Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
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II. Die Tathandlung beim Diebstahl: Wegnahme
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Tathandlung des § 242 StGB ist die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache,[91] d.h. der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.[92] Der Tatbestand wird bereits durch die Wegnahme vollendet. Durch das Erfordernis der Wegnahme lässt sich der Diebstahl von einer Zueignung durch bloßes Nehmen und damit der Unterschlagung[93] sowie vom betrügerischen bzw. erpresserischen Sichgebenlassen, also von Betrug und Erpressung abgrenzen. Der Diebstahl entfaltet eine doppelte Schutzwirkung sowohl gegen Eigentums- als auch gegen Gewahrsamsverletzungen, sodass auch der Gewahrsamsinhaber Verletzter sein kann.[94]
a) Allgemeines
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aa) Inhaber des Gewahrsams ist nicht notwendig der Eigentümer, denn Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft einer natürlichen Person, die vom natürlichen Herrschaftswillen getragen ist. Das bedeutet, dass der Gewahrsam einer Person notwendig mit ihrem Tod endet, weshalb der Täter, der das Opfer irrig für tot hält, keinen Vorsatz zum Gewahrsamsbruch hat.[95] Der Gewahrsam ist demnach durch ein objektiv-physisches und ein subjektiv-psychisches Element gekennzeichnet, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung, also den Anschauungen des täglichen Lebens, bestimmt werden.[96] Soweit das BGB Besitz auch ohne tatsächliche Herrschaft kennt, entfalten diese Regelungen beim (autonomen) strafrechtlichen Gewahrsamsbegriff keine Geltung.[97] Zwar hat der Besitzdiener nach § 855 BGB keinen Besitz, dennoch liegt aber strafrechtlicher Mitgewahrsam vor.[98] Der Erbe hat daher vor der tatsächlichen Inbesitznahme zwar nach § 857 BGB Besitz an der Erbschaft, strafrechtlich betrachtet hingegen keinen Gewahrsam. Dies gilt ebenso beim mittelbaren Besitzer nach § 868 BGB.[99]
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bb) Das objektiv-physische Element des Gewahrsams zeichnet sich durch ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über die Sache aus, und bedarf einer faktischen Verfügungsmöglichkeit über die Sache i.S. einer räumlichen Einwirkungsmöglichkeit ohne Hindernisse.[100] Ob der Gewahrsamsinhaber hierbei auch (zivil-)rechtlich über die Sache verfügen darf, ist insoweit nicht relevant;[101] auch der Dieb kann bestohlen werden.[102] Eine nur vorübergehende Lockerung des Gewahrsams ist nicht gleichbedeutend mit einer Aufhebung desselben, da sich das tatsächliche Herrschaftsverhältnis nach der Verkehrsauffassung im Einzelfall bestimmt („faktisch-normativer Gewahrsamsbegriff“[103]).[104] Gewahrsam kann daher auch bei Schlafenden und Bewusstlosen angenommen werden, sowie bei vom Bauern auf dem Feld zurück gelassenen Geräten[105] und dem vom Autofahrer an der Straße geparkten Wagen.[106] An frei herumlaufenden Haustieren besteht Gewahrsam, sofern diese weiterhin die Gewohnheit haben, in ihre alte Umgebung zurück zu kehren.[107] Auch der Ladeninhaber hat an seinen im Außenbereich aufgestellten Waren ebenso Gewahrsam[108] wie der Inhaber einer Wohnung – selbst bei längerer Abwesenheit – an den darin befindlichen Sachen.[109]
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cc) Gewahrsam setzt aber voraus, dass der Gewahrsamsinhaber neben der tatsächlichen Sachherrschaft auch Gewahrsamswillen (subjektiv-psychisches Element) hat.[110] Dieser Wille zur Sachherrschaft setzt zwar kein permanentes Bewusstsein davon voraus, aber zumindest auch die Kenntnis von ihrem Entstandensein.[111] Auch behalten Schlafende,[112] Bewusstlose oder Betrunkene[113] (nach h.M. losgelöst von der Frage, ob sie wieder erwachen und ihren Herrschaftswillen aktualisieren können[114]) ein ausreichendes potentielles Herrschaftsbewusstsein, und auch Kinder oder Geisteskranke können diesen Herrschaftswillen bilden.[115] Eine Konkretisierung des Herrschaftswillens auf jede einzelne Sache ist nicht nötig, es genügt vielmehr ein – nach der Verkehrsanschauung zu bestimmender – genereller Herrschaftswille bzw. antizipierter Herrschaftswille, der sich auf sämtliche Gegenstände in einem räumlichen Bereich erstreckt wie z.B. an allen Postsendungen im eigenen Briefkasten oder an Sachen in eigenen Geschäftsräumen, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an auf Bahnsteigen liegen gelassenen Sachen.[116]
b) Einzelfragen zur Reichweite des Gewahrsams
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aa) Die Reichweite des Gewahrsams ist im Einzelfall schwierig zu bestimmen.[117] So hängt etwa beim Verlust einer Sache das Fortbestehen des Gewahrsams davon ab, ob die Sache außer- oder innerhalb der generellen Herrschaftssphäre abhandengekommen ist.[118] Ist die Sache noch im Herrschaftsbereich des Gewahrsamsinhabers, wie beispielsweise bei innerhalb der eigenen Wohnung verlegten oder versteckten Sachen, so besteht weiterhin Gewahrsam.[119] Erfolgt hingegen der Verlust der Sache außerhalb des räumlich begrenzten Herrschaftsbereichs, etwa auf der Straße oder im Wald, so ist grundsätzlich von einem aufgehobenen Gewahrsam auszugehen. Bei lediglich vergessenen Sachen besteht hingegen der Gewahrsam fort, wenn der Gewahrsamsinhaber noch weiß, wo er die Sache vergessen hat.[120] Maßgebliches Kriterium für den Fortbestand des Gewahrsams ist also grundsätzlich die Kenntnis über den Aufenthaltsort der Sache.[121] Eine Gewahrsamsbegründung darüber hinaus kann erfolgen, wenn die Sache in einem fremden Herrschaftsbereich vergessen oder verloren wurde, wie z.B. an Bahnsteigen, in Gaststätten, im Kino oder Museen. Hier erlangt der jeweilige Inhaber der Räume aufgrund seines generellen Gewahrsamswillens hinsichtlich aller in seiner Herrschaftssphäre befindlichen Gegenstände Gewahrsam.[122]
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bb) Haben mehrere Personen Mitgewahrsam, so ist zwischen gleichrangigem Mitgewahrsam und einem gestuften Über-, Unterordnungsverhältnis zu unterscheiden. Bei gleichrangigem Mitgewahrsam an einer Sache wird jeder Gewahrsamsinhaber gegenüber den übrigen Mitgewahrsamsinhabern geschützt.[123] Daher ist ein Gewahrsamsbruch auch unter den Mitgewahrsamsinhabern untereinander möglich.[124] Gleichrangiger Mitgewahrsam liegt dann vor, wenn mehrere Personen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gemeinsam über eine Sache verfügen können bzw. nur die gemeinsame Verfügung zulässig ist.[125] Typischer Fall sind Ehegatten hinsichtlich den Sachen in der gemeinsamen Wohnung, sofern keine gesonderten Vereinbarungen bestehen. Auch bei einer gemeinschaftlichen Geschäftsführung innerhalb einer Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft entsteht Mitgewahrsam.[126] Ein Alleingewahrsam der Kassenperson liegt hingegen vor, wenn diese allein hierfür verantwortlich ist und auch für Fehlbeträge aufkommen muss bzw. die einzige Person ist, die Zugang zur Kasse hat unabhängig von einem Kontroll- und Weisungsrecht des Dienstherrn. Dieses begründet noch keinen Mitgewahrsam.[127] Auch der Mieter hat grundsätzlich Alleingewahrsam an den in der Wohnung befindlichen Sachen.[128]
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Bei gestuftem (Mit-)Gewahrsam gibt es keinen Gewahrsamsbruch durch den Gewahrsamsinhaber mit СКАЧАТЬ