Am Rande des Eises. Reinhard Heilmann
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Название: Am Rande des Eises

Автор: Reinhard Heilmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748558460

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СКАЧАТЬ Jugendlichen - alle vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, beinahe schon Männer, allerdings fehlen ihnen noch die Mutbeweise und die Rituale, mit denen sie als vollwertige Männer und Jäger in den Stamm aufgenommen werden - wissen, dass irgendwo in der Deckung der Bäume ein Bulle stehen muss, ein einzelnes Tier, das zur Wache eingeteilt ist und sich an dem allgemeinen Fressen nicht beteiligt. Ein wachsamer Bulle, der bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr, mit einem durchdringenden Trompetenlaut die Herde warnen wird. Dann ist es meistens bereits zu spät für den vermeintlichen Angreifer, dann bleibt keine Gelegenheit mehr für einen Überraschungsschlag und selbst der mutige Säbelzahnlöwe mit seinen über vier Metern Körperlänge, seinen riesigen Reißzähnen und seinen dolchscharfen Krallen, würde dann vernünftigerweise die Konsequenz ziehen und auf eine andere, bessere Gelegenheit warten.

      Die Jünglinge sind allesamt mit langen Holzlanzen bewaffnet, deren Enden zu Spitzen bearbeitet und anschließend im Feuer gehärtet wurden. Solche Lanzen durchdringen, von einem starken Arm geschleudert, mühelos Schulterblätter und andere Knochen und sind tödliche Waffen in den Händen geübter Jäger.

      Die Sprache, mit der sich die Gruppe Menschen verständigt, ist ein kehliger, rauer Dialekt, ein bisschen wie Samojedisch, ein bisschen wie Finnisch/Ugrisch.

      Über viele Jahrtausende ständiger Veränderung von Gaumen, Kieferform, Zunge und Kehlkopf war es der menschlichen Rasse gelungen sich nach anfänglicher karger Verständigung nur mit Vokalen und Glucksen und Brustlauten, einer Sprache zu bedienen, die beinahe sämtliche Lautvariationen gestattete.

      Die Sprache, in der die Gruppe auf dem Rand des Kraterkegels leise diskutierte, war reich an Nuancen, blumig und vielfältig und kannte bereits mehrere Variationen und Bezeichnungen für Pflanzen und Lebewesen, beeinflusst und geprägt von der Jahreszeit, in der Pflanze, Tier und Mensch gerade lebten.

      Vieles dieser Reichhaltigkeit war später wieder vergessen worden, konnte durch Naturkatastrophen nicht bewahrt werden und ist uns nicht überliefert worden.

      Vieles von dem, was die Menschen damals bereits kannten, beschrieben, erklärten und erzählten, jedoch nur unzulänglich und nur sehr fragmentarisch durch Schriftzeichen und Symbole weitergeben konnten, ist verloren gegangen und musste von späteren Generationen erneut erdacht und erarbeitet werden.

      Die Gruppe diskutiert gerade die beste Strategie, wie man sich der Mammutgruppe nähern solle und welche Jagdtaktik anzuwenden sei. Einer musste als Hauptjäger bestimmt werden, der Mutigste unter ihnen, denn ihm wurde die Ehre übertragen, das ausgesuchte Opfer direkt von vorne anzugreifen, dem Gegner direkt in die Augen zu sehen und mit dem Segen der Götter seinen Speer in den Hals des Tieres zu stoßen.

      Die anderen, so war die heutige Taktik besprochen worden, kamen von den Seiten und von hinten und mussten ziemlich zeitgleich ihre Lanzen werfen, nachdem sie das Opfer abgelenkt hatten und aus ihren Verstecken am Waldessaum auf die Mammutgruppe zugestürzt waren, die Verwirrung der Tiere für sich hatten nutzen können und mit mutigem Geschrei die tödlichen Waffen aus zunächst sicherer Entfernung geworfen hatten.

      Diesen Moment sollte der Hauptjäger nutzen, nachdem die Lanzen der anderen bereits ihr Ziel getroffen hatten, und sollte dem Opfer den Todesstoß versetzen.

      Die Gruppe setzte sich geräuschlos in Bewegung.

      Bis zur Herde dort unten auf der Lichtung waren es nur etwa zweitausend Schritte. Der Wind stand günstig, die Mammute würden keine Witterung von ihnen aufnehmen können.

      Nach Durchqueren des Geröllfeldes am Fuße des Vulkankraters folgten sie einem Pfad, der für Ungeübte überhaupt nicht zu sehen war. Mit schlafwandlerischer Sicherheit ging der Anführer jedoch voran und orientierte sich an den wenigen Zeichen an Bäumen, Büschen und Gräsern, die ihm den Weg wiesen.

      Sie näherten sich der Lichtung und hörten bereits das bedächtige Schnauben während der genüsslichen Äsung und das Schnoddern, dann und wann, wenn ein Mammut aus Futterneid den anderen eher gutmütig als bösartig, aber dennoch bestimmt von seinem Platz verdrängte.

      Die Jäger spürten bereits die leichten Erschütterungen der schweren Tiere, wenn der Waldboden durch das Umhertrotten beim Fressen vibrierte.

      Der Anführer hob den Arm und die Gruppe blieb augenblicklich und lautlos stehen. Der Wachbulle war entdeckt worden. Ein strammer Bursche von vielleicht zweieinhalb Metern Schulterhöhe, einem wuchtigen Kopf mit beachtlichen Stoßzähnen.

      Halbmeterlang hingen die Fellzotteln vom Körper des Mammut, der kleine Schwanz wedelte unruhig und das Fächeln der großen Ohrdeckel verriet, dass den Bullen irgendetwas beunruhigte, irgendetwas hatte ihn aufmerksam gemacht.

      Ob die Jäger selber die Aufmerksamkeit des Bullen erregt hatten oder irgendeine andere Veränderung in der Umgebung, war einerlei, denn jetzt galt es, schnellstens zu handeln, ehe die anderen Tiere gewarnt wurden oder es war besser, den Plan aufzugeben.

      Das ausgesuchte Opfer, eine etwas abseits fressende Kuh von vielleicht fünf oder sechs Lenzen, war von der Horde, die auf sie zustürmte, völlig überrascht und anfangs wie gelähmt.

      Die Lanzen der jungen Jäger trafen bereits, als das Tier die Todesgefahr erst erkannte, den Kopf hoch aufwarf, einen schrillen Schrei ausstieß, sich aufbäumte und mit den Vorderläufen instinktiv versuchte, den Hauptjäger niederzutrampeln, der direkt von Vorne auf das Tier bis auf knappe zwei Meter zugesprungen war und seine Lanze tief in dessen Hals bohrte.

      Noch im Todeskampf trifft einer der schweren Hufe den Angreifer und zerschmettert ihm die Kniescheibe; der Junge stürzt unkontrolliert, kann sich nicht mehr wegrollen und wird nach einem zweiten Aufbäumen von beiden Hufen in den Boden geschmettert.

      Dann bricht das große Tier zusammen.

      Aus tiefen Wunden an den Seiten und am hinteren rechten Oberschenkel blutend, mit zerschmetterten Knochen verendet es an dem raschen, schockartigen Blutverlust.

      Die Horde Mammute war im ersten Moment des Angriffs in Panik auseinandergesprengt, hatte in wilder Flucht Bäume und Büsche umgetrampelt und war unter lautem Schreien und Trompeten in den Wald davongestoben.

      Und das war ein Glücksfall für die Jäger, die stets damit rechnen mussten, dass sich die Mammute zusammenrotteten und statt zu fliehen, ihren Gegner suchten und nun selber zum Angreifer wurden.

      Da blieb meist nur die Flucht auf nahe Bäume und es kam regelmäßig vor, dass die Mammute schneller waren und von keinem Hindernis aufgehalten werden konnten, einen oder mehrere Jäger einholten und wütend zertrampelten oder mit den Stoßzähnen in die Luft wirbelten und buchstäblich zerschlugen.

      Aber nicht immer waren die Tiere so intelligent und sich ihrer Kraft und Überlegenheit bewusst; sie ließen sich manchmal regelrecht überrumpeln und konfus in die Flucht schlagen.

      So spektakulär wie die Angriffsszene begonnen hatte, war der Spuk nach wenigen Augenblicken schon wieder vorbei. Die Jäger, die rings auf den Bäumen hockten und sich festklammerten, verharrten reglos.

      Von Ferne war nur noch ab und zu ein erregter 'Trompetenschrei' zu hören; am Rande der Lichtung krächzten ein paar Raben, der Wind strich durch die Wipfel der manchmal dreißig Meter hohen, vereinzelt stehenden Eichen, sonst war wieder Ruhe eingekehrt und beinahe nichts mehr würde an den ungleichen Todeskampf nur wenige Minuten zuvor erinnern, wenn da nicht die Mammutkuh liegen würde, in unnatürlich verrenkter Stellung und zu ihrem Haupt der mutige Junge, der den Todesstoß ausgeführt hatte und der jetzt regelrecht in den weichen Waldboden gestampft war.

      Die СКАЧАТЬ