Название: Insolvenzstrafrecht
Автор: Gerhard Dannecker
Издательство: Bookwire
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811440494
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Die Ermittlung äußerer (Beweis-)Anzeichen der Zahlungsunfähigkeit erfordert einen erheblichen Aufwand an personellen und sachlichen Ressourcen, wobei auf die Schwierigkeiten bei Prognoseentscheidungen hingewiesen werden muss.[125] Erschwerend kommt hinzu, dass sich Liquiditätsprobleme oftmals erst kurz vor oder sogar erst nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch offenbaren, zu dem die strafrechtlichen Ermittlungen regelmäßig in größerem zeitlichen Abstand stehen.
a) Der insolvenzrechtliche Begriff der drohenden Zahlungsunfähigkeit
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Bei dem Merkmal der drohenden Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 Abs. 2 InsO handelt es sich um einen im Jahre 1999 neu geschaffenen insolvenzrechtlichen Eröffnungsgrund. Nach dem Wortlaut der Vorschrift droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
Antragsberechtigt ist nur der Schuldner selber; eine Antragspflicht besteht hingegen nicht.[126] Die hinter der neuen Regelung stehende Intention des Gesetzgebers war es, dem Schuldner bei einer sich abzeichnenden Insolvenz eine rechtzeitige Antragstellung zu ermöglichen,[127] um so ggf. das Unternehmen erhalten zu können.[128] Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit ist identisch mit dem des § 17 Abs. 2 InsO. Entsprechend sind auch im Rahmen des § 18 Abs. 2 InsO vorübergehende Zahlungsstockungen und geringfügige Liquiditätslücken ohne Relevanz.[129] Das Merkmal des Drohens bedeutet in diesem Kontext nach h.M. die nahe liegende Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit.[130] Dies bedingt wiederum die Notwendigkeit einer Prognose hinsichtlich der zukünftigen Liquidität.
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Schwierigkeiten ergeben sich sowohl hinsichtlich des Prognosezeitraums als auch hinsichtlich der in die Prognose einzustellenden Zahlungsverpflichtungen.[131] Wohl allein unstreitig ist, dass es, genau wie bei § 17 Abs. 2 InsO, um eine Zeitraumilliquidität geht.[132] Nach § 18 Abs. 2 InsO sind die bereits bestehenden Zahlungspflichten des Schuldners zu berücksichtigen, und zwar im Gegensatz zur eingetretenen Überschuldung nach § 17 Abs. 2 InsO auch dann, wenn sie noch nicht fällig sind.
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Der Prognosezeitraum bestimmt sich nach h.M. grds. durch den spätesten Fälligkeitszeitpunkt der zum Feststellungszeitpunkt bestehenden Zahlungspflichten.[133] Allerdings herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass – angesichts der Tatsache, dass Prognosezeiträume von 10 und mehr Jahren wenig sinnvoll erscheinen – in den Fällen, in denen aufgrund langjähriger Zahlungsverpflichtungen, z. B. bei einem Kredit, der Prognosezeitraum auf ein für die Praxis handhabbares Maß reduziert werden muss.[134] Über die genaue Länge des unter diesem Aspekt zu bestimmenden Prognosezeitraums herrscht Uneinigkeit; es werden Zeiträume von wenigen Monaten bis zu drei Jahren für vertretbar gehalten.[135] Andere Autoren möchten die Länge des Prognosezeitraums davon abhängig machen, ob es sich bei dem Unternehmen um eines mit kurz- oder langfristiger Produktion oder auch um ein sog. Saisonunternehmen handelt.[136]
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In diesem Zeitraum voraussichtlich entstehende und fällig werdende Verbindlichkeiten sowie zu erwartende Einnahmen sind im Rahmen der Prognose zu berücksichtigen.[137] Maßgeblich sind also diejenigen Verbindlichkeiten, die bereits beim Merkmal der Zahlungsunfähigkeit zu beachten waren. Zusätzlich müssen infolge der Zeitraumprognose die bereits begründeten, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten mit einbezogen werden, soweit sie innerhalb des relevanten Bewertungszeitraumes fällig werden.[138] Nach der Gesetzesbegründung zu § 18 InsO muss die gesamte Finanzlage des Schuldners in die Prognose einbezogen werden; neben den zu erwartenden Einnahmen sind auch die zukünftigen, noch nicht begründeten Zahlungspflichten zu berücksichtigen.[139]
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Nach § 18 Abs. 2 InsO geht es um die voraussichtliche Unfähigkeit des Schuldners, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ausweislich der Gesetzesbegründung muss also der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher sein als deren Ausbleiben;[140] erforderlich ist eine Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit von über 50 %.[141] Je länger der Prognosezeitraum ist, desto höher muss der Grad der Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit sein.[142] Dabei ist die gesamte finanzielle Entwicklung im Unternehmen zu berücksichtigen. Dies kann im Rahmen eines Finanz- oder Liquiditätsplans geschehen.[143] Auch hier spielen für die praktische Feststellung die kriminalistischen Beweisanzeichen eine nicht zu vernachlässigende Rolle.[144]
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Für die Bestimmung des Beginns der drohenden Zahlungsunfähigkeit können außer den betriebswirtschaftlichen Kriterien der Finanzplanung auch Insolvenzindikatoren herangezogen werden.[145] Diese Indikatoren sind infolge ihrer Unsicherheiten strafrechtlich jedoch nur dann von Bedeutung, wenn sie zu einem eindeutigen Ergebnis führen.[146] In Relation zur konkreten Liquiditätslage können mehr oder weniger sichere Indikatoren sein:
• | der rapide Verfall der Ertragslage bei fehlenden Reserven, |
• | Wechselproteste und Nichteinlösung von Schecks durch die Hausbank, |
• | die Zunahme von Mahnbescheiden und erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen, |
• | Fehlschläge bei Kreditverhandlungen, |
• | (drohende) Kündigung von Bankkrediten, |
• | schleppende Begleichung laufender Verbindlichkeiten zur Aufrechterhaltung des Betriebes (Löhne, Unterhaltungskosten, Zinsen), |
• | Rückstände bei Sozialversicherungsbeiträgen, |
• | zu erwartende hohe Schadensersatzforderungen oder Steuernachforderungen, |
• | Zusammenbruch eines wichtigen Kunden.[147] |
b) Das strafrechtliche СКАЧАТЬ