Название: Die Nacht der tanzenden Teufel
Автор: Friedrich Kämpfer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844239614
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Ich war gut gekleidet und sah aus wie ein erfolgreicher Geschäftsmann. Ich war auf dem Weg nach oben und nichts würde mich stoppen. Ich überlegte, wie ich Brodsky ausschalten oder ihm entkommen konnte. Ich hatte andere Pläne als er. Ich hatte genug gelernt, konnte nun selbst meinen Weg machen. Ich wollte nicht im Kugelhagel einer Spezialeinheit der Polizei sterben oder mein Leben hinter Gittern verbringen oder beim kleinsten Fehler von einem anderen Killer der Organisation liquidiert werden. Außerdem war ich kein Killer. Ich hatte eine Seele und die wollte ich behalten. Mit dem, was ich wusste und beherrschte, konnte ich es überall schaffen.
Das waren meine Gedanken, als ich den Wohnblock meines Apartments in Freiburg betrat und im Fahrstuhl nach oben fuhr. Ich hielt den Krimsekt bereit, das Collier, dazu die Delikatessen, die ich ansprechend hatte verpacken lassen. Ich hatte Blumen gekauft, einen überwältigenden Strauß roter Rosen. Ich freute mich. Ich liebte Christina und wollte ihr das zeigen. Alles würde gut werden, wir würden heiraten, Kinder bekommen, eine glückliche Familie sein. Meine Zeit bei Brodsky würde nur eine Episode bleiben. Die Liebe würde gewinnen, alles andere war doch nur ein böser Traum.
In der Wohnung brannte Licht, ich klingelte und der Türgong schlug an. Niemand öffnete. Ich schloss die Tür auf, leise Musik erklang, das Cellokonzert von Dvorak. Ich rief leise: „Christina? Hallo, bist du da?“ Niemand antwortete. Ich rief lauter. Wieder keine Antwort, ich hörte nur den warmen, vollen Klang des Cellos. Ein seltsames Gefühl, eine Ahnung beschlich mich, eine Art Unbehagen. Ich riss die Tür zum Wohnzimmer auf. Nichts. Aber die Tür zum Schlafzimmer war offen, von da kam auch die Musik. Mit hastigen Schritten durchquerte ich den Raum. Dann packte mich das schiere Entsetzen. Christina war tot. Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, überall war Blut, das ganze Bett war verschmiert, auf dem Teppichboden waren Spuren. Christina lag da wie ein Engel, die Augen weit geöffnet, schön auch im Tode, starr. Die Tür zum Badezimmer war offen. Auch hier: Blut.
Ich war unsagbar erschüttert. Schmerz und Leid übermannten mich. Ich weinte bitterlich. Immer wieder schaute ich in ihr Gesicht, schaute über diese Szenerie des Schreckens. Ich musste mich übergeben. Im Badezimmer hatte sie mit Lippenstift und dem Abdruck ihrer kleinen blutigen Handfläche auf unseren großen Spiegel geschrieben: Mon Amour Johannes, ich habe an dich geglaubt, an unsere Liebe. Doch du hast sie zerstört. Liebster, was hast du getan?
Ich hatte sie so geliebt, mehr als jeden anderen Menschen. Ich ging zu ihr hin, streichelte sie, fuhr mit der Hand über ihr anmutiges, wunderbares Gesicht und drückte ihr die Augen zu.
Ich ging in die Küche, kam zurück, setzte mich in einen der Sessel im Schlafzimmer, sah Christina immer wieder an, weinte und trank zwei Flaschen Bordeaux.
Dann rief ich die Polizei.
7
Brodsky verzieh Unregelmäßigkeiten nicht. Durch Christinas Tod hatte ich mein inneres Gleichgewicht verloren, meine Seele war in Aufruhr. Aufgewühlt und verzweifelt zog ich durch die Nachtbars, trank, suchte bei Bardamen Trost, aber fand keinen. Zwei Tage meldete ich mich nicht mehr bei Brodsky. Ein Fehler. Ich hätte einen Job machen sollen. Brodsky war verärgert. Der Organisation war ein Schaden entstanden. Das war gravierend. Sie hatten sich auf mich verlassen und ich war ausgefallen. Der Tod einer Freundin spielte keine Rolle.
Ein Mann musste sich unter Kontrolle haben. Solche Fehler konnte Brodsky einfach nicht dulden. Außerdem musste die Bardame, die Champagner liebte und mit der ich öfter geplaudert hatte, Brodsky erzählt haben, dass ich einmal eine Story geschrieben hatte. Sie war die Einzige, die das wusste. Ich hatte die Story unter einem anderen Namen veröffentlicht, selbst wenn Brodsky sie gelesen hätte, wüsste er nicht, dass sie von mir war. Er konnte es nur von ihr erfahren haben. Als ich ihn anrief, um mich zurückzumelden und ihm mitzuteilen, dass Christina gestorben sei und ich verzweifelt gewesen und dadurch ein wenig aus dem Takt gekommen sei, machte er eine winzige Andeutung.
„Du hast ja eine Seele wie ein Künstler. Ich kann das verstehen. Deine Freundin hat dir wohl viel bedeutet, was?“
Dann sagte er: „Du hast einen Fehler gemacht. Wir haben auf dich gesetzt. Du warst nicht da. Du hast uns warten lassen. Ich bin ein bisschen sauer auf dich, Mike. Mach das nie wieder, kapiert?“
Danach legte er auf.
Ich hatte verstanden. Ich war zum Risikofaktor für seine Organisation geworden. Einen Künstler konnten sie nicht brauchen. Ich nahm an, Brodsky kannte das. Erst arbeiteten sie für den CIA, dann stiegen sie aus, schrieben irgendwelche Thriller und ließen den Laden hochgehen. Brodsky würde kaum wollen, dass es ihm und seiner Firma genauso ging.
Ich musste sofort handeln, sonst war ich ein toter Mann. Ich musste ihm zuvorkommen und ihn töten.
Eigentlich heiße ich Johannes, Brodsky sagte aber immer Mike zu mir, nachdem ich ihm einmal erzählt hatte, dass ich mich meistens Michael nannte, wenn ich unterwegs war. Die Leute müssen nicht alles über einen wissen. Du weißt nie, wer deine Spur verfolgt. Natürlich benutzte ich auch noch andere Namen, aber meistens Michael, um eine gewisse Stetigkeit zu erzielen, da, wo man mich kannte.
Im Baccara wurde ich natürlich legal mit meinen Papieren als Managementassistent geführt, auch wenn ich für andere Aufgaben eingesetzt wurde, und ich versteuerte mein Einkommen völlig regulär. Die Polizei würde also bei Recherchen zu Brodskys Tod meine Identität ganz einfach feststellen können. Auch ich würde verhört werden. Würde ich überraschend untertauchen, wäre ich der Hauptverdächtige. Ich musste also einen Weg finden, Brodsky geschickt und ohne Indizien und Spuren, die auf mich hinwiesen, zu erledigen.
Dann musste ich einen Weg finden, um die Organisation zu verlassen, ohne selbst beseitigt zu werden. Ich konnte von Glück sagen, dass Brodsky meine Tätigkeit immer verschleiert hatte, sodass nur wenige Leute wussten, was ich eigentlich machte. Und ich musste schnell sein. Brodsky durfte noch keinen Killer auf mich angesetzt haben, bevor ich mich mit ihm treffen konnte.
Daher handelte ich sofort. Ich rief Brodsky an, sagte ihm, ich sei wieder völlig fit und wolle unbedingt mit ihm sprechen. Es sei wichtig. Er sagte: “Okay, Mike. Wir treffen uns in zwei Tagen, also am Donnerstag, im Baccara, 17.00 Uhr. Es ist schön, dass du wieder fit bist, Mike.“ Dann legte er auf.
Ich hatte also 48 Stunden Zeit. Ich rechnete meine Chancen durch. Selbst töten konnte ich Brodsky nicht. Ich wusste zwar, dass er einen Herzfehler hatte, aber das würde mir nichts nützen. Erpressen konnte ich ihn auch nicht, ich kannte zwar einige seiner illegalen Aktivitäten, aber selbst, wenn ich sie genau beschrieben, schriftlich niedergelegt und zu meiner Sicherheit Duplikate davon hinterlegt hätte, die bei einem eventuellen überraschenden und unnatürlichen Todesfall meinerseits geöffnet würden, würde ich damit nicht durchkommen. Er könnte die Spuren sicher rechtzeitig verwischen. In geschäftlichen Dingen war Brodsky ungeheuer vorsichtig, er war kaum zu fassen. Alles, was ich direkt selbst unternehmen konnte, war zum Scheitern verurteilt.
Glücklicherweise hatte ich vorgesorgt. Bei meinen Reisen für Brodsky hatte ich weitgehende Kontakte in der Unterwelt geknüpft und mich umgehört. Nach Kontakten, nach Möglichkeiten, die ich nutzen konnte, wenn ich sie brauchte. Von dem Geld, das ich bei Brodsky verdient hatte, habe ich immer Summen abgezweigt und auf Nummernkonten hinterlegt. Geld für den Notfall. Ich wusste, dass Brodsky Feinde hatte. Ich wusste, dass es Killer gab, die ihn für Geld ohne Bedenken töten würden. Und ich kannte jemanden, der an einen solchen Mann herankam. Ich hatte das Verfahren für einen solchen Notfall, der ja auch unabhängig von Brodsky hätte eintreten können, mit ihm abgemacht. Das Codewort, das mich identifizierte, Personenbeschreibung, Zeit und Ort, relevante Informationen. Wäre es nicht möglich, Zeit und Ort im Voraus zu bestimmen, würde der СКАЧАТЬ