Название: Plötzlich ist alles anders
Автор: Heidi Oehlmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783748564232
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Max erklärte sich sofort bereit, mich hinzufahren. Ich war glücklich über seine Unterstützung. Wer weiß, ob ich es allein geschafft hätte. Schon bei dem Gedanken selbst Auto fahren zu müssen, wurde mir mulmig. Meine Furcht vor dem, was passieren könnte, wenn die Dunkelheit zurückkehrte, war einfach zu groß.
In Max seinen Augen erkannte ich Erleichterung. Auch wenn er nichts sagte, wusste ich, er war froh über den schnellen Termin. In den Wochen, in denen es mir so schlecht ging, sah ich ihm des Öfteren an, wie sehr ihn die Situation belastete. Da er mich besser kannte, als jeder andere Mensch auf der Welt, sagte Max nichts. Er wusste, ich würde gereizt reagieren, sobald er mich auf das Thema angesprochen hätte. Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass er mich an diesem Tag förmlich zu einem Arztbesuch drängte. Normalerweise hasste ich es, wenn sich jemand einmischt und über mich bestimmen wollte. Aber jetzt war ich froh über Max seinen Einsatz. Ich alleine hätte noch einige Tage gebraucht, bevor ich mich selbst um einen geeigneten Arzt gekümmert hätte. Wenn ich es überhaupt geschafft hätte.
Ich hatte das Gefühl, als konnte Max meine Gedanken lesen. Er musste die Hilflosigkeit gespürt haben, der ich ausgesetzt war. Wir verstanden uns zwar schon von Anfang an fast blind. Manchmal sprachen wir zur selben Zeit das Gleiche aus. Aber bisher ging es nicht um mich, sondern um allgemeine Sachen.
Der Internist hatte seine Praxis im Nachbarort. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten und dann standen wir schon vor dem Praxisgebäude. Die Arzträume lagen in einem Mehrfamilienhaus im ersten Stock. Die Sprechstundenhilfe begrüßte uns freundlich und fragte, was sie für uns tun könne.
»Guten Tag! Wir haben gerade miteinander telefoniert. Sie sagten, ich könnte gleich vorbei kommen. Und hier bin ich«, antwortete ich und versuchte, mein Befinden zu überspielen.
Sie lächelte und fragte: »Haben Sie Ihre Versicherungskarte dabei?«
Ich gab ihr die Karte und bekam sie nach wenigen Minuten zurück.
»Nehmen Sie bitte noch einen Augenblick Platz«, sagte sie und zeigte auf das von der Anmeldung gegenüberliegende Wartezimmer.
Wir gingen hinein und sahen zwei weitere Patienten darin sitzen. Einerseits entkräftete es meine Befürchtung, der Arzt könnte nichts taugen. Aber es bedeutete auch, wir müssten mindestens noch eine halbe Stunde warten. Bei der Vorstellung wurde mir ein bisschen mulmig. Ich betete, dass mir während der Wartezeit die Schwärze vor meinen Augen erspart blieb. Denn ich wollte nicht vor völlig fremden Menschen umkippen. Wenn ich schon leide, will ich dabei wenigstens unbeobachtet sein.
Glücklicherweise wurde der erste Patient nach einigen Minuten aufgerufen. Wenig später rief die Sprechstundenhilfe den zweiten Patienten zu sich. Ich hörte heraus, dass er nicht zu dem Arzt in das Sprechzimmer, sondern nur ein Rezept haben wollte. Das bedeutete, ich wäre die Nächste. Ich war erleichtert über diese Neuigkeiten.
Nach einer Viertelstunde war es so weit. Ich wurde aufgerufen, in eines der drei Sprechzimmer geführt und gebeten Platz zu nehmen. Von dem Arzt gab es noch keine Spur. Es konnte aber nicht mehr allzu lange dauern, zumindest hatte mir das die Sprechstundenhilfe versichert.
Kaum hatte ich den Gedanken beendet, ging schon die Tür auf und ein kleiner, etwas korpulenter Herr im weißen Kittel betrat mit einem Lächeln den Raum.
»Meine Name ist Doktor Walther. Wie kann ich Ihnen weiter helfen?«, fragte er und reichte mir die Hand.
»Hallo. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Mir wurde mehrfach schlecht und schwarz vor Augen«, sagte ich und beschrieb ihm alle Einzelheiten. Ich erzählte auch von dem Erlebnis mit der Heilpraktikerin und ihrer Diagnose. Anschließend holte ich die homöopathischen Mittelchen aus meiner Tasche, die ich extra eingesteckt hatte, um mir die Meinung des Arztes zu den Präparaten einzuholen.
Er sah sie sich kurz an und sagte grinsend: »Ich glaube kaum, dass Ihnen die helfen werden. Da können Sie sich genauso gut eine Flasche Schnaps kaufen. Die wäre billiger gewesen.«
Mir klappte die Kinnlade herunter. Für einen Augenblick war ich sprachlos, aber Doktor Walther war noch lange nicht fertig, mir seine Meinung über die Ansicht der Heilpraktikerin mitzuteilen. Er meinte, wenn ich eine richtige Geldrollenbildung hätte, würde ich jetzt kaum vor ihm sitzen können. Dann läge ich längst im Krankenhaus.
Ich war geschockt, als ich das hörte. Nun wusste ich, es gab diese Geldrollenbildung im Blut und wurde nicht von der Heilpraktikerin erfunden, aber ich zweifelte, ob die Diagnose auf mich zutraf. Nach der Aussage des Mediziners konnte ich keine Geldrollen im Blut haben. Ich war mir nicht sicher, ob es auch eine schwache Geldrollenbildung gab. Für einen kurzen Moment dachte ich daran, den Arzt danach zu fragen, aber ich verkniff es mir. Ich wollte mir kein zweites Mal seine schlechte Meinung über Heilpraktiker anhören. Am Ende war es sowieso egal. Das Gespräch mit Doktor Walther bestätigte meinen Verdacht. Ich war mir sicher, die Idee mit der Heilpraktikerin war eine teure Zeitverschwendung. Jetzt kam mir erneut die Rechnung in den Sinn, die mich noch erwartete. Ich hatte furchtbare Angst vor der Höhe der Rechnungssumme. Schnell verdrängte ich den Gedanken und konzentrierte mich auf die Untersuchung.
Zunächst sah sich der Arzt meinen Rücken an und konnte eine starke Verspannung erkennen. Mich wunderte es nicht. Seit ich bei der Heilpraktikerin war, hatte ich diese schmerzhaften Rückenprobleme.
Doktor Walther stellte mir ein Rezept für sechs Mal Physiotherapie aus. Dann ging es weiter. Unter einer richtigen Untersuchung hatte ich mir sonst was vorgestellt, aber das, was geschah, war ziemlich mager. Der Arzt hatte mir einfach nur den Blutdruck gemessen und anschließend meine Reflexe getestet.
Als er damit fertig war, sagte er, ich solle mir einen neuen Termin für eine Blutabnahme geben lassen. Das wäre jetzt nicht mehr möglich, weil ich heute bestimmt schon gefrühstückt hätte. Sicher hatte ich das. Immerhin war es inzwischen kurz nach elf Uhr.
Ich sollte mit nüchternem Magen zu der Blutabnahme kommen und eine Urinprobe mitbringen. Zusätzlich würde er mit mir dann ein EKG machen und meine Schilddrüse untersuchen.
Bevor ich den Raum verließ, reichte er mir die Hand und verabschiedete sich mit den Worten: »Das kriegen wir schon wieder hin!«
Der letzte Satz machte mir zwar Mut, aber gleichzeitig war ich enttäuscht über den Ablauf der Untersuchung. Ich erhoffte mir, endlich einen Anhaltspunkt für meinen schlechten körperlichen Zustand zu erhalten. Doch ich bekam einfach nichts außer ein paar Mut machenden Worten.
Ich vereinbarte gleich einen neuen Termin. Der sollte erst in zwei Wochen stattfinden. Auf dem Heimweg erzählte ich Max, wie das Gespräch verlief. Er sagte kaum etwas dazu und war erst einmal zufrieden, weil ich endlich bei einem Arzt gewesen bin. Seine Gelassenheit, die er nach den Neuigkeiten ausstrahlte, beruhigte mich noch ein bisschen mehr. Zum ersten Mal, seit meinem Zusammenbruch im Badezimmer, hatte ich Hoffnung, mir würde es bald wieder gut gehen. Ich glaubte, nach den Tests und Untersuchungen wäre es nur eine Frage der Zeit, bis ich die Beschwerden los wurde.
Die Tage bis zu dem Untersuchungstermin vergingen im Schneckentempo. Alle Ablenkungsversuche scheiterten. Körperlich fühlte ich mich unwohl. Manchmal dachte ich, es würde sich bessern, bis plötzlich diese Schwärze zurück kehrte. Es machte mich vollkommen fertig. Dazu kam die Ungewissheit. Ich wollte endlich wissen, was mit mir los war und welche Krankheit in meinem Körper steckte. Ich hoffte, es wäre nur eine Kleinigkeit. Gleichzeitig СКАЧАТЬ