Название: Der Lizenzvertrag
Автор: Michael Groß
Издательство: Bookwire
Серия: Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch
isbn: 9783800592883
isbn:
bb) Meinungen, die in der Literatur vertreten werden
292
In der Literatur wird/wurde ganz allgemein die Auffassung vertreten, dass der Lizenzgeber für die technische Ausführbarkeit und für die Brauchbarkeit der Erfindung zu dem angegebenen Zweck einzustehen hat,10 nicht dagegen für die kommerzielle Verwertbarkeit.11 Der Lizenzgeber haftet also nicht für Konkurrenzfähigkeit der aufgrund des Lizenzvertrags hergestellten Erzeugnisse und auch nicht für die Rentabilität der Produktion.
293
Darüber, was unter technischer Ausführbarkeit und unter Brauchbarkeit zu verstehen ist, gehen die Meinungen auseinander. Die verständlichste Definition für den Begriff „technische Ausführbarkeit“ gibt Pietzcker, der sie für gegeben hält, wenn die Erfindung mit den der gegenwärtigen Technik zur Verfügung stehenden Mitteln ausgeführt werden kann, während Brauchbarkeit bei ihm bedeutet, dass die Erfindung das Ziel erreichen muss, dessen Erreichung sie sich vorgenommen hat.12
294
Die Definition, die in dem Kommentar von Krausse/Katluhn/Lindenmaier gegeben wird, kann dagegen missverstanden werden. Unter Ausführbarkeit ist danach zu verstehen die Möglichkeit, am Anmeldungstag die Kenntnis der technischen Mittel und diese Mittel selbst zur Verfügung zu haben, vermöge derer nach dem Inhalt der Erfindung das in ihr erstrebte technische Ziel wiederholbar erreicht werden kann. Unter technischer Brauchbarkeit ist danach die Eignung der Erfindung zu verstehen, das technische Ziel, das sie sich gesetzt hat, zu erreichen.13
295
Rasch hält technische Ausführbarkeit für gegeben, wenn sich die vom Erfinder gestellte Aufgabe mit den von ihm angegebenen Mitteln lösen lässt. Diese Definition scheint die Brauchbarkeit im Sinne von Pietzcker schon zu umfassen. Rasch verlangt darüber hinaus, dass die Erfindung fabrikmäßig ausführbar ist. Dies ist nach seiner Ansicht dann der Fall, wenn die Erfindung nicht nur bei Versuchen, sondern beim technischen Handeln im großen Stil ausgeführt werden kann. Er hält eine scharfe Grenzziehung zwischen technischer Brauchbarkeit und kommerzieller Verwertbarkeit nicht für möglich, weil die Grenzen flüssig seien. z.B. könne eine Erfindung zwar technisch ausführbar sein, jedoch nur auf Kosten der Rentabilität. Eine richtige Rechtsfindung sei daher nur aufgrund der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls möglich. Die von Rasch erwähnten Gesichtspunkte können zwar zu Schwierigkeiten führen, jedoch zwingt dies nicht dazu, die vorgenommenen Unterscheidungen zu verwerfen. Auch bei anderen Rechtsfragen ist die Unterscheidung manchmal schwierig, aber trotzdem nicht zu entbehren. Man wird auch die technische Ausführbarkeit dann als nicht gegeben erachten müssen, wenn unzumutbare Aufwendungen erforderlich wären.
296
Reimer14 und im Anschluss daran Klauer/Möhring15 halten die Unterscheidung zwischen technischer Ausführbarkeit und technischer Brauchbarkeit für künstlich und wollen sich damit begnügen, den Lizenzgeber schlechthin für die Ausführbarkeit der Erfindung haften zu lassen.
cc) Rechtsprechung
297
In der Entscheidung des Reichsgerichts wurde klar ausgesprochen, dass der Lizenzgeber für die technische Ausführbarkeit zu haften hat.16 Es wurde dabei zum Ausdruck gebracht, dass die technische Ausführbarkeit streng von der gewerblichen Verwertbarkeit zu unterscheiden ist.
Auch in einer späteren Entscheidung hielt das Reichsgericht an dieser Rechtsprechung fest, wenn es auch an die technische Ausführbarkeit keine so hohen Ansprüche stellte, wie dies in dem oben genannten Urteil geschah, wo Gegenstand des Lizenzvertrages ein Entschirrungsapparat war.17 Es wird darauf hingewiesen, dass das Verlangen nach absoluter Zuverlässigkeit sich bei dem Entschirrungsapparat aufgrund des mit dieser Vorrichtung verfolgten Zwecks rechtfertige, um eine sichere Entschirrung zur Abwehr einer drohenden Gefahr zu gewährleisten. Derartige Anforderungen könne man dagegen nicht an einen Taschenschirm stellen.
298
In einer weiteren Entscheidung hieß es, dass der Lizenzgeber beim Fehlen besonderer Vereinbarungen für die Fabrikationsreife der Erfindung nicht einzustehen habe.18 Hierin komme die gewagte Natur solcher Verträge zum Ausdruck. Weiter wurde ausgesprochen, dass der Lizenznehmer das mit der Möglichkeit gewinnbringender Verwertung des Schutzrechts verbundene Wagnis trage.
Dieser in der Literatur bereits ausgeführte, allgemein anerkannte Grundsatz wurde auch in zahlreichen anderen höchstrichterlichen Entscheidungen anerkannt.19
299
Der Bundesgerichtshof schloss sich der Auffassung des Reichsgerichts an.20 Er führte aus, dass der Lizenzgeber grundsätzlich für die technische Ausführbarkeit der Erfindung hafte, also für einen Mangel derselben, nicht aber für die gewerbliche Verwertbarkeit, also für die Möglichkeit, die Erfindung nutzbringend auszubeuten. Diese Grundsätze seien auch auf Verträge anzuwenden, denen eine Patentanmeldung zugrunde liege. Die Erfindung müsse brauchbar sein, d.h. der nach der Vereinbarung erstrebte technische Verwendungszweck müsse erreicht werden können; dagegen hafte der Lizenzgeber ohne besondere Vereinbarung nicht für fehlende Fabrikationsreife. Diese Rechtsprechung hat der BGH noch einmal ausdrücklich bestätigt und den Grundsatz betont, dass der Lizenzgeber auch ohne ausdrückliche Zusicherung für die Brauchbarkeit des Verfahrens zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck einzustehen hat.21
300
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass nur die Entscheidung des Reichsgerichtes vom 15.2.193622 zu dieser kontinuierlichen Rechtsprechung im Widerspruch steht. In dieser Entscheidung wurde der Anspruch auf Rückzahlung von Lizenzgebühren abgelehnt, obwohl die Erfindung unbrauchbar und unausführbar war. Das Reichsgericht begründete dies damit, dass auch ein Patent, das eine unbrauchbare und unausführbare Erfindung schütze, dem Lizenznehmer Vorteile bringen könne.
dd) Ergebnis
301
Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass der Lizenzgeber sowohl nach der in der Literatur herrschenden Meinung23 als auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, wenn sich nicht aus dem Vertrag oder den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergibt, für die technische Ausführbarkeit und für die Brauchbarkeit der Erfindung haftet. Dies ließ sich aus §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 537 Abs. 1 BGB a.F. ableiten, wonach der Lizenzgeber bei Anwendung der pachtrechtlichen Grundsätze dafür einzustehen hat, dass der Lizenzgegenstand nicht mit Fehlern behaftet ist, die seine Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufheben oder mindern. Entscheidend war dabei vor allen Dingen, wie der BGH betonte,24 welcher Zweck vertraglich vorausgesetzt wurde.
Bei Anwendung der pachtrechtlichen Grundsätze können auch die Fälle gelöst werden, in denen die technische Ausführbarkeit und die Brauchbarkeit nicht gegeben sind, der Lizenznehmer aber aufgrund eines bestehenden Schutzrechtes Vorteile aus der Lizenz ziehen kann. Dabei ist wieder ausschlaggebend, ob der vertragsgemäße Gebrauch beeinträchtigt wird oder nicht.25 Die Abgrenzung zwischen technischer Ausführbarkeit und Brauchbarkeit СКАЧАТЬ