Название: Der Verletzte im Sinne des § 172 StPO bei Vermögensdelikten zum Nachteil von Kapitalgesellschaften
Автор: David Albrecht
Издательство: Bookwire
Серия: Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht
isbn: 9783811441590
isbn:
MüKo-AktG-Perlitt Vor § 278 Rn. 29; Baumbach/Hueck-Fastrich § 5a Rn. 7.
Die Terminologie ist diesbezüglich uneinheitlich; s. dazu Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT 2, Rn. 1 ff.
Zur strafrechtlichen Zuordnung von Eigentum bei Kapitalgesellschaften s. Piehl NStZ 2006, 550 ff.; Otto Struktur, S. 153.
Teil 2 Der Verletztenbegriff in § 172 StPO
Inhaltsverzeichnis
A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO
B. Eigene Auslegung des Verletztenbegriffs in § 172 StPO
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Zunächst ist der Begriff des Verletzten i.S.d. § 172 StPO inhaltlich zu bestimmen. Nach einem Überblick über den Stand der dazu vertretenen Auffassungen wird der Begriff anhand der klassischen Methoden ausgelegt.
Teil 2 Der Verletztenbegriff in § 172 StPO › A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO
A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO
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Die Auslegung des Verletztenbegriffs in § 172 StPO ist seit jeher umstritten. Uneinigkeit besteht in erster Linie darüber, welche Abgrenzungskriterien geeignet sind, den Kreis der Klageerzwingungsberechtigten von denjenigen Personen abzugrenzen, die zwar ebenfalls von den Folgen der möglicherweise begangenen Straftat betroffen sind, deren Beeinträchtigung jedoch ein Antragsrecht nach § 172 StPO nicht begründen kann.
Teil 2 Der Verletztenbegriff in § 172 StPO › A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO › I. Beeinträchtigung in einem Recht
I. Beeinträchtigung in einem Recht
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Nach dem weitesten Verständnis des Verletztenbegriffs in § 172 StPO ist derjenige klageerzwingungsbefugt, der durch die Tat, ihre Begehung unterstellt, eine Beeinträchtigung seiner Rechtssphäre erfahren hat.[1] Dabei soll es keinen Unterschied machen, ob dieses betroffene Recht ein strafrechtliches, zivilrechtliches oder öffentlich-rechtliches ist. Es komme allein darauf an, dass es von der Rechtsordnung anerkannt ist, es sich also beispielsweise nicht bloß um Gefühle oder sonstige Befindlichkeiten handelt.[2] Diese Auffassung, die bereits früh Widerspruch erfuhr,[3] wird heute, soweit ersichtlich, nicht mehr vertreten. Grund dafür ist wohl, dass eine solche Definition den Verletztenbegriff konturlos werden ließe. Denn sie hätte zur Folge, dass auch die entferntesten Folgen einer Straftat, durch die ein beliebiges rechtlich geschütztes Interesse beeinträchtigt wird, die Verletzteneigenschaft begründen könnten.[4]
Teil 2 Der Verletztenbegriff in § 172 StPO › A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO › II. Berechtigtes Vergeltungs- oder Genugtuungsinteresse
II. Berechtigtes Vergeltungs- oder Genugtuungsinteresse
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Die weiteste, heute noch vertretene Definition des Verletzten i.S.d. § 172 StPO geht auf Eb. Schmidt zurück. Ihr zufolge ist antragsberechtigt, wer „durch die behauptete strafbare Handlung in seinen berechtigten Interessen so beeinträchtigt ist, dass sein Verlangen nach Strafverfolgung einem als berechtigt anzuerkennenden Vergeltungsbedürfnis entspringt“.[5] Die Existenz eines berechtigten Vergeltungsbedürfnisses soll dabei normativ bestimmt werden. Es komme darauf an, ob „vom Standpunkte vernünftiger Lebenserfahrung aus mit einem nicht nur begreiflichen, sondern auch rechtsethisch durchaus zu billigenden Vergeltungsbedürfnis zu rechnen ist, dass er [der von der Tat Betroffene] die Nichtdurchführung des Verfahrens als eine Beeinträchtigung dessen empfinden darf, was er als Staatsbürger von einer gehörigen Erfüllung der Justizgewährungspflicht erwarten darf“.[6] Die Verletzteneigenschaft bejaht Eb. Schmidt etwa bei Familienangehörigen, die, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, mit dem Opfer eines Tötungsdelikts in enger Lebensgemeinschaft gestanden haben.[7] Gleiches gelte auch für die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, wenn das Gesellschaftsvermögen durch eine Straftat geschädigt wurde.[8] Eine Begründung dafür, warum in diesen Fällen bei den Betroffenen ein „rechtsethisch zu billigendes Vergeltungsbedürfnis“ entstehe, dagegen aber etwa bei den Mitgliedern einer durch Beschimpfung beeinträchtigten Religionsgemeinschaft etwas anderes gelte,[9] gibt Eb. Schmidt allerdings nicht. Seine Definition lässt dementsprechend erheblichen Raum für Wertungen. Auch dies mag ein Grund dafür sein, dass sie gelegentlich in der Rechtsprechung – zum Teil zur Begründung von Ergebnissen, die denjenigen Eb. Schmidts widersprechen – verwendet wurde.[10] Auch einige Stimmen in der Literatur griffen die oben genannte Definition auf.[11]
Teil 2 Der Verletztenbegriff in § 172 StPO › A. Meinungsstand zum Verletztenbegriff in § 172 StPO › III. Straftatbestandlicher Schutzzweck
III. Straftatbestandlicher Schutzzweck
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Nach einer engeren, früher in der Literatur vertretenen Auffassung ist verletzt i.S.d. § 172 StPO ausschließlich derjenige, der durch die behauptete Tat in einem Rechtsgut betroffen ist, das von dem möglicherweise erfüllten Straftatbestand zumindest mit geschützt wird.[12] Die Vertreter dieser Ansicht bestimmten den Schutzbereich der Strafnormen dabei jedoch nicht durchgehend in Übereinstimmung mit dem materiellen Strafrecht, sondern modifizierten ihn in Bezug auf § 172 StPO und fassten ihn tendenziell weiter. Dies offenbarte sich beispielsweise bei den Aussagedelikten (§§ 153 ff. StGB). Diese dienten auch nach damals herrschender Auffassung allein dazu, die Zuverlässigkeit der prozessualen Tatsachenermittlungen, ein Rechtsgut der Allgemeinheit, zu schützen.[13] Ohne diesen Schutzbereich nach dem materiellen Recht in Zweifel zu ziehen, gingen die Vertreter dieser Auffassung im Rahmen des § 172 StPO jedoch davon aus, dass auch diejenige Prozesspartei, deren Verfahrenslage infolge der Falschaussage verschlechtert wurde, vom tatbestandlichen Schutzzweck erfasst werde und daher zur Klageerzwingung berechtigt sei.[14] Entsprechendes sollte etwa für die Tatbestände der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) und der Urkundenfälschung (§ 267 СКАЧАТЬ