Mord und Totschlag in Chicago. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Mord und Totschlag in Chicago - Edgar Wallace страница 6

Название: Mord und Totschlag in Chicago

Автор: Edgar Wallace

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783752947687

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      »Früher oder später wird wenigstens einer pfeifen«, meinte er leise.

      »Denken Sie an Vinsetti? Wenn der Fall eintreten sollte, weiß Perelli früher davon als wir – und wenn erst Perelli etwas davon weiß ...«

      Er lächelte und vollendete den Satz nicht.

      Harrigan zündete sich eine Zigarre an.

      »Natürlich wird Vinsetti niemals als Zeuge vor Gericht zu gebrauchen sein. Immerhin will er sich aber gut mit der Polizei stellen, und ganz bestimmt wird er uns eines Tages Einzelheiten sagen, die uns Perelli vielleicht ans Messer liefern.«

      »Glauben Sie? Dann sagen Sie ihm, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen, daß Perelli ganz genau weiß, was für ein unsicherer Kantonist er ist. Sichern Sie Vinsetti zu, daß wir ihm jeden Schutz gewähren, wenn er beichtet.«

      Harrigan versuchte während der beiden nächsten Tage ein zufälliges Zusammentreffen mit Victor Vinsetti herbeizuführen. Er hatte keinen Erfolg, weil Vinsetti inzwischen Minn Lee getroffen und prompt Feuer gefangen hatte.

      Minn Lee hatte zwar etwas eigenartige Begriffe von Ehrenhaftigkeit, aber man mußte ihr lassen, daß sie sich wenigstens streng danach richtete. Zum Beispiel wäre es ihr nie eingefallen, den Mann zu betrügen, dem sie angehörte. So hinterbrachte sie alles, was Vinsetti tat und was er ihr vorschlug, getreulich Tony. Ohne viel Aufhebens davon zu machen, erzählte sie ihm, was sich jeden Tag zugetragen hatte. Gerade ihre Bescheidenheit und Zurückhaltung waren es, was Tony Perelli so an ihr leiden mochte.

      Vinsetti hatte über viele Dinge mit ihr gesprochen; vor allem natürlich über seine Liebe und über das glanzvolle und abwechslungsreiche Leben in Europa, das er ihr bieten wollte. Aber er hatte auch andere Dinge berührt, die Antonio Perelli nicht im günstigsten Licht erscheinen ließen. Zum Beispiel erzählte er ihr von einigen Gebäuden im Stadtteil Cicero, die eine ganze Reihe sehr übel beleumdeter Lokale enthielten.

      Minn Lee war nicht sehr aufgebracht darüber. Was Tony Perelli auch tat, war für sie richtig.

      Tony dagegen, dem sie berichtete, war ernstlich böse; als er Vinsetti am nächsten Tag traf, war er kurz angebunden.

      »Wenn du mit Minn Lee sprechen willst«, sagte er zu ihm, »dann benütze in Zukunft am besten das Telefon. Du bist zwar brauchbar – aber auch du redest zu viel!«

      Als Vinsetti Tony ansah, erschrak er. War er diesmal zu weit gegangen?

      An und für sich war Tony Perelli durchaus nicht sehr nachtragend. Man konnte mit ihm streiten, und er war nicht der Mann, der sich ewig über eine solche Zwistigkeit ärgerte. Anders war es, wenn gewisse Grenzen überschritten wurden – dann konnte er erbarmungslos sein.

      Bis jetzt war Tony Perellis Streit mit Vinsetti rein privater Natur. Man hatte ihn in den Augen seiner Frau herabgesetzt, und er fühlte sich deshalb in seiner persönlichen Ehre angegriffen. Allerdings schien er auch diese Sache noch einmal vergessen zu wollen. Doch Vinsetti hatte den Haß in Perellis Augen gesehen, und das hatte genügt, um seine Leidenschaft abkühlen zu lassen. Er wurde vorsichtig. Als geborener Diplomat wußte er, daß man seinem Gegner schmeichelte, wenn man sich vor ihm in acht nahm. Nach einer Weile schien auch wieder alles im alten Geleise zu sein, wenigstens war Perelli liebenswürdig wie immer. Vinsetti aber war trotzdem beunruhigt.

      Er sollte recht behalten.

      Für gewöhnlich war Tony großzügig, gleichzeitig lag aber etwas von der Hinterlist einer Katze in seinem Charakter: Ohne vorher zu warnen, schlug er rücksichtslos zu. Diesmal machte er eine Ausnahme und deutete bei Vinsettis nächstem Besuch an, was er wußte.

      »Dein Urlaub fällt dieses Jahr ins Wasser«, sagte er. »Gib deinen Platz auf der ›Empress of Australia‹ lieber zurück. Du hättest das Geld zum Fenster hinausgeworfen, verstehst du?«

      Mehr sagte er nicht. Er machte Vinsetti seltsamerweise keinerlei Vorhaltungen und geriet nicht in Wut über dessen unverzeihliche Handlungsweise. Unverzeihlich war sie, denn wenn ein Mann sich heimlich von seiner Bande zu drücken versucht, der er angehört, ist er für immer bei seinen früheren Freunden geächtet. Früher oder später ist ihm eine Kugel sicher.

      Perellis Nachrichtensystem hatte auch diesmal wieder vorzüglich gearbeitet. In jeder Bank, auf jedem Reisebüro hatte er Leute sitzen, die ihn informierten, wenn ein Mitglied seiner Bande irgendeinen verdächtigen Schritt unternahm.

      Eigentlich war es schade um Vinsetti, auch nach Angelos Meinung. In seiner Art hatte ihn niemand übertroffen. Man brauchte Leute, die sich so zu kleiden verstanden wie er und die vor allem mit den nach außen hin sehr ehrenwerten Schuften umgehen konnten, die den Rohstoff für Perellis Handel lieferten. Auch als Verbindungsmann zwischen den einzelnen Schmugglerbanden war Vinsetti unbezahlbar. Er war der einzige, der sich ohne weiteres in jedem Bezirk sehen lassen konnte. Sowohl zu dem Polen Joe als auch zu Tom Feeney und den Chefs anderer Organisationen stand er in guten Beziehungen. Schwierige Angelegenheiten behandelte er diskret; wenn er etwas versprochen hatte, konnte man sich darauf verlassen – und außerdem verstand er ausgezeichnet, mit Pistolen aller Kaliber umzugehen.

      Perellis Tätigkeit erstreckte sich auf die verschiedensten Gebiete. Fast überall war er an erlaubten und unerlaubten Geschäften beteiligt; einen scharfen Trennungsstrich zog er aber zwischen sich und der gewöhnlichen Sorte von Gangstern. Er hatte seinen eigenen Ehrenkodex, von dem er unter keinen Umständen abwich. Das Geld der Leute, die er aus irgendwelchen Gründen hatte beseitigen lassen, fand man stets unberührt. Vor allem aber schätzten es seine Geschäftspartner, daß man sich sowohl als Käufer wie als Verkäufer unbedingt auf ihn verlassen konnte. Seinen ›Angestellten‹ zahlte er unheimliche Gehälter, aber obgleich er eine kleine Armee beschäftigte, hatte er doch alle Einzelheiten seiner vielen geschäftlichen Transaktionen selbst im Kopf.

      Er war klug, am meisten nützte ihm aber sein sechster Sinn, der ihn fast immer rechtzeitig vor Gefahren warnte. Deshalb gehorchte er auch seinen Eingebungen blindlings. Auch Red hatte er nicht etwa erschießen lassen, weil dieser zur Polizei gegangen war, sondern weil er das Gefühl hatte, daß er für ihn in Zukunft eine große Gefahr bedeuten könne.

      4

      So rücksichtslos Perelli bestrafte, so großzügig belohnte er auf der andern Seite. Fünfzigtausend Dollar gab er allein für die Einrichtung der neuen Wohnung Angelos aus, und einen Mann, der sich zwar nicht für ihn eignete, ihm aber das Leben gerettet hatte, schickte er mit einer Summe, die ihn aller Sorgen enthob, nach Sizilien zurück.

      Über Vinsetti dachte Perelli lange nach. Ohne Zweifel war der Mann nicht mehr mit der alten Begeisterung bei der Sache; im Gegenteil, seine Tätigkeit schien ihm nicht mehr zu behagen. Übrigens tat er genau das, was Perelli erwartet hatte: seine auf der ›Empress of Australia‹ belegte Passage ließ er zwar annullieren, aber durch ein anderes Reisebüro belegte er sofort dieselben Kabinen unter anderem Namen.

      Von Minn Lee war Vinsetti noch genauso bezaubert wie vorher. Er schickte ihr Blumen und schrieb ihr häufig sehr geschickt abgefaßte Briefe. Tony las sie und lächelte darüber.

      »Immer elegant – sogar als Briefschreiber. Bitte ihn doch, dich wieder einmal zu besuchen, Minn Lee ... Nein, nein, ich habe nichts dagegen – er macht mir wirklich Spaß.«

      Minn Lee sandte ihm also eine Einladung. Vinsetti kam von da an wieder öfters zu ihr. Manchmal war Tony dabei, aber meistens ließ er sie allein.

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