Die Ahnen. Gustav Freytag
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Ahnen - Gustav Freytag страница 12

Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ wenn ein wegemüder Mann, dessen Name niemand gehört hat, an unserer Bank niedersitzt; der aber jetzt gekommen, ist ein ruchbarer Krieger, ein Römerfeind. Wir kennen nicht des Königs Sinn, ob ihm der Fremde nütze oder schade, und ob er, der des Volkes Frieden bedenkt, unser Gastrecht lobe oder schelte.«

      Da erhob sich Turibert, der Opferpriester, der zur Rechten des Fürsten saß, und begann mit lauter Stimme, die mächtig unter dem Balkendach tönte: »Du fragst, ob der König uns huldreich zunicken wird oder sein Antlitz zornig abwenden? Ich schelte deine Sorge nicht, mancher fragt ja, wie der Hase läuft und was der Uhu schreit. Ich aber künde euch, was Männern kundbar ist auch ohne Vorzeichen. Die Menschengötter haben uns als Gesetz geweiht, daß wir dem schuldlosen Fremdling Erde gönnen und Wasser, Luft und Licht. Zürnt der König, weil wir uns ehrlich halten gegen einen Bittenden, wir müssen‘s tragen, denn schwerer ist der Götter Zorn als Königs Grimm. Ist jener Mann euch Feind, weil er Römer fällte, so löscht sogleich die Herdflamme, an der er niedersitzt, und führt ihn aufwärts über den Grenzwald. Doch daß er vielleicht leidig werden könnte, vielleicht auch nicht, das zu bedenken ist nicht Landesbrauch und nicht Befehl der Götter.«

      »Hört auf sein Wort«, begann aufs neue Isanbart. »Ich sah meine Söhne fallen im Schlachtendrang, auch meine Enkel sind geschwunden von der Männererde, ich weiß nicht, warum ich zurückgeblieben bin in dem Kampf zwischen Nacht und Tag, zwischen Sommer und Winter und zwischen Liebe und Zorn in den Seelen der Männer. Vielleicht aber bewahrten mich die Gewaltigen hier, damit ich den Jüngeren Bericht gebe von dem Schicksal ihrer Väter. In der Vorzeit, so sagten mir die Alten, bauten alle Thüringe auf ihren Fluren als freie Männer, in Eidgenossenschaft der Gaue. Aber Zwietracht kam in das Volk, die in den Nordgauen kämpften sieglos gegen das Messer der Sachsen. Da kürten die Nordgaue sich einen König, sie richteten den hohen Stuhl auf und legten die Stirnbinde um das Haupt eines Helden, dessen Kriegsruhm kundbar war. Und ein Herrengeschlecht wurde mächtig, es baute aus dem Gestein der Ebene sich eine Steinburg und sammelte Krieger des Volkes in den Mauern. Unsere Vorfahren aber, die Waldmänner, saßen unbotmäßig auf dem Erbe der Väter, unduldsam gegen die Königsherrschaft. Lange währte der Streit unseres Gaues mit den Königsmannen. Wenn des Königs Schar gegen unseren Grenzzaun zog, dann trieben wir die Herden in den Laubwald und sahen finster zu, wie die Talleute unsere Höfe in Flammen setzten. Wir sammelten uns hinter dem Verhau und zählten die Tage, bis wir Vergeltung übten an Herden und Kriegern des Königs. Endlich bot der König gütlichen Vergleich. Ich war ein Knabe, als unsere Gauleute zuerst den Nacken beugten vor des Königs roter Binde. Seitdem sandten wir unsere jungen Männer in seine Kriege, dafür zogen die Königsmannen in unsere Reihen, wenn unser Gau mit den Gemeinden der Katten in Krieg geriet. Ungeduldig ertrugen die Könige unsere laue Huldigung, oft haben ihre Boten versucht, unsere Herden zu schätzen und die Garben unseres Ackers zu zählen, mehr als einmal ist bei euren Lebzeiten die Fehde mit den Leuten des Königs entbrannt. Gemeinsamer Vorteil zwang wieder zum Frieden, aber neidisch spähen die Berater des Königs von den Zinnen der Burg nach unserem freien Wald. Jetzt leben wir noch unversehrt; Ring und Gewand kommen aus der Königsburg an die Leiber unserer Edlen und lauter Gruß empfängt unsere Gaugenossen in der Königshalle. Dennoch warne ich, daß wir nicht fügsam uns gewöhnen an Herrendienst, daß wir nicht fragen und König Bisino nicht Antwort sende, daß wir nicht bitten und ein Herr uns Gnade gewähre. Denn jeder Vorwand, die Macht zu zeigen, ist am Königshofe willkommen. Ob den Königsleuten der fremde Mann lieb oder leid sei: wenn wir sie fragen, uns schaffen sie Leid. Fragen wir jetzt wegen des Gastrechtes und erbitten Gewähr, so trägt uns morgen ein Königsbote Befehle zu. Darum deucht mir besser, wir bleiben, so wie wir zuvor gewesen. Den Gast zu befrieden ist unser Hausrecht, nicht Recht des Königs. So sei es geendet. Da ich ein Mann war in der besten Kraft, da ward ich dem Vater unseres Wirtes ein Reisegenosse, ich stand im Kampf an der Schwertseite jenes Helden, dessen Sohn jetzt an unserem Herde harrt. Ein milder Mann, hochmutig und stark war der Vater und ich sehe, der Sohn ist von gleichem Schlag. Als ich den jungen Helden jüngst beim Spiele fand, da wurde wieder Traum aus alter Zeit lebendig, ein Freundesauge sah ich, nicht das eines Fremden, die Hand des Königs, die ich einst in der Fremde berührt, ich hielt sie aufs neue; und darum möchte ich ihm werben die Neigung des Volks, den Sitz an unserer Bank.« Der Greis setzte sich langsam nieder, aber um den Herd scholl lauter Ruf, die Schwerter rasselten in den Scheiden: »Heil Isanbart, Ingo Heil! Wir geben ihm das Gastrecht!« Der Fürst erhob sich und schloß die Beratung: »Ich danke den Freunden und Landgenossen. Was hier verhandelt wurde, sei gesprochen und abgetan, und keiner trage dem anderen Groll nach um verklungenes Wort; denn den Häuptern des Volkes ziemt einmütiger Beschluß, damit im Ring der Landgemeinde nicht Zweifel und Zwist den Frieden störe.«

      Herr Answald ging von Mann zu Mann und nahm von jedem darüber den Handschlag, auch Sintram schlug ein und lächelte vertraulich, als der Fürst ihn ansah. Rothari aber schlug ein, daß es schallte und rief dabei: »Mich freut‘s«, und bei den Worten des rührigen Mannes ging ein Lächeln über die ernsten Gesichter. Der Sprecher öffnete die Tür, und die Helden schritten würdig aus dem Hofe auf die Wiese, wo der Ring der Landgenossen versammelt war. Dort wurde durch Zuruf der Menge dem Fremden das Gastrecht des Volkes erteilt, sie luden ihn in den Ring und geleiteten ihn darauf nach heiligem Brauch zu dem großen Herdkessel des Fürsten. Über dem Kessel sprachen die Häupter des Volkes und Ingo einander den Eidschwur.

      Der Fürst aber begann zu dem Gaste: »Beschworen ist das Bündnis und ein Haus in meinem Hofe wird dir, Held Ingo, bereitet, damit du darin Gemach habest, so lange es dir gefällt. Du selbst aber bestelle dir den Kämmerer; wähle dir unter meinen Bankgenossen einen, welcher dir behagt, nur Hildebrand, den Sprecher, und Theodulf, der selbst von edlem Geschlechte ist, möchte ich ungern entbehren. Die anderen werden jeder für ehrenwert erachten, dir den Treueid in die Hand zu legen und deinen Schritten zu folgen, solange du unter uns weilst, zumal, wenn sie erfahren, daß es mir lieb ist.« Da trat Ingo zu Wolf und sprach: »Der erste warst du, der dem Fremdling an der Landesmark Brot und Salz bot und freundlich hast du seither dich erwiesen. Willst du es wagen, Genosse eines Verbannten zu sein? Keine andere Schatzkammer habe ich als Wald und Heide, wenn der Fürst mir gestattet, dort Beute zu suchen, und die Walstatt mit den Armringen erschlagener Feinde. Einem armen Herrn wirst du folgen und keinen anderen Lohn vermag ich dir zu bieten als guten Sinn und treue Hilfe mit Speer und Schild.« Wolf antwortete: »Lehre mich, o Herr, deine Kunst, in der Feldschlacht zu stehen, dann bin ich sicher, Goldschatz zu erwerben, wenn die Götter mir gestatten, daß ich im Kampfe dauere. Doch laden sie dich zu ihrer Halle, so weiß ich, daß auch mir der Weg ruhmvoll sein wird, auf dem ich dir folge.« Dies sprach er und gelobte sich dem Gaste in seine Hand.

      Auch Theodulf hatte die Versöhnung mit Ingo gesucht. Noch am Abend des Gastmahls, als der Fürst den Helden zum Ehrensitz geleitete, war Sintram mit anderen Männern aus der Freundschaft zu Theodulf getreten. Sie hatten im geheim beraten, wie der Kampf zwischen den Gegnern zu hindern sei, und Theodulf war darauf, gefolgt von seinem Geschlechte, vor Ingo getreten und hatte gesprochen: »Anders wird die Schau über das Land, wenn die Sonne aus den Wolken bricht. So habe auch ich deinen Wert nicht gekannt, da ich Ungünstiges zu dir sprach. Nicht dir galt meine Rede, sondern einem ruhmlosen Mann, der jetzt geschwunden ist; vergiß darum auch du die kränkenden Worte, damit ich nicht der einzige im Saal sei, dem du mit Fug grollst.« Und der Fürst fügte hinzu: »Er spricht gute Worte, keiner von uns wünscht dir noch Übles, Held. Ich selbst begehre für ihn die Versöhnung, denn ich war es, der deinen Namen den Hofgenossen verbarg.« Da antwortete Ingo: »Die Schmähworte vergaß ich, Theodulf, unter dem Liede des Sängers, ungern würde ich noch ferner an die Rache denken.«

      In rotem Goldglanz stieg ein neuer Morgen für Ingo herauf. Aber im Bergwald folgt auf heißen Morgen ein Wettertag, und auch die Wärme der Herzen schwindet schnell im Sturme zorniger Gedanken.

      4. Am Königshofe

      In der Königsburg der Thüringe saß auf hohem Stuhl Gisela, die Königin, sie stützte das Haupt mit dem weißen Arm, und das Lockenhaar fiel ihr unter der Königsbinde über die Hand und deckte ihr die Augen. Zu ihren Füßen legte eine Dienerin das Goldgerät vom Königsmahl in die Truhe zurück und zählte die Stücke, bevor sie die Truhe verschloß und in das Schatzhaus СКАЧАТЬ