Aficionados - Der Zauber der Giacomettis. - Joshi
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Название: Aficionados - Der Zauber der Giacomettis

Автор: - Joshi

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741805233

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СКАЧАТЬ die Männer, einen Laden betreten, und zwar im Kevlarhemd, gegen jeden argumentativen Einschlag gewappnet. Gibt’s übrigens wirklich, getarnt als Mode: Kevlar-Weste7, Schutzfaktor I, bis Kaliber 38, ab 750 Dollar, haben zuviel ‘Wire’ gesehen. Tuschak irgendwas haben sie darin erschossen. Verstehe die Werbung dafür nich so ganz…Und dieser Verkäufer, der jetzt mit Kennerblick Alex und mich eins zu eins auseinander dividierte, betrachtete geradezu schamlos das Gehüpfe von Alex vor dem Spiegel und zwar von allen Seiten wie ein Um-die-Ecke-Kucker, als wollte er sagen, so macht das Verkaufen aber Spaß – mich machte das nur ärgerlich. Verdammt, dachte ich, als ich mich Sätze sagen hörte wie: „Wir machen hier nicht auf Denise Bündchen, das soll bitteschön adrett, aber stabil, zwanglos und echauffiert zugleich aussehen“, da konnte ich das belustigte Zurückdienern des Verkäufers verstehen, der auch gleich konterte, sanfte Stimme, Sprache akzentuiert: „Giesele, werter Kunde, Giesele heißt das Hühnchen.“ Was immer der gegessen hatte, ich verstand es nicht, der aber weiter: „Rote Schuhe wollen zurzeit alle haben!“ Das verstand ich. „Wir wünschen also das zu tragen, was alle tragen? ‘Alle’ ist aber alle, werter Freund…“, lief der zu Hochform auf. „Im Kern sollen die Schuhe doch nicht der Frau gefallen, sondern dem Rezipienten.“ „Na dann bestellen sie nach“, fauchte ich und da kam der mit ner Bestellzeit von 3 Tagen. -- Ich hatte schon auf den Lippen: „So was würde sich in Berlin keiner trauen, nich mal ansatzweise – In Berlin gehen sie auf Swap Partys, du bringst hin, nimmst was mit, das nennt man Vintage Angebot. In Berlin mieten sie Erdgeschosswohnungen für einen Freitag, stellen da ihre Mode auf Treffpartys aus – kein Mensch geht mehr in Kauf...“ als eben mein Blick in diesen Spiegel fiel. „Alex“, wurde ich kleinlaut, „…ich glaub, ich bin nicht der richtige für dich“, und packte wahllos ein paar Schuhe aus dem Regal, weil ich mich irgendwo festhalten musste. Aber Alex griff nur nach den Schuhen und schrie: “Na bitte Leo, ich wusste doch, warum ich dich mitgenommen habe!“ schnappte aus meinen Händen das erwählte Paar, drehte sich in Richtung des Verkäufers und säuselte: "Könnten Sie mir die bitte zurücklegen?" Wir gingen da weiter so rum in dieser Fußgängerzone, Laden Eins hinter uns lassend. Die große Vereinbarung mit dem eigenen Ich besteht aus der Verhältnismäßigkeit von Kopf zu Fuß, genannt: Proportionen. Die schwer zu ortende Helligkeit der vielen kleinen Lämpchen bereitete mir Kopfschmerzen, das also sollte der ‘Apfel’ sein? Die Regale der Schuhe schienen hier absichtlich wahllos aufgestellt, es gab keine Einer-Reihen, alles stand irgendwie schief, wie improvisiert, mal eine andere Präsentationsform als in dem Billigladen vorhin, und etwas Entscheidendes war anders: Die Regalhöhe. Sie war – niedriger. Querreihen voller Schuhe, 4-etagig, über die gierige Augenpaare von Frauen schnellsten Blickes hinüber kucken konnten zum konkurrierenden Nachbarregal. Eine Schnellst-Möglichkeit das geeignete Paar zu sichern. Die huschten da zwischen den verstellbaren Reihen hin und her, es war fast ein gediegenes Wettrennen, und komischerweise ergatterten sie am liebsten das Neid Paar Schuhe einer anderen Davorstehenden, die es noch beäugt oder sogar schon in der Hand hielt. Dann wurde in behutsamem Abstand gelauert, bis das Paar wieder zurückgestellt und endlich in der eigenen Hand gelandet war, um es selber einmal um die eigene Achse drehend dann auch wieder zurück oder besser noch, unachtsam sonstwohin ablegen zu können. Es ist die Freiheit des sich Austobens, es ist das Kochen in fremder Küche, ohne darauf achten zu müssen wo das aufstäubende Mehl, der lehmig geknetete Teig, das spritzende Fett landet, man muss ja nicht selber wegräumen, nur Kochen. -- Die Verkäufer, bei denen man die Weiblichen gar nicht von den alltäglichen Kunden unterscheiden konnte, mussten hier endlos durcheinander gestellte Schuhe wieder an ihren angestammten Platz manövrieren, zum Beraten der Anziehwütigen bliebt kaum Zeit. War dann mal eine Kundin erschöpft vom gierigen Rumgestöber auf einem der wenigen Sitzplätze zusammengesackt, wurden ihr gleich vier, fünf Kartons vor die Füße geknallt, man fühlte sich behandelt wie im September zum Ende der Urlaubssaison, wenn die Kellner den seit Anfang März hochlobig kredenzten Fisch plötzlich auf den Teller hauen, weil, sie können die Touristen nicht mehr sehen, und das aufgetakelte Zuvorkommen unterbleibt auch gleich, aha, so ist das gedacht, wir sollen uns fühlen wie im Urlaub, besser noch am Ende der Saison, wir, die wirklich Hartgesottenen, und platsch, noch einen Schuhkarton vor die Nase. Allerdings – unschlagbar – es ist wohl ein ungeschriebenes Gesetz, dass Frauen wie Alex, die nicht so gierig herumrennen, sondern fast magnetisch angezogen nur an bestimmten Modellen kleben bleiben auch eine ganz bestimmte Art von Verkäufern auf sich ziehen, nämlich Männer. Und richtig, als wir unsere drei bis vier Modelle erkundeten, und zwar immer die roten, astralgrün oder was dieser schlichten Form entsprach, die sich Alex in den Kopf gesetzt hatte, hing schon die erste Klette an uns dran. Und was für ein Verkäufer. Ich kann das nicht ab, wenn so einer mit abgespreizten Fingern die Innensegel seiner Weste bis rauf zum Kragen gerade rückt, als wollte er sagen, wir haben geschlossen, aber für Sie....Ich kann das nicht ab, wenn der Punkt Komma Null seine Gänge abläuft, wie abgezählt, das hat der tausendmal geübt, der sortiert hier nichts, der musste ne Schulung tausender Dias über sich ergehen lassen, um so n Hühnchen wie Alex sofort zu erschnuppern, und jetzt stolzierten die da von allen Seiten heran. Es war ja nicht genug, dass dieser Mann auch noch grinsend seine Zähne zeigte, einem Mink DeVille gleich, zum Billardstoß bereit, nein, er musste behutsam aber bestimmt immer einen kleinen Schritt näher rücken, bis Alex, die wieder vor dem Spiegel posierte, ihm beim Rückwärtsgehen fast von selber in die Arme fiel. Hinter dem dritten Regal auf Punkt 11 Uhr sah ich die eigentliche Gefahr auf mich zukommen: Ein Elvis Costello-Verschnitt rauschte heran, mit abgespreizten Armen, Hände wie Spinnennetze, natürlich musste er seine Zähne rausblecken, und sang ‘Red Shoes – I used to be disgusted, but now I try to be amused, the Angels wanna wear my Red Shoes. Red Shoes…’ 8. Dann verfiel dieser Costello ins Italienische, was mir gar nicht behagte. Er zutzelte seine silberfarbene Weste zurecht, diese Italiener haben ja nun von Mode überhaupt keine Ahnung, der sah aus wie zusammengesetzt, diese Schildbürgerstreich geglätteten absetzenden Dreiecksformen seiner Weste, ständig fummelte er an den Knöpfen herum, als wollte er sich vor Alex auspellen. Man konnte das Fellbett, auf das er sie legen wollte, schon riechen in seiner ganzen Nässe. Und Alex, verdammt, zog den noch mehr hoch, spitzte den regelrecht an, wie bestellt stand der da hinter ihr machte ausholende Armbewegungen vor dem Spiegel, sie reckte ihre Pobacken raus, dass ich befürchtete, gleich werden sie das Haus evakuieren. Es war ja furchtbar wie der angezogen war. Seiner sich auf den Genitalbereich zuspitzenden Weste folgte eine eng ansitzende Hose in schimmerndem Silbersmaragd, könnte man auch dreimal gekaute Oliven nennen, aber erst die Schuhe, der Italiener trägt sandfarben, an der Seite mit Reißverschluss versehene Spitzschuhe. Dass der Knabe parfümiert war bis unter die Fächerfrisur gab mir den Rest; ich wollte einschreiten, bin aber erstarrt, handlungsunfähig vor so viel aufdringlicher als dezent getarnter Frechheit – dabei – gerade das gespielt Zurückhaltende tropfte denen ab. Was wollt ihr denn? Wir machen doch gar nichts. Zunächst machte auch ich nichts. Denn schlimm ist auch noch das hintergründige Kaufhausgedudel und so reizten mich die beiden zu einem gewagten Vergleich: Ich dachte an den verschmitzten Charles Ives, amerikanischer Komponist, kein Italiener – Mit einem polyphonen Satz beginnt seine zweite Symphonie. Obwohl beide Verkäufer im selben Orchester spielten, hatte man das Gefühl sie spielten rhythmisch und in ihrer Gestik vollkommen unabhängig voneinander. Man hatte das Gefühl durch die Versetzung bricht das Kompositorische doppelt stark auf einen herein. Weil ich aber nichts unternahm und das auch sonst hier jeder in Ordnung zu finden schien, bewegten sich die beiden ungehemmt in einem marionettenhaften Rhythmus – ja bemerkte denn das keiner außer mir? – als könnten sie es nur hier, nur mit Alex, und das besonders gut. Ich hoffte nur, dass die da jetzt nicht drauf reinfällt, die dumme Pute, und tatsächlich, mit einem Mal flutschte sie ihr Kleid eine halbe Drehung herum, dass es dem Italiener fast den Schnurrbart absäbelte. „Nein, nein“, rief sie, es stimmt noch nicht, „aber genau das sage ich doch“, rief der in seinem arrogant verschmalzten Italienisch und legte los, dass es kein Halten gab, langgezogen und, huäh, immer auf die Spitze: „Sebastiano Cardilo e Monica Marchetti…“ Alex kuckte den komisch an „Creano il racolto gonnflette anni per marta ferri.“ Alex’ Bewegungen erstarrten, man konnte geradezu sehen, wie sich die kleinen Härchen auf ihren Unterarmen aufstellten, der plapperte immer weiter: „Inaspettata la pony tail…“ Haare? wuschelte sich Alex nervös am Kopf herum „…con decori floreali.. …il romanticismo delle СКАЧАТЬ