Название: Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
Автор: Holger Dahl
Издательство: Bookwire
Серия: Betriebs Berater-Schriftenreihe/ Arbeitsrecht
isbn: 9783800593781
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Die Spaltung eines Betriebs setzt voraus, dass durch die Umstrukturierung aus einer organisatorischen Einheit mindestens zwei neue, eigenständige Betriebe entstehen.52 Ob eine solche Spaltung vorliegt, ist ausschließlich aus betrieblicher Sicht zu beurteilen. Eine Betriebsspaltung kann sowohl in einer Auf- als auch in einer Abspaltung bestehen. Während sich die Aufspaltung dadurch kennzeichnet, dass der ursprüngliche Betrieb in zwei eigenständige Betriebe geteilt und damit aufgelöst wird, bleibt der Ursprungsbetrieb bei einer Abspaltung bestehen.53 Da sowohl die Auf- als auch die Abspaltung beteiligungspflichtig sind, kommt der Unterscheidung im Hinblick auf die Betriebsänderung in der Praxis keine große Bedeutung zu. Im Hinblick auf das Schicksal des Betriebsrats ist dies hingegen von erheblicher Bedeutung. Im Falle einer Abspaltung bleibt der Betriebsrat, mit dem die Betriebsänderung in Form der Spaltung verhandelt wurde, für den „Ursprungsbetrieb“, der seine betriebliche Identität behält, im Amt. Sollte eine Aufspaltung vorliegen, verbleibt dem Betriebsrat „nur“ ein Übergangsmandat gemäß § 21b BetrVG für die sodann getrennten Betriebsteile.
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Trotz des fehlenden Erfordernisses der Betroffenheit eines wesentlichen Betriebsteils in § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG im Unterschied zu Nr. 1 und Nr. 2 setzt eine Betriebsänderung im Form der Spaltung voraus, dass der abgespaltene Teil eine eigenständige organisatorische Struktur aufweist.54 Die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG finden für die Qualifizierung der Maßnahme als mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung zwar keine Anwendung. Dennoch muss der abzuspaltende Teil nach der Rechtsprechung des BAG eine wirtschaftlich relevante Größe haben und damit eine „veräußerungsfähige Einheit“ darstellen, damit die Umstrukturierungsmaßnahme als Betriebsänderung zu qualifizieren ist.55
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In Abgrenzung zur Stilllegung eines Betriebsteils wird die betriebliche Tätigkeit eines abgespaltenen Teils nicht beendet, sondern innerhalb einer neuen betrieblichen Organisation fortgesetzt. Eine räumliche Veränderung stellt dabei keine Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsänderung dar, wenngleich diese der Regelfall ist. Eine Betriebsänderung in Form der Spaltung wurde aber etwa auch bei der Übertragung einer Abteilung durch ein neu gegründetes Unternehmen bejaht, obwohl die Abteilung in den alten Arbeitsräumen verblieb, jedoch unter eine neue, eigenständige organisatorische Leitung des neuen Inhabers gestellt wurde.56
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Die Tatbestände der Stilllegung und der Spaltung eines Betriebsteils schließen sich dementsprechend gegenseitig aus. Eine Abspaltung steht oftmals in Verbindung mit einem Betriebsübergang. Dies ist der Fall, wenn der ursprüngliche Inhaber des gesamten Betriebs lediglich einen Teil an einen neuen Inhaber überträgt.
5. Grundlegende Änderungen
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Als grundlegende Änderung des Betriebs i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG gilt jede Maßnahme des Unternehmers, die eine gravierende Änderung der betrieblichen Organisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen bewirkt.
a) Betriebsorganisation
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Unter einer Änderung der Betriebsorganisation sind Maßnahmen zu verstehen, die sich erheblich auf den bisher üblichen Betriebsablauf, insbesondere hinsichtlich der Zuständigkeiten und der Verteilung von Verantwortung auswirken.57 Die Umstrukturierung muss eine einschneidende Wirkung auf die Arbeitsabläufe und -bedingungen der betroffenen Beschäftigten haben. So stellt in der Regel etwa die Beseitigung einer hierarchischen Ebene innerhalb der Leitungsstruktur eines Betriebs eine Maßnahme dar, die als Betriebsänderung und damit als beteiligungspflichtig anzusehen ist.58
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Die Auswirkungen der Umstrukturierung auf die Arbeitsabläufe innerhalb des Betriebs müssen von grundlegender Bedeutung sein. An dieses Merkmal sind hohe Anforderungen zu stellen, sodass viele Arbeitsanweisungen, die von den betroffenen Beschäftigten als einschneidende und nachteilige Veränderung der bisher praktizierten Arbeitsweise wahrgenommen werden, nicht als Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 Var. 1 BetrVG zu qualifizieren sind. Nach der Rechtsprechung des BAG stellt etwa die Einführung eines der Verbesserung und Perfektionierung von Arbeitsprozessen dienenden Systems, das die Arbeitsabläufe der Beschäftigten erfasst, analysiert und zu ihrer Optimierung neu strukturiert, keine Betriebsänderung in Form der Änderung der Betriebsorganisation dar.59 Bei der Qualifizierung einer Maßnahme als Betriebsänderung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die betriebliche Organisation ständigen Anpassungen und einem notwendigen Wandel unterliegt, sodass eine restriktive Handhabung geboten ist.
b) Betriebszweck
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Eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 Var. 2 BetrVG liegt vor, sollte die Umstrukturierungsmaßnahme zu einer Änderung des arbeitstechnischen Zwecks führen, während die Identität des Betriebs und der wirtschaftliche Zweck gleichbleiben.60
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Eine Änderung des Betriebszwecks liegt damit etwa vor, sollten im Rahmen eines Dienstleistungsbetriebs andere Dienstleistungen als die bisher ausgeführten angeboten werden. Die Änderung des arbeitstechnischen Zwecks muss bei einem Vergleich des Betriebs vor und nach der Maßnahme als grundlegend eingestuft werden können.
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Der Betriebszweck kann sich auch in der Gestalt ändern, dass dem ursprünglichen Betrieb ein Bereich angeschlossen wird, der einen neuen arbeitstechnischen Zweck hinzufügt. Dementsprechend muss der bestehende Betriebszweck nicht aufgegeben werden, vielmehr kann die Umstrukturierungsmaßnahme dazu führen, dass nach der Betriebsänderung anstelle eines mehrere Betriebszwecke verfolgt werden.61
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In der Praxis kommt dieser Form der mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderung bislang kaum Bedeutung zu. Dies mag vor allem daran liegen, dass im Falle einer grundlegenden Änderung des arbeitstechnischen Zwecks in der Regel weitere Formen der mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderung vorliegen, insbesondere eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, die von den Arbeitnehmervertretungen zur Begründung ihres Beteiligungsrechts bemüht werden, da sie für die Beschäftigten relevanter erscheinen.
c) Betriebsanlagen
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Die grundlegende Änderung der Betriebsanlagen gemäß § 111 Satz 3 Nr. 4 Var. 3 BetrVG stellt einen weiteren Tatbestand der mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderung dar. Unter Betriebsanlagen sind alle Anlagen zu verstehen, die dem arbeitstechnischen Produktions- und Leistungsprozess dienen.62 Daher können unter diesen Begriff neben Maschinen und sonstigen in der Produktion eingesetzten Einrichtungen etwa auch die Einführung neuer EDV-Programme fallen,63 soweit dies einschneidende und weitgehende Änderungen für die Arbeitsabläufe zur Folge hat.64 Die Änderung der Betriebsanlagen braucht zwar nicht die Gesamtheit der Betriebsanlagen zu erfassen, die sächlichen Betriebsmittel, auf die sich die Änderung bezieht, müssen aber im Verhältnis zu den Anlagen des gesamten Betriebs und damit für das betriebliche Gesamtgeschehen von erheblicher Bedeutung sein.65
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Der Beteiligungstatbestand nach § 111 Satz 3 Nr. 4 Var. 3 BetrVG СКАЧАТЬ