Название: Der Mann, der seinen Namen änderte
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752947922
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»Mr. Vance ist schon gegangen«, entgegnete sie.
Sir James antwortete nicht gleich. Er starrte entsetzt Mr. Smith von Pretoria an.
»Mein Gott!« stieß er dann verstört hervor. »Du bist es – Jot!«
Die beiden standen einander gegenüber und maßen sich mit den Blicken. Mr. Smiths Züge wurden plötzlich hart und undurchdringlich.
Als das Schweigen andauerte, wurde Marjorie die Situation sehr peinlich. Sie ahnte, daß sich eine Tragödie hinter diesen Worten und Blicken verbarg, und rein gefühlsmäßig nahm sie für den Mann aus Südafrika Partei.
»Kennen Sie Sir James Tynewood?« fragte sie verlegen.
Langsam wandte sich Mr. Smith von Pretoria um und lächelte bitter.
»Ja, ich kenne Sir James Tynewood sehr gut.« Er drehte sich wieder dem anderen zu. »Wir werden uns morgen Abend in Schloß Tynewood sprechen, Sir James.«
Der junge Baron hatte den Kopf gesenkt und zitterte am ganzen Körper. Sein Gesicht war totenbleich.
»Ja, ich werde kommen«, erwiderte er heiser und verließ mit unsicheren Schritten das Zimmer.
3
Du hast irgend etwas Aufregendes erlebt, mein Kind. Mit dir ist unbedingt etwas los. Noch niemals warst du derartig kurz angebunden zu mir«, beklagte sich Mrs. Stedman.
Die alte Dame hatte allerdings gewöhnlich an Personen und Dingen etwas auszusetzen, und Marjorie war an diese Schrullen schon gewöhnt. Sie saß ihrer Mutter beim Frühstück in ihrer kleinen Wohnung in Brixton gegenüber. Mrs. Stedman hatte zwar bei allen möglichen Gelegenheiten schon behauptet, daß sie früh sterben würde, aber sie hatte gerade wieder mit größtem Appetit ein reichliches Frühstück verzehrt. Jetzt lehnte sie sich in ihren Sessel zurück, beobachtete ihre Tochter über die Brille hinweg, runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Du irrst dich, Mutter, ich habe gar nichts«, entgegnete Marjorie ruhig. »Ich gebe allerdings zu, daß ich gestern einen aufregenden Tag im Büro hatte und daß etwas Außergewöhnliches passiert ist.«
»Und doch willst du deiner eigenen Mutter nicht einmal erzählen, um was es sich handelt?« fragte Mrs. Stedman schon zum dritten Mal. Sie konnte es nicht vertragen, wenn ihre Neugierde nicht befriedigt wurde.
»Verstehst du denn nicht, Mutter, daß diese Dinge strengste Geschäftsgeheimnisse sind?« erwiderte Marjorie nachsichtig. »Ich darf doch nicht darüber sprechen.«
»Aber bei deiner Mutter könntest du doch wohl eine Ausnahme machen«, erklärte die alte Dame gekränkt und schüttelte wieder den Kopf. »Ich habe dich doch stets ins Vertrauen gezogen, Marjorie. Und ich habe dich auch immer gebeten, mit all deinen Sorgen und Nöten zu mir zu kommen. Eine Mutter ist immer die beste Freundin ihres Kindes.«
»Es handelt sich hier doch gar nicht um meine Sorgen«, entgegnete ihre Tochter lächelnd. Es sind die Sorgen anderer Leute, die mich im Grunde genommen ebensowenig etwas angehen wie dich.«
Mrs. Stedman seufzte tief und hörbar.
»Ich werde erst wieder richtig froh werden, wenn du nicht mehr in dieses schreckliche Büro gehst. Es ist nicht gut für ein junges Mädchen, wenn sie immer mit Verbrechen, Ehescheidungen und all diesen entsetzlichen Dingen zu tun hat, von denen man in der Zeitung liest.«
Marjorie legte die Hand auf die Schulter ihrer Mutter, als sie an ihrem Stuhl vorüberging.
»Wie oft habe ich dir schon erzählt, daß Mr. Vance nichts mit Verbrechen und Verbrechern zu tun hat. Es ist noch niemals ein Verbrecher in unserem Büro gewesen.«
»Sprich doch nicht immer von ›unserem Büro‹, Liebling«, ereiferte sich die alte Dame. »Das klingt so gewöhnlich, und ich möchte dich auch noch um eins bitten. Erwähne doch niemals, daß du einmal für Geld gearbeitet hast, wenn wir jetzt aufs Land ziehen und mit Leuten unseres Standes verkehren. Sollten die Leute erfahren, daß du einmal in Stellung warst –«
»Ach, Mutter, das ist doch Unsinn!« Marjorie verlor schließlich die Geduld. »Du glaubst doch nicht etwa, daß wir etwas Besseres geworden sind, nur weil Onkel Alfred uns jetzt so viel Geld schickt, damit wir ohne Sorgen auf dem Lande leben können? Meinst du vielleicht, heutzutage stößt man sich noch daran, daß ein junges Mädchen als Stenotypistin bei einem Rechtsanwalt tätig ist?«
»Du bist keine Stenotypistin, du bist eine Privatsekretärin«, verwahrte sich Mrs. Stedman energisch. »Ich bestehe darauf, daß du deine Stellung nicht schlechter machst, als sie in Wirklichkeit ist. Es ist ganz ausgeschlossen, daß du dich eine Stenotypistin nennen kannst, Liebling. Ich habe all meinen Freunden erzählt, daß du die Absicht hast, Jura zu studieren und vorläufig informatorisch bei einem Rechtsanwalt als Volontärin arbeitest.«
Marjorie seufzte resigniert.
»Um Himmels willen!« sagte sie dann entsetzt.
»Du darfst unsere jetzige Lebensweise nicht mit unserer Haushaltung im nächsten Monat vergleichen«, fuhr Mrs. Stedman selbstbewußt und befriedigt fort. »In einem Jahr, wenn dein Onkel noch reicher geworden ist, kaufen wir das schöne Haus zurück, in dem ich geboren bin. Ich habe dir ja schon so viel von unserem Familiensitz erzählt.«
Marjorie wußte nur zu gut, daß der Familiensitz aus dreieinhalb Morgen Ackerland und einem Garten bestand. Früher hatte sie eine Reise nach Tynewood gemacht –
Tynewood! Das mußte doch derselbe Ort sein, wo das Schloß von Sir James lag! Sie war gespannt, ob ihre Vermutung stimmte, und nahm sich vor, Mr. Vance bei der nächsten Gelegenheit danach zu fragen.
Als sie zur Stadt fuhr, dachte sie wieder an die Erlebnisse des vergangenen Abends. Welche Gewalt mochte Pretoria-Smith über Sir James Tynewood haben? Niemals würde sie vergessen, wie totenbleich der Baron wurde, als er den Mann in dem abgetragenen grauen Anzug sah. Wie entgeistert hatte er den anderen betrachtet, und welche Verachtung lag in den Blicken von Pretoria-Smith! Wußte er von einem Vergehen des jungen Mannes, das ihm Macht über diesen gab? Wollte er ihn vielleicht erpressen?
Aber das konnte sie sich kaum vorstellen. Der Gesichtsausdruck dieses Fremden war zu offen und aufrichtig. Niemals würde er eine solche Schurkerei begehen. Sie hatte die Gabe, den Charakter der Menschen von ihren Gesichtszügen abzulesen, und wenn sie jemals Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit in den Augen eines Mannes gesehen hatte, so hatte sie diese Eigenschaften bei Pretoria-Smith entdeckt.
Sie kam eine halbe Stunde früher ins Büro als sonst, denn sie wollte unbedingt zugegen sein, wenn Mr. Vance von außerhalb anrufen würde. Aber sein Anruf kam erst gegen elf.
Sie erzählte ihm von dem seltsamen Besuch, den sie am Abend vorher erhalten hatte.
»Was, Mr. Smith von Pretoria war da?« fragte er aufgeregt. »Ich hatte ihn erst in einer Woche erwartet. Ich komme sofort in die Stadt.«
»Er hat aber keine Adresse hinterlassen.«
»Das macht nichts. Ich weiß, wo ich ihn erreichen kann. Hat er etwas gesagt?«
»Nein.«
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