Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia
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Читать онлайн книгу Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band. - von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia страница 12

СКАЧАТЬ fügte aber gleich in anderem Tone hinzu: »Und werden Sie kommen, in Monrepos zu gratulieren?«

      »Ich komme heut' noch,« versprach sie, und als sie ihm dann die Hand reichte, sagte er:

      »Also unser Bündnis gilt von heut' an? Denn ich habe Ihr Versprechen des Vergebens und – des Vergessens.«

      »Ja,« antwortete sie, ihm frei ins Auge sehend: »Alle Falken ehrlich!«

      Und Falkner ging, aber nicht so leichten Herzens, wie er gedacht hatte. Er wußte, sie würde ihr Versprechen halten; das war ihm ein wahrhaft freudiges Gefühl, als hätte er dadurch etwas Dunkles, Schweres abgestreift, das ihn befleckt hatte, und er fühlte sich frei und erfrischt. Aber das Weh im tiefsten Herzen – das Weh war zurückgeblieben, und am liebsten wäre er umgekehrt auf der Treppe und wäre wieder vor sie hingetreten und hätte gesagt: »Dolores, wir sind das Edelfalkenpaar, das letzte! Wann werden wir uns finden?« – Aber er durfte nicht mehr, seine Ehre war verpflichtet, sein Wort gegeben. »Arme Lolo!« dachte er. »Aber du sollst nicht leiden darunter, denn nun, da sie vergeben und vergessen hat, werd' ich dir leichteren Herzens so viel Glück geben, wie mir übrig geblieben ist.« – Und während er nicht ohne Rührung der rückhaltlosen Liebe des Fürstenkindes für ihn gedachte, war es sein heißer Wunsch, das kleine, elfengleiche Wesen wirklich glücklich zu machen.

      Am Fuß der Treppe begegnete ihm »zufällig« sein Stiefvater.

      »Ei der Tausend! Das war ja ein langer Besuch – wenn das durchlauchtige Bräutchen dadurch nur nicht eifersüchtig gemacht wird,« sagte Doktor Ruß scherzend.

      »Das könnte passieren, wenn du es ihr in geschickter Weise plausibel machst,« gab Falkner gereizt zurück, denn der zweite Gatte seiner Mutter machte ihn nervös. Er ärgerte sich selbst stets darüber, aber immer wieder brach die unsägliche Antipathie durch.

      Doktor Ruß lachte leise vor sich hin, wie er's gleichfalls unabwendlich gewohnt war, wenn sein Stiefsohn unter seinen Worten wie ein gestochenes Roß sich emporbäumte. Was aber die Worte nicht thaten, vollendete dann dieses Lachen – wütend ließ Falkner den Doktor stehen und ging zu seiner Mutter, um ihr Lebewohl zu sagen.

      »Meine Braut wird zu dir kommen mit Fräulein von Drusen,« sagte er ihr, und über die blassen, käsigen Züge der Frau Ruß flog ein Rot des Stolzes, und die kalten Augen blitzten triumphierend und fast zärtlich zu dem Sohne hinüber.

      »Ich freue mich so sehr,« sagte sie im heftigsten Stricken, »besonders aber, weil du den Rotkopf nicht hast zu heiraten brauchen.«

      »Ist Dolores dir so unsympathisch?« fragte er erstaunt.

      »Ich kann sie nicht leiden,« stieß Frau Ruß hervor. »Ich habe sie schon als Kind nicht gemocht, den wilden, ungezogenen Balg. Und daß Ruß wieder versprochen hat, bis zum Herbst hier zu bleiben, ist mir gar nicht recht. Aber was ist da zu machen – er will eben!«

      Falkner konnte sich's schon denken, warum »er« wollte, denn er wußte es so gut wie jener, daß sich hier besser und bequemer die gesuchte Professur erwarten ließe. Aber er überging dies Thema wohlweislich, denn einmal hatte seiner Mutter langer Aufenthalt das Peinliche für ihn verloren, und dann war es sein Grundsatz, die Wege des Doktor Ruß so wenig wie möglich zu kreuzen.

      »Dolores ist aber eigentlich sehr nett dir gegenüber,« sagte er deshalb nur. »Ich begreife deine Abneigung nicht.«

      Frau Ruß ließ den Strickstrumpf sinken, sah sich um, ob niemand Unberufenes in der Nähe war, überzeugte sich auch, daß ihr Gatte draußen immer noch vor einer seltenen Zierpflanze stand, und sagte dann flüsternd:

      »Ich bin eifersüchtig auf sie, Alfred!«

      »Aber Mutter –«

      »Eifersüchtig, sage ich dir,« fuhr sie leidenschaftlich fort. »Freilich, noch weiß ich's nicht gewiß, ob sie ihn verführen will, oder ob er Feuer gefangen hat an den roten Satanshaaren. Aber so oder so – sie stört meinen Frieden!«

      »Da kannst du ruhig sein, Mutter – sie wird deinen Frieden nicht antasten,« entgegnete Falkner, warm für Dolores eintretend und zugleich voll Mitleid für die arme Frau, die sich das elende Leben, das sie führte, selbst noch zu verbittern versuchte in der schlimmsten Weise.

      Hinten herum, um Doktor Ruß nicht noch einmal zu begegnen, ging er nach Monrepos zurück, und Ekel erfaßte ihn bei dem Gedanken, daß das Herz seines Stiefvaters wirklich schneller schlagen könnte für seine Gastfreundin. Und dann mußte er lachen, als er der anderen Version seiner Mutter gedachte. Vor einem Monat hätte er vielleicht noch daran geglaubt und die Achseln dazu gezuckt, aber heute konnte er darüber lachen, gottlob.

      Wohin aber mit seiner Mutter, wenn der Aufenthalt im Falkenhofe endlich einmal zu Ende ging? Sie zu sich nehmen? Gern, obwohl er und sie sich nicht verstanden, nie verstanden hatten. Aber das hätte ihn nicht zum Gegenteil bestimmt. Doch mit ihrem Gatten sie aufnehmen – nun und nimmermehr! Und Falkner überlegte, wo er darauf wirken konnte, daß Ruß eine unabhängige Stellung irgendwo erhielt, die ihm eine anständige Subsistenz für seine Frau ermöglichte und deren Lebensstellung nicht herabdrückte zur Unerträglichkeit für die stolze Frau.

      Als er nach Monrepos kam, sah er den Herzog im Gartenkostüm, mit einer Riesenschere bewaffnet, den Hut im Genick, vor seiner jüngsten Tochter stehen, welche auf einem niedrigen Gartenstuhle mehr lag als saß, das Gesicht mit beiden Händen verhüllt hatte, anscheinend weinend, und von Zeit zu Zeit den Fußboden mit den niedlich bekleideten Füßchen stampfte und schlug. Erstaunt blieb er einen Augenblick an der Pforte stehen – was war da vorgegangen?

      »Höre, Lolo,« hörte er den Herzog sagen, »das ist eine Unvernunft!«

      Die Antwort schien nur erneutes Schluchzen zu sein.

      Anscheinend ratlos schnappte der hohe Herr ein paarmal mit der Gartenschere in die leere Luft.

      »Und außerdem blamierst du dich vor den anderen und machst dich vor den Dienstboten lächerlich,« fuhr er fort, und als ihm darauf ein leiser Schrei, etwa wie ungezogene Kinder zu schreien pflegen, antwortete, da sagte er ganz ärgerlich: »Wo hat denn nur der Kuckuck diesen Falkner?«

      »Hier, Hoheit,« antwortete der vom Gitter her, das er nun hinter sich schloß und der Gruppe zuschritt. Seine Stimme aber gab nur das Signal zu einem Schrei- und Weinkonzert, welches nun bei Prinzeß Lolo unaufhaltsam losbrach und zwar mit einer Vehemenz, daß der Herzog sich die Stirn zu trocknen begann und Falkner nicht wußte, ob er stehen bleiben oder vorwärts gehen sollte. Als er letzterem denn doch den Vorzug gab, neben die Prinzeß trat, den Arm um ihre Schultern legte und leise sagte: »Lolo! Ich bin hier,« da sprang sie empor, ballte die niedlichen Fäustchen und stampfte wütend den Boden.

      »Du kannst bleiben, wo du warst! Wohl bei ihr, der rotköpfigen Komödiantin! Mich so warten zu lassen – und am ersten Tage unserer Verlobung – geh'. Ich mag dich nicht mehr sehen!«

      Ganz erstaunt hatte Falkner diesen Ausbruch über sich ergehen lassen – jetzt zog er ruhig die Uhr hervor.

      »Als ich heut' früh nach dem Falkenhofe fortging, sagte mir Lolos Kammerfrau, daß Durchlaucht vor zwölf Uhr mittags niemals draußen erschienen und zu sprechen sei. Es ist jetzt zehn Minuten vor zwölf Uhr,« sagte er.

      »Das ist nicht wahr! Es ist mindestens zwei Uhr! Ihr habt die Uhren zurückgestellt, um mich zu täuschen!« tobte das Prinzeßchen weiter, aber nicht mehr so heftig als vorher.

      »Kommen Sie, Falkner,« rief der Herzog, dessen Geduld entschieden zu Ende zu gehen schien. СКАЧАТЬ