theilte das Schicksal seiner Vorgänger und erhielt in Ubié, einem talentvollen, kühnen und grausamen Manne, einen noch weit bedeutenderen Nachfolger. Ubié war der Schwiegersohn des Sabagadis und Detschasmatsch der gebirgigen Provinz Semién; das hinderte aber den Schwiegervater nicht, gegen ihn, dessen aufstrebende Macht er fürchtete, zu intriguiren. Vereinigt mit Ras Maria, dem Befehlshaber der Provinzen Begemeder und Dembea, rückte nun Ubié an den Takazzié, schlug dort am 15. Februar 1831 seinen Schwiegervater Sabagadis vollständig und ließ ihn am folgenden Tage hinrichten. Während nun Ubié von den Großen zu Axum als Herr Tigrié’s ausgerufen wurde, kämpfte der ältere Sohn des Sabagadis, Walda Michael, gegen ihn fort, doch ohne Erfolg; er wurde gleichfalls getödtet, und auch der zweite Sohn, Kassai, mußte sich Ubié ergeben. Aber Kassai blieb nicht treu, sondern versuchte abermals zu rebelliren. Um ihn fester an sich zu knüpfen, СКАЧАТЬ