Название: Kartellrechtliche Schadensersatzklagen
Автор: Fabian Stancke
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800593392
isbn:
a) Rechtlicher Rahmen
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Eine spezialgesetzliche Regulierung der Prozessfinanzierung existiert in Deutschland nicht und die Finanzierung muss grundsätzlich auch nicht offengelegt werden. Es ist anerkannt, dass der Prozessfinanzierungsvertrag kein Versicherungsvertrag ist.161 Nach herrschender Auffassung ist der Prozessfinanzierungsvertrag ein atypischer Vertrag der als Gesellschaftsvertrag bürgerlichen Rechts eingeordnet wird.162 Allerdings existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu.163 Jedoch hat sich der BGH zu einzelnen Teilaspekten im Zusammenhang mit der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten durch einen Prozessfinanzierer auseinandergesetzt. Der BGH stellte in dem Urteil Prozessfinanzierer I fest, dass die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands nach § 10 UWG, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der im Falle des Obsiegens einen Anteil am abgeschöpften Gewinn erhalten soll, dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB widerspreche und dementsprechend unzulässig sei.164 In einem zweiten Urteil hat der BGH diese Auffassung bestätigt.165 In den Fällen ging es um Klagen eines als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragenen Klägers gegen einen Mobilfunkanbieter, der Kunden in den Jahren 2011 bis April 2013 bei der Abwicklung von Mobilfunkverträgen überhöhte Rücklastschriften in Rechnung gestellt hatte.166 Der BGH geht davon aus, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage bereits daraus folgt, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG widerspreche. Nach der Gesetzesbegründung zum UWG soll der gesamte Gewinn an den Bundeshaushalt gehen, damit Ansprüche nicht aus dem sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung heraus geltend gemacht würden. Die Einschaltung eines Prozessfinanzierers bei einer Gewinnabschöpfungsklage wiederspreche diesem Grundgedanken, da der Finanzierer bei Erfolg einen Anteil am Gewinn erhalten soll und der Anspruch dann auch aus einem sachfremden Motiv heraus geltend gemacht werde. Die Frage, ob ein externer Prozessfinanzierer die Durchsetzung (gebündelter) Ansprüche einer Vielzahl von Zedenten durch ein Klagevehikel finanzieren darf, wird den BGH sicherlich in Zukunft noch beschäftigen.167 Der BGH hat sich zwar auch schon in seinem Urteil wenigermiete.de mit dem gegen die Klägerin erhobenen Einwand auseinandergesetzt, dass die Prozessfinanzierung zu einer verbotenen Interessenkollision nach § 4 RDG führe,168 allerdings wurde in diesem Fall kein externer Prozessfinanzierer eingeschaltet. Der BGH erteilte dem Einwand eine Absage, unter anderem, da es genüge, wenn ein prinzipieller Gleichlauf der Interessen gegeben sei.169 Weiter sei die Kostenfreihaltung keine selbständige andere Leistung, sondern bereits ein Teil der Inkassodienstleistung,170 so dass ein Inkassodienstleister selbst den Prozess vorfinanzieren durfte.
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In England sind Finanzierungsverträge dem allgemeinen Rechtsinstitut des „Champerty and Maintenance“ unterworfen. Zudem gibt es einen eigenen Verband dessen Mitglieder sich freiwillig einem Regelwerk für Finanzierer unterworfen haben.171 Das Regelwerk legt insbesondere Vorgaben betreffend die finanzielle Ausstattung der Finanzierer, die Kündigung des Finanzierungsvertrags seitens des Finanzierers, die Annahme von (außergerichtlichen) Vergleichen und zu dem Verbot eines kontrollierenden Einflusses auf das Verfahren. In den dortigen Sammelklageverfahren nehmen die Gerichte auch eine Bewertung der Finanzierungsverträge vor.172
b) Praktische Herangehensweise
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Bevor ein Finanzierer einen Fall in sein Portfolio aufnimmt, wird er die Erfolgsaussichten bewerten. Dafür werden regelmäßig externe (lokale) Anwaltskanzleien eingeschaltet. Alle prozessrelevanten Informationen müssen in Rahmen einer solchen Due Diligence offengelegt werden. Der Finanzierer wird neben der überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit weitere Kriterien in Betracht ziehen, wie z.B. die Durchsetzbarkeit der Forderung gegenüber dem Anspruchsgegner im Erfolgsfall, voraussichtliche Verfahrensdauer und eventuelle Vergleichsmöglichkeiten, sowie die notwendige finanzielle Investition und die Anspruchshöhe.173 Prozessfinanzierer werden grundsätzlich nur einspringen, wenn das Kostenrisiko 10 % des realistischen Anspruchswerts nicht übersteigt.174 In der Regel liegt die Erfolgsbeteiligung eines Finanzierers zwischen 20 und 50 Prozent des Erlangten.175 Regelmäßig wird der Prozessfinanzierer auch eigene Vorschläge zu Prozessvertretern unterbreiten und die Finanzierung vom Renommee der Anwälte abhängig machen.
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Finanzierungsverträge sind regelmäßig komplex und den Anspruchsinhaber treffen weitreichende Pflichten. Anspruchsinhaber sind zur Prozessförderung und fortlaufenden Information der Prozessfinanzierers verpflichtet. Letztere wird regelmäßig durch eine Entbindung der von dem Anspruchsteller mandatierten Anwälte von deren anwaltlicher Schweigepflicht umgesetzt. Zustimmungspflichtig ist das Ergreifen kostenauslösender Maßnahmen, die Verfügung über die streitige Forderung etwa bei Vergleichen oder der Verfahrensbeendigung durch Verzicht oder Klagerücknahme. Die streitigen Forderungen müssen gegebenenfalls zur Sicherheit an den Prozessfinanzierer abgetreten werden. Über die umfangreiche Informationspflicht ist der Anspruchsinhaber auch verpflichtet das Verfahren fortlaufend zu unterstützen.176 Ein Kündigungsrecht besteht für den Anspruchsinhaber grundsätzlich nicht bzw. nur in sehr eingeschränktem Maße. Unterliegt der Finanzierungsvertrag deutschem Recht, wird er eine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund enthalten, wobei wichtige Gründe im Vertrag genauer definiert werden können. Der Prozessfinanzierer erhält hingegen typischerweise die Möglichkeit den Finanzierungsvertrag zu kündigen, wenn sich die Erfolgsaussichten maßgeblich verändern.
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Nach Abschluss der Finanzierungsvereinbarung informieren die Anwälte den Prozessfinanzierer regelmäßig über den Verfahrensstand. Der Prozessfinanzierer bringt seine prozesstaktischen Erwägungen zu gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen ein, insbesondere zu allen kostenauslösenden bzw. den Anspruch selbst betreffenden Maßnahmen.177
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Die Rechnungstellung erfolgt in Deutschland grundsätzlich gegenüber dem Mandanten, der in der Regel bei der Finanzierung deutscher Verfahren die Umsatzsteuer trägt sofern er vorsteuerabzugsberechtigt ist und diese gesondert an die Anwälte zahlt. Der Prozessfinanzierer zahlt dann den Nettobetrag.
75 Grundlegend Makatsch, CCZ 2015, 127; zu den sich stellenden steuerrechtlichen Themen vgl. Krüger, NJW 2015, 203. 76 Beispielsweise erging das Urteil des LG Düsseldorf im Zementkartellfall mehr als acht Jahre nach Klageerhebung, vgl. LG Düsseldorf, 17.12.2013, 37 O 200/09 (Kart) U, ECLI:DE:LGD:2013:1217.37O200.09KART.U.00, WuW/E DE-R 4088 – Zementkartell. 77 Im Vereinigten Königreich wurden mehr als die Hälfte der kartellrechtlichen Schadensersatzklagen verglichen und in den USA sogar beinahe jedes Verfahren, siehe die Nachweise bei Makatsch, CCZ 2015, 127 mit Fn. 5f. 78 Eine Schadensersatzzahlung ist zudem auch ein wichtiger Bestandteil der Selbstreinigung gemäß § 125 GWB. 79 СКАЧАТЬ