Ein Kind unserer Zeit. Ödön von Horváth
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Название: Ein Kind unserer Zeit

Автор: Ödön von Horváth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750246102

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СКАЧАТЬ ausradiert, wenn er für das ewige Leben seines Volkskörpers stirbt – merk dir das, Schwester!

      Du betest noch immer?

      He, bet lieber für mich, damit mein Arm wieder richtig wird, das wär gescheiter! Wart nur, du Dicke, ich werds dir schon noch auseinandersetzen bei passender Gelegenheit! –

      Und die Gelegenheit kam. Nach wenigen Tagen. Die Dicke brachte Milch und Brot.

      Der Arm ist nicht besser geworden.

      »Schwester«, sage ich, »betens doch auch mal für mich, damit ich gesund werd.«

      Sie horcht auf und sieht mich scharf an, aber nur einen Augenblick lang. Sagte ichs nicht fromm genug? Es war ja auch nicht ernst gemeint, denn ich wollte sie nur in Verlegenheit bringen – warum?

      Aus Bosheit.

      Ich glaube nicht daran, daß einem die Beterei was nützt, aber ich befleißigte mich, ernst dreinzuschauen.

      »Ich bete immer für alle meine Kranken«, sagt sie und jetzt lächelt sie wieder wie immer: »Auch Sie laß ich nicht aus.«

      »Und glauben Sie, daß ich gesund werde?«

      »Das weiß man nicht.«

      Ach so, denke ich und werde immer boshafter.

      »Durch das Gebet kann man Gott nur bitten«, redet die Schwester weiter, »aber ob Er einen erhört, dafür kann niemand gutstehen, weil man ja als einfacher Sterblicher die Zusammenhänge nicht kennt.«

      »Was für Zusammenhänge?«

      »Gott weiß alles, hört alles und läßt keinen einzigen aus den Augen, Tag und Nacht, denn Er hat mit jedem etwas vor.«

      »Mit jedem einzelnen?«

      Sie sieht mich groß an.

      »Natürlich«, sagt sie, »und die Hauptsache ist, daß man Seine Gebote befolgt. Sie haben sie vergessen – nicht?«

      Seine Gebote?

      Ich starre sie an. Sie fragt mich so mild, als würd sie es gar nicht wundern. Da steht sie dick und sicher vor mir und ihre Zufriedenheit wird mir unangenehm.

      Sie verwirrt mich.

      »Natürlich kenne ich seine Gebote«, sage ich und muß leicht grinsen, »zum Beispiel: liebe deine Feinde –«

      »Ja«, fällt sie mir ins Wort und wird plötzlich sehr ernst, fast streng. »Liebe deine Feinde, aber hasse den Irrtum.«

      Den Irrtum?

      Ich horche auf.

      Jetzt lächelt sie wieder, als hätt sie nichts gesagt.

      Sie nickt mir nur zu – freundlich, sehr freundlich –

      Der Arzt kommt.

      Er tritt an mein Bett.

      Und ich frage ihn: »Herr Doktor, wie stehts mit meinem Arm?«

      Er schneidet ein saures Gesicht und gibt keine Antwort.

      Dann geht er wieder weiter –

      Ich sehe ihm nach und bekomme plötzlich Angst, schreckliche Angst.

      Die Schwester steht noch neben mir.

      Sie beobachtet mich.

      Ich möchte weinen, aber ich beiß nur die Zähne zusammen.

      Ich schließ die Augen und es flimmert vor mir.

      Alles ist durcheinander –

      Ich werd immer schwächer.

      Es flimmert, es flimmert!

      Mir scheint, mein Arm wird nimmer –

      Das Durcheinander kreist um mein Bett und aus dem Kreise tritt ein Hügel.

      Ein sanfter Hügel.

      Auf dem Hügel steht ein Engel.

      Er wartet auf mich und hält meinen Arm in der linken Hand.

      In der rechten trägt er ein Schwert.

      Die Blumen blühen, aber es ist bitter kalt.

      Und ich muß denken, ich werde Gott fragen, warum es so kalt ist.

      Denn man kann ja auch mit Gott reden, fällt es mir ein.

      Ich erinner mich immer deutlicher, daß man ihm etwas versprechen soll, damit er einem hilft –

      Richtig, damit er einem hilft!

      Man muß ihm etwas geben, irgend etwas, und wärs das Kleinste, er ist für alles dankbar –

      Als wär er ein Bettler.

      Schenk ihm etwas –

      Schenk dem ersten Bettler, der dir begegnet, wenn du wieder ausgehen darfst – schenk ihm einen Taler!

      Nein, nicht einen – drei, vier, fünf!

      Jawohl, fünf Taler!

      Für fünf Taler kann man sich schon allerhand kaufen, wenn man sich nach der vorhandenen Decke streckt –

      Fünf Taler ist viel für mich.

      Ich will sie dem lieben Gott geben, damit mir der Engel meinen Arm zurückgibt.

      Es flimmert, es flimmert – – –

      Die Tage vergehen und nehmen die Nächte mit sich.

      Wenn der Arzt kommt, schneidet er keine Grimassen mehr.

      Der Arm wird besser.

      Heut kann ich ihn schon bewegen, natürlich nur sacht –

      Aber er wird besser! Besser, besser!

      Wenn er mir nicht so weh tun würd, wollt ich mit ihm die ganze Welt umarmen, so rosig scheint wieder meine Zukunft!

      Bald werd ich das Bett verlassen, wenn alles ohne Rückfall vergeht.

      Es geht, es geht –

      Die Schwester bringt meine Uniform.

      Heut darf ich zum erstenmal an die Luft, wenn auch nur für eine halbe Stund.

      Ich liebe meine Uniform.

      Wo warst du so lang?

      »Ich hing in einem Schrank«, sagt die Uniform, »neben einer alten Hose und einem hellen Paletot – lauter Zivilisten, brr!«

      Ich zieh mich an.

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