Die Schlangentrommel. Ole R. Börgdahl
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Название: Die Schlangentrommel

Автор: Ole R. Börgdahl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tillman-Halls-Reihe

isbn: 9783847613718

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СКАЧАТЬ Der Jeep war immer noch in voller Fahrt. Die ersten Feuerstöße galten den Männern, die am Pritschenwagen standen. Ein Mann wurde in die Brust getroffen, ein Zweiter fasste sich ans Bein, sackte auf die Knie und fiel schreiend zu Boden. Ein weiterer Feuerstoß forderte das dritte Opfer. Der Jeep bremste und blieb mitten auf der Lichtung stehen.

      Der Schütze am Maschinengewehr gab eine letzte Salve auf den Pritschenwagen ab, drehte den Lauf dann um neunzig Grad. In diesem Moment spritzte Blut auf der Brust des Mannes. Noch in der Drehbewegung wurde er nach hinten gerissen und prallte gegen das Dachgestänge der Jeepaufbauten. Die beiden Schüsse halten nach. Arun und Nhean standen nebeneinander, ihre Sturmgewehre im Anschlag. Den Bruchteil einer Sekunde später feuerten sie weiter, zerschossen die Windschutzscheibe des Jeeps. Daraufhin verließen auch die noch verbliebenen Männer hinter dem Pritschenwagen die Deckung und belegten den Militärjeep mit Kugeln. Arun senkte seine Waffe. Er gab den Leuten Zeichen, das Feuer einzustellen.

      Nhean stieß ihn an. Arun wandte sich um und sah sofort, dass der Hilux mit durchdrehenden Reifen auf die Straße zurückfuhr. Arun legte an, sein Gewehr blockierte. Er lud durch, schoss, verfehlte aber sein Ziel. Er rannte ein Stück hinter dem Wagen her, der bereits einen Vorsprung hatte und sich immer weiter entfernte. Arun legte erneut an, feuerte. Erdklumpen spritzten neben dem Toyota hoch. Arun ging in die Knie, atmete durch, zielte und gab einen dritten Schuss ab. Diesmal traf er das rechte Hinterrad. Der Hilux wurde zur Seite gerissen, kam von der Straße ab, schlitterte zwischen zwei Bäumen hindurch.

      *

      Rin Mura versuchte gegenzulenken. Er trat das Gaspedal durch. Der Motor heulte auf, die Vorderräder zogen noch, konnten den Wagen aber nicht mehr auf die Straße zurückbringen. Dann senkte sich die Motorhaube, der Toyota rutschte nach links auf die Kante einer abfallenden Böschung zu und glitt über den feuchten Waldboden. Rin Mura stützte sich auf das Lenkrad, um mit dem Kopf nicht gegen die Windschutzscheibe zu prallen. Seine Arme schmerzten, er spürte Blut in seinem Mund. Er hatte sich auf die Unterlippe gebissen. Der weiße Hilux rutschte weiter in die Tiefe. Ein metallisch schabendes Geräusch war zu hören. Die blanke Felge des zerschossenen Reifens riss die Erde auf, begann die Abwärtsfahrt zu bremsen. Rin Mura drückte sich mit aller Kraft in den Fahrersitz. Er starrte durch die Windschutzscheibe.

      Erst jetzt nahm er die Umgebung wahr. Sträucher und kleine Bäume wurden umgerissen, Zweige blieben an den Außenspiegeln hängen, Blätter sammelten sich vor den Scheibenwischern. Ein Wischerarm wurde nach oben geklappt und abgeknickt. Der Toyota rutschte weiter, hundertfünfzig, zweihundert Meter die Böschung hinunter. Die Senke wurde durch dichterstehende Bäume und Sträucher begrenzt. Der Wagen rutschte darauf zu. Rin Mura holte tief Luft, presste instinktiv die Zähne aufeinander. Mit einem Ruck streifte die linke Seite des Geländewagens einen großen Baum. Die Karosse prallte nach rechts. Die Dornen eines Busches kratzten am Unterboden.

      Der Wagen tauchte bis zum Fond in ein mannshohes Gebüsch, verschwand dort fast vollständig. Der letzte Ruck schleuderte Rin Muras Brust gegen das Lenkrad. Sein linkes Handgelenk wurde eingeklemmt und überdehnt. Der Schmerz zog sich bis zum Ellenbogen hoch. Er konnte die Hand nicht bewegen, drückte sich mit der Rechten ab. Mit der Schulter stützte er sich auf dem Lenkrad. Er musste raus aus dem Wagen. Mit der unverletzten Hand tastete er nach dem Türgriff. Mit zwei Fingern zog er den Hebel und ließ sich gleichzeitig gegen die Fahrertür fallen. Er atmete noch einmal durch, wuchtete seinen Körper nach oben und schaffte es mit einem Fuß auszusteigen.

      Mit der rechten Hand zog er sich ganz aus dem Wagen. Das Gebüsch war dicht. Er kämpfte sich vorwärts, drückte das Blattwerk auseinander. Der Boden war immer noch abschüssig. Rin Mura folgte dem Gefälle, schob die rechte Schulter heftig voran, bis das Dickicht nachgab. Er befreite sich schließlich und taumelte auf die Ebene, die sich hinter der Barriere aus Bäumen und Sträuchern ausbreitete. Er verlor das Gleichgewicht, fiel auf die Knie und spürte sofort die Feuchte des Bodens. Seine Hosen wurden durchnässt. Er rappelte sich wieder auf, sah sich um.

      Er wusste sofort, wo er war. Die Grasebene und der umgebende Sumpf waren vor einigen Jahren Kampfgebiet. Die Grenze nach Thailand wurde während des Rückzugs zur Todeszone. Rin Mura ging vorsichtig weiter. Nach gut hundert Metern hatte er den Rand erreicht. Er fand sofort, wo nach er suchte. Er hatte recht. Er sah auf, überblickte das Gelände. Das Muster hatte er noch im Kopf. Es war immer das Gleiche, variierte nur leicht und war für jeden, der es nicht kannte, tödlich. Mit den Augen suchte Rin Mura einen Weg. Seine ersten Schritte waren noch vorsichtig, dann hatte er Sicherheit, denn er sah sie und sein Wissen wurde bestätigt. Jetzt beeilte er sich die Grasebene zu überqueren. Er blieb noch einmal stehen, blickte sich nach seinen Verfolgern um. Durch die Bäume hindurch konnte er oben auf der Böschung eine Bewegung wahrnehmen. Es wurde Zeit zu verschwinden.

      *

      Arun und Nhean hatten ihre Leute zusammengezogen. Eine Wache blieb bei den Gefangenen am Pritschenwagen. Mit den übrigen sechs Männern waren sie bis zur Kante der Böschung gerannt. Die aufgerissene Erde verriet, welchen Weg der Toyota Hilux in den Abgrund genommen hatte. Das Fahrzeug selbst war unten in der Senke nicht mehr zu sehen. Arun gab Befehle. Sie begannen den Abstieg. Nhean hatte den Baumwollsack geschultert, der sich auf seinem Rücken wölbte. Sie gingen neben der Schleifspur. Einige der Männer rutschten aus, schlitterten ein paar Meter, bis sie an Bäumen und Sträuchern Halt fanden.

      Weiter unten wurde der Boden noch schlammiger. Sie mussten sich einen anderen Weg suchen, bewegten sich seitlich auf die Stelle zu, an der sie den Geländewagen vermuteten. Und dann sahen sie ihn. Der weiße Lack schimmerte durch das Grün der Blätter. Arun gab Zeichen, die Gruppe teilte sich. Drei Mann stiegen noch ein Stück weiter nach unten, mühten sich durch das Dickicht. Sie sollten das Gelände unten sichern. Arun selbst kämpfte sich zum Heck vor. Er drückte einige Zweige zur Seite.

      Nhean war ihm gefolgt und stemmte sich in die Bresche, damit Arun dichter an den Wagen herankam. Arun versuchte durch die zerschossene Heckscheibe etwas im Inneren des Wagens zu erkennen. In diesem Moment riefen die Männer, die weiter nach unten gestiegen waren. Arun hatte es selbst schon gesehen. Die Fahrertür war geöffnet, der Toyota leer. Arun schob sich seitlich bis zur Tür, zwängte sich an einem Baumstamm vorbei. Am Waldboden konnte er Schuhabdrücke erkennen. Die Spur schlängelte sich durch das Gestrüpp. Arun ging ihr hinterher, gefolgt von Nhean, der den Rest des Trupps mit sich zog.

      Sie kamen durch die Bäume auf die grasbewachsene Ebene. Sie wurden schon erwartet. Einer der Männer zeigte auf die Schneise durch das Schilf. Auf den ersten Metern eines schmalen Pfades waren Halme heruntergetreten. Die Spur verlor sich, das Gelände war nicht zu überblicken. Vereinzelt standen Bäume auf der Ebene und überall gab es Sträucher.

      »Weiter!«, rief Arun.

      Er deutete nach links und rechts. Die Männer verteilten sich auf einer Linie, hielten ein paar Meter Abstand zueinander. Arun ging in der Mitte, Nhean blieb ganz außen auf der rechten Flanke. Die Männer suchten wieder nach der Spur. Der Boden wurde sumpfiger. Sie traten in den Schlamm. Arun sah sich um, gab erneut Zeichen. Die Männer sollten sich noch weiter auseinanderziehen.

      Sie arbeiteten sich gut hundert Meter durchs Gelände. Auf der linken Seite sackte einer der Männer bis zur Hüfte in ein Schlammloch. Zu dritt mussten sie ihm heraushelfen. Auf der rechten Seite sondierte Nhean den Boden. Der Sumpf engte auch hier den Landstreifen ein, auf dem sie sich vorwärtsbewegten. Die Linie musste sich weiter zusammenziehen. Arun schlug mit dem Gewehrkolben die Halme des hohen Grases nieder, drückte Sträucher zur Seite. Dann blieb er stehen. Alle sahen ihn an. Er schulterte sein Sturmgewehr, legte wieder die Hände trichterförmig vor den Mund.

      »Aang-kaa, du hast keine Chance. Stell dich der Gerechtigkeit.«

      Er hob sein Sturmgewehr und schoss in die Luft. Sofort flogen Vögel auf. Die Bewegung vor ihnen ließ die Männer kurz zusammenzucken. Arun senkte den Lauf etwas und schoss ein zweites Mal. Der Knall СКАЧАТЬ