Die Falkner vom Falkenhof. Erster Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia
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      »Ah – die Señora!« rief sie, die peinliche Scene endend und auf die noch in dem Thürrahmen stehende Sängerin zuschreitend. Die übrigen erhoben und verbeugten sich, als ihre Namen vorstellend genannt wurden, und Donna Dolores nahm auf dem leeren Sessel zwischen dem Professor und Keppler Platz – Falkner saß ihr gegenüber.

      »Vor allem Pardon, daß ich so spät komme,« sagte sie mit einem reizenden Lächeln, das ihre wunderschönen Züge noch verschönte, »aber ich mußte ja erst die Garderobe wechseln –«

      »Die Satanella aus- und das Gewand gewöhnlicher Sterblicher anziehen,« scherzte der Professor.

      »Als ob ich diese Satansfarbe je ablegen könnte!« erwiderte sie und strich mit der schlanken weißen Hand über ihr jetzt hochaufgestecktes Haar. Dabei irrte ihr Blick über den Tisch und traf den des Legationsrates.

      »Wie Sie nur so sprechen können, Señora,« sagte Keppler und betrachtete die Sängerin mit entzücktem Künstlerblick, »oder sollten Sie in der That nicht wissen, welch kostbaren Schmuck Sie auf dem Haupte tragen?«

      »Mein Haar,« lachte sie. »Ach, das ist eine Künstlerlaune. Gewöhnliche Sterbliche nennen es Rot.«

      »Ich wußte nicht, daß auch in Spanien unser germanisches Blond üblich ist,« bemerkte Frau Balthasar.

      »O, ich bin ja zur Hälfte eine Deutsche,« erwiderte Donna Dolores mit ihrem reinen, aber doch fremdartigen Dialekt, »und ich betrachte Deutschland als meine Heimat, wenn auch die Sonne hier weniger sengend strahlt als in Brasilien.«

      »O ja, bedeutend kühler,« sagte Professor Balthasar fröstelnd. »Wir Nordländer sind ein eignes Volk – uns ist nur wohl, wenn uns das Eis bis ans Herz steigt. Das südliche Feuer, das andere durchglüht, stößt uns ab, wenn es uns berührt.«

      »Ja, wenn es Gift und Dolch, Vendetta und Lava sprüht,« warf Falkner ein.

      Wieder traf ihn ein Blick aus den dunklen Augen der Sängerin, und wieder mußte er sich widerstrebend eingestehen, daß diese Augen außerhalb der Bühne einen ganz anderen Ausdruck hatten, einen freien, stolzen und dennoch weichen Ausdruck.

      Der Thee war beendet, und der kleine Kreis erhob sich, um entweder an die bücherbeladenen Tische zu treten oder eine jener Mappen zu durchblättern, welche in großen Gestellen an der Wand standen und kostbare Skizzen und Stiche enthielten.

      Donna Dolores setzte sich in ein Fauteuil und blätterte in einer dieser Mappen, indem sie lächelnd auf Keppler hörte, der sie um den Vorzug bat, sie als »Satanella« malen zu dürfen.

      »Denn,« meinte er, »mir läßt's keine Ruhe, bis ich das Problem der Farbe gelöst, das Sie, Donna Falconieros, uns heut' Abend vorgezaubert haben. Diese wunderbare, köstliche Wirkung von Rot in Rot – ich hatte mir nie eine solche Kühnheit geträumt. Und, was die Hauptsache war – sie wirkte ästhetisch.«

      »Meine Kühnheit ist durch Ihren Ausspruch absolviert,« entgegnete Donna Dolores, »denn offen gesagt, mir bangte fast, als ich heut' Abend in der Garderobe das scharlachrote Kleid anlegte und mein Haar auflöste. Und als dann gar die roten Flammen entzündet wurden und um mich lohten, da glaubte ich mich dem Urteil der Verdammung, der Ausschließung aus der Zunft der Künstler geliefert zu haben.«

      »Es war ein herrlicher Anblick, diese letzte Scene der ›Satanella‹,« rief Keppler, »eine Scene, wie sie das Auge des Malers zu sehen sich ersehnt. Rot in Rot – Flammen und Gold – ich kann den Gedanken daran noch nicht loswerden und werde eher keine Ruhe finden, bis ich die Farben auf meiner Palette habe.«

      Dolores sagte zu, dem Maler einige Sitzungen zu gewähren, und fuhr dabei fort, den Inhalt der Mappe zu durchmustern. Plötzlich stieß sie einen leisen Schrei aus und sah erblassend auf eine Farbenskizze, eine kleine Landschaft mit prächtigen, dunklen alten Eichen und Ulmen, zwischen denen ein altes im Karree gebautes Haus hervorsah mit Säulengängen rings herum, die vier Ecken flankiert von ebensoviel hohen, erkerbeklebten, epheuumwucherten Türmen. Auf einem derselben wehte eine grün-weiße, schachbrettartige Flagge und deutete an, daß dieses alte, graue Haus kein Kloster sei, wie es auf den ersten Blick den Anschein hatte.

      Donna Dolores sah lange auf diese Skizze – ihre blassen Wangen waren noch blässer geworden und es schien, als scheute sie sich zu sprechen. Keppler sah über ihre Schulter hinweg auf das Blatt.

      »Ah, das ist der Falkenhof,« sagte er. »Nicht wahr, ein malerischer Fleck Erde. Und Legationsrat von Falkner ist der glückliche Erbe desselben.«

      »So –?« sagte Donna Dolores mit eigentümlichem Ausdruck, indem sie hinübersah zu dem Genannten, der mit dem Professor in eifrigem Gespräche stand. Seine rücksichtslosen Worte über sie und ihre Leistung auf der Bühne, die sie vorhin mit angehört, hatten sie nicht so tief getroffen, wie man vermuten mußte, aber sie hatten doch eine kleine Wunde hinterlassen. Von diesem Augenblicke aber, als sie hinübersah nach dem Erben des Falkenhofes, und sein Blick wiederum über sie hinwegflog, kalt, fast verächtlich, da wußte sie's, das dieser Mann dort ihr Feind sei, oder werden mußte.

      »Ein kleines Eden, dieser Falkenhof,« sagte Keppler, auf das Bild deutend, »und doch wiederum der Hintergrund für einen Kampf aus der Zeit der Bilderstürmer. Balthasar hat eines seiner berühmtesten Bilder nach dieser Skizze geschaffen, die er an Ort und Stelle mit Bewilligung der jetzigen Herren aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit machte er die Bekanntschaft Falkners.«

      »Des Erben vom Falkenhofe,« wiederholte Dolores leise wie für sich.

      »Ein Mann von Geist und Wissen,« fügte Keppler ebenfalls leise hinzu, »aber mitunter absprechend und kalt bis zur Rücksichtslosigkeit. Balthasar ist so ziemlich der einzige Künstler, dessen Salon er besucht –«

      »Also exklusiv und hochmütig ist er demnach,« fiel Dolores dem Maler ins Wort.

      »Man ist versucht, es manchmal so zu nennen,« sagte dieser achselzuckend, »Falkner liebt wohl die Kunst und erkennt das Genie rückhaltlos an, aber er mag nichts oder wenig von den Künstlern wissen.«

      »Also doch Hochmut,« warf Dolores ein.

      »Vielleicht, Señora. Aber er geht den Künstlern wenigstens nicht aus dem Wege, während er eine ausgesprochene Abneigung gegen –«

      Keppler stockte.

      »Nun?« fragte die Sängerin ruhig, »warum vollenden Sie nicht: während er eine ausgesprochene Abneigung gegen die Künstlerinnen hat.«

      »Señora –« sagte der Maler halb lachend, halb verlegen.

      »Warum nicht aussprechen, was der Betreffende so zur Schau trägt?« sagte sie achselzuckend, leicht, indem sie die Skizze fortlegte. Aber dabei entstieg ein tiefer Atemzug fast wie ein Seufzer ihrer Brust.

      Sie erhob sich und nahm ihre Handschuhe.

      »Wie, Sie wollen schon gehen, Señora?« rief der Professor und eilte auf sie zu.

      »Es ist spät, und ich bin müde,« erwiderte sie freundlich. »Die Partie der heutigen Oper war anstrengend. Es ist gar nicht so leicht, eine ›Teufelin‹ zu spielen,« setzte sie lächelnd, fast schalkhaft hinzu.

      »O Señora, singen Sie uns noch ein Lied, ein kleines Lied nur,« bat Frau Balthasar und geleitete Dolores zu dem offenen Flügel.

      Donna Dolores zögerte einen Augenblick, dann setzte sie sich an das Instrument und ließ die Hände präludierend über die Tasten gleiten. Und sie СКАЧАТЬ