Название: Kartellrechtliche Schadensersatzklagen
Автор: Fabian Stancke
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800593392
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5. Anspruchsbündelung
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Die Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen ist risikobehaftet und kann für Unternehmen schnell sehr teuer werden.121 Honorare für Anwälte und Sachverständige übersteigen den Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten im Falle des Obsiegens häufig erheblich. Das Kostenrisiko steigt für den Kartellgeschädigten mit der Anzahl der Schädiger. Auch wenn er nur einen Kartellbeteiligten verklagt, wird dieser allen anderen Kartellbeteiligten den Streit verkünden.122 § 89a Abs. 3 Satz 2 GWB enthält nun jedoch eine Kostendeckelung bei Streitverkündungen auf insgesamt den Streitwert der Hauptsache, so dass das Risiko vom Gesetzgeber bewusst begrenzt worden ist. Hinzu tritt, dass der Geschädigte im Falle der Klageabweisung in vielen Jurisdiktion die vollen Kosten des Rechtsstreits trägt.123 Zudem kann es in bestimmten Fällen zur Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen oder zu „Vergeltungsmaßnahmen“ kommen. Um diese Risiken zu minimieren oder jedenfalls zu streuen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Anspruchsbündelung an.
a) Streitgenossenschaft
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Zunächst können Ansprüche im Wege der Streitgenossenschaft geltend gemacht werden. Die Geschädigten klagen dann in einem Rechtsstreit gegen die Kartellbeteiligten, ohne untereinander verbunden zu sein.124 Damit bleibt jeder Geschädigte Anspruchsinhaber und somit „Herr des Verfahrens“. Ferner verbessert ein streitgenossenschaftliches Vorgehen die Datenlage und bringt Synergien, insbesondere finanzieller Natur, bei der Beauftragung von Prozessvertretern und ökonomischen Beratern für die Gutachtenerstellung. Allerdings birgt ein solches Vorgehen auch die Gefahr, dass widerstreitende (wirtschaftliche) Interessen der Streitgenossen den Verfahrenserfolg gefährden. Zudem besteht das Risiko, dass das Gericht das Verfahren trennt. Zur Verfolgung und Durchsetzung von Massen- und Streuschäden wird die Streitgenossenschaft als ungeeignet angesehen.125
b) Sammelklagen
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Gerade in den USA werden bereits seit langer Zeit Sammelklagen („Class Actions“) von Kartellgeschädigten zur Anspruchsdurchsetzung genutzt.126 Dort machen bei sog. Opt-out-Klagen einzelne Geschädigte die Ansprüche im Namen aller geltend, solange diese nicht ausdrücklich aus dem Kollektiv austreten.127 Zunächst muss in der Regel die Zertifizierung der Sammelklägergruppe beantragt werden. Erst wenn eine sog. „Class“ zertifiziert ist, kann der Fall weitergeführt werden. Die Zertifizierungsanforderungen unterscheiden sich je nach Gerichtsbarkeit. Im Vereinigten Königreich hingegen ist das Sammelklagesystem gerade erst im Entstehen begriffen. Auch dort gibt es ein Zertifizierungssystem für Klägergruppen. Über die Auslegung der Zertifizierungskriterien herrscht im Detail noch Unsicherheit. Hinweise zur Auslegung werden durch eine erste Entscheidung des Obersten Gerichtshof zu diesen Kriterien in der Rechtssache Merricks v. MasterCard erwartet.128 Nach Abschluss eines Vergleichs mit einem Beklagten, werden die Gruppenmitglieder über den Vergleich informiert und erhalten die Möglichkeit, zu dem Vergleich vor Gericht gehört zu werden. Die Mitglieder der Sammelklägergruppe werden dann regelmäßig aufgefordert, ihr Einkaufsvolumen des kartellierten Produkts oder der kartellierten Dienstleistung zu quantifizieren und einem Anspruchsverwalter zu melden, der dann den Anteil jedes Mitglieds der Sammelklägergruppe an den Erlösen berechnet und verteilt. In einigen Rechtsordnungen ist es zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich noch möglich jeweils für einen Einzelvergleich ein Opt-out zu erklären. Die Geschädigten trifft kein Kostenrisiko. Dieses wird in der Regel auf die tätigen Anwaltskanzleien (z.B. durch die Vereinbarung von Erfolgshonoraren) abgewälzt oder von Prozessfinanzierern getragen. In Deutschland sind Erfolgshonorare gemäß § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO, § 4a Abs. 1 RVG nur in Ausnahmefällen zulässig. Gruppen- oder Sammelklagen kennen neben dem angelsächsischen Raum inzwischen auch viele andere Europäische Rechtsordnungen. Im deutschen Zivilprozessrecht gibt es für Verbraucher nur die Musterfeststellungsklage nach § 606 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.129 Diese mag zwar Verbrauchern die Geltendmachung von Kartellschadensersatzansprüchen potenziell erleichtern,130 kartellgeschädigten Unternehmen steht die Aufnahme zu Musterfeststellungsverfahren aber nicht offen.131
c) Abtretung
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Daneben kommt eine Bündelung der Ansprüche bei einem Geschädigten oder einem Klagevehikel durch Abtretungen in Betracht.132 Die Vorteile einer derartigen Vorgehensweise sind vielschichtig:133 Durch das Mehr an Vertragsbeziehungen wird die Datenbasis verbreitert, was die Schätzung des kartellbedingten Schadens und damit die Substantiierung des Anspruchs erleichtert. Zudem vergrößert das Innehaben einer größeren Zahl an Ansprüchen (critical mass) die Vergleichsbereitschaft der Gegenseite. Ferner liegt dem Gebührenrecht eine Kostendegression zugrunde, so dass ein höherer Streitwert im Vergleich mit der singulären Durchsetzung in mehreren Prozessen günstiger ist. Aber auch aus Sicht der Justiz und der Gegenseite ist die gebündelte Verfolgung der Ansprüche positiv zu bewerten. Es ist nur eine Beweisaufnahme erforderlich, und die Beklagten sind im Falle ihres Unterliegens nur einem Kläger gegenüber ersatzpflichtig.134 Diese Vorteile erkennt auch ein Teil der Rechtsprechung an.135 Zudem steht die Europäische Union einer kollektiven Rechtsdurchsetzung grundsätzlich ebenfalls positiv gegenüber.136 Rechtspolitisch erscheint dies auch wünschenswert.137
aa) Rechtlicher Rahmen
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In Deutschland wird eine gebündelte Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Dritte in der Regel als Inkassodienstleistung anzusehen sein.138 Da es sich bei solchen Abtretungen jeweils um eine Inkassozession handelt, bedarf der Zessionar im Zeitpunkt der Abtretung einer Registrierung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Der BGH hat (wenn auch in einem Fall, der nur die Geltendmachung abgetretener, nicht aber gebündelter Ansprüche betraf) inzwischen klargestellt, dass der Begriff der Inkassodienstleistung weit auszulegen ist, wobei stets anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist, ob die Grenzen der Inkassobefugnis eingehalten wurden.139 Zudem hat der BGH noch einmal an die Rechtsprechung des BVerfG erinnert, nach der Inkassodienstleistern umfassende Befugnisse bei der Forderungsdurchsetzung zustehen.140 Ebenso hat er bestätigt, dass die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für Inkassodienstleister entgegen wiederholt in der Literatur geltend gemachten Bedenken keinen grundsätzlichen Bedenken, СКАЧАТЬ