Название: Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht
Автор: Christoph Herrmann
Издательство: Bookwire
Серия: Schwerpunkte Klausurenkurs
isbn: 9783811484481
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Der Regierung von B geht die Stellungnahme der Kommission zwar am 27.4.2017 zu, doch vergisst sie im Trubel anderer wichtiger gesellschaftspolitischer Themen, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Erst kurz vor der parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli 2017 wird dieses Versäumnis bemerkt und § 19 BJagdG von der Mehrheit des Parlaments aufgehoben. Mangels Kenntnis von der Aufhebung des Gesetzes erhebt die Kommission am 14.7.2017 formgerecht Klage beim Gerichtshof gegen B.
Als man in B von der Klage der Kommission hört, ist die Empörung groß. Insbesondere ist man der Auffassung, dass das für ein Vertragsverletzungsverfahren erforderliche Vorverfahren mangels Reaktion von B auf das Mahnschreiben nicht hätte fortgeführt werden dürfen. Darüber hinaus sei das erforderliche Rechtschutzbedürfnis schon nicht mehr gegeben, nachdem § 19 BJagdG bereits vor der Klageerhebung aufgehoben worden sei. Die Klage der Kommission sei schon allein aus diesem Grund unzulässig. Zudem habe auch ein Verstoß gegen Art. 34 AEUV zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, da Verwendungsverbote nicht unter Art. 34 AEUV fallen würden. Ein bloßes Verwendungsverbot verhindere gerade nicht den grenzüberschreitenden freien Warenverkehr, da nicht der Absatz ausländischer NZGs in B verboten sei, sondern eben nur deren Verwendung bei der Jagd; es stünde daher der Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes nicht entgegen. Aber selbst wenn § 19 BJagdG unter Art. 34 AEUV fallen sollte, sei die verbotene Verwendung von NZGs mit Blick auf die Ruhebedürftigkeit der Tiere, die durch nächtliches Jagen in ihrem Lebensrhythmus beeinträchtigt werden, gerechtfertigt. Nächtliches Jagen widerspreche nämlich dem Grundsatz der Waidgerechtigkeit und missachte den Tierschutz, weil ein tierschutzgerechter Schuss (mit sofortigem Todeseintritt) aufgrund der eingeschränkten Sichtverhältnisse bei Dunkelheit trotz NZG nicht gewährleistet werden könne. Auch bedürfe es eines besonderen Schutzes des Ökosystems „Wald“, da im Falle nächtlicher Jagden die nächtlichen Tierwanderungen zunehmen würden, was Flur- und Waldschäden nur noch verstärke.
Die Kommission hingegen sieht keinen Grund für die Unzulässigkeit der Klage. Aus Art. 260 AEUV ergebe sich, dass ein Rechtsschutzbedürfnis auch trotz Aufhebung der in Rede stehenden mitgliedstaatlichen Maßnahme vor Klageerhebung weiterhin bestehe. Auch widerspricht die Kommission dem Argument, dass der Absatz von NZGs in B nicht beeinträchtigt gewesen sei. Nach ihrer Auffassung hätten Verbote wie in § 19 BJagdG mitunter erhebliche Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel. Jedenfalls sei der freie Marktzugang zu B für EU-ausländische NZGs nicht mehr gegeben. Eine Möglichkeit zur Rechtfertigung des § 19 BJagdG sieht die Kommission nicht, vor allem weil das Ökosystem „Wald“ doch gerade vor einem ausartenden Schwarzwildbestand geschützt werden müsse. Schließlich könne sich B nicht auf allgemeine Sicherheitsbedenken berufen, da die Jagd in B zu unbedeutend sei, als dass sie Auswirkungen auf das einheitliche Sicherheitsniveau in B habe.
§ 19 des boarischen Jagdgesetzes (BJagdG):
„Verboten ist, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, zu verwenden oder zu nutzen.“
In Anlage 1 zum BJgadG sind Nachtzielgeräte definiert als:
„(…) für Schusswaffen bestimmte Vorrichtungen, die eine elektronische Verstärkung oder einen Bildwandler und eine Montageeinrichtung für Schusswaffen besitzen.“
Bearbeitervermerk:
Bereiten Sie in einem umfassenden Gutachten – gegebenenfalls hilfsgutachtlich – die Entscheidung des Gerichtshofs vor. Spezielles, abschließend regelndes Sekundärrecht existiert nicht. Art. 346 AEUV ist nicht zu prüfen.
Fall 2 Wildschweinjagd im Binnenmarkt › Vorüberlegungen
Vorüberlegungen
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In Anbetracht des „offenen“ Bearbeitervermerks ist sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit des Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. 258 AEUV zu prüfen. Die Zulässigkeit verlangt nach den im Sachverhalt angedeuteten Klausurschwerpunkten insbesondere die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Vorverfahrens sowie die Frage des Rechtsschutzschutzbedürfnisses. In der Begründetheit ist zwar „nur“ die Vereinbarkeit des § 19 BJagdG mit Art. 34 AEUV zu prüfen; dabei ergeben sich aus dem Sachverhalt allerdings vor allem zwei Problemschwerpunkte in der Fallbearbeitung: erstens die Untersuchung, ob bzw. inwiefern das vorliegende Verwendungsverbot eine Markzugangsbeschränkung darstellt, und zweitens die ausführliche Diskussion der Rechtfertigung. Das Problem der „Verwendungsmodalitäten“ ist im Rahmen der Keck-Formel bzw. der Dreistufenprüfung des Gerichtshofes zu diskutieren. Hinsichtlich der Rechtfertigung sind sämtliche im Sachverhalt dargelegten Argumente den jeweiligen Prüfungspunkten zuzuordnen und entsprechend zu „verarbeiten“. Ansonsten ist Wert auf eine strukturierte und vollständige Prüfung des Falles zu legen, die auch die nicht schwerpunktmäßig zu behandelnden Prüfungspunkte anspricht.
Fall 2 Wildschweinjagd im Binnenmarkt › Gliederung
Gliederung
128
A. | Zulässigkeit des Vertragsverletzungsverfahrens | |||
I. | Zuständigkeit des Gerichtshofes | |||
II. | Beteiligtenfähigkeit | |||
III. | Klagegegenstand | |||
IV. | Vorverfahren | |||
1. | Mahnschreiben der Kommission an B | |||
2. | Stellungnahme der Kommission vor Klageerhebung | |||
3. | Zwischenergebnis | |||
V. | Form und Frist | |||
VI. | Rechtsschutzbedürfnis | |||
B. | Begründetheit des Vertragsverletzungsverfahrens | |||
I. | Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV | |||
1.
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