Название: PISHTACO
Автор: Peter Splitt
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742704658
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Irgendwann muss er dann kurz eingenickt sein, denn das nächste, was er registrierte war, dass sie standen. Der Fahrer hatte die Seitenscheibe heruntergelassen und aus dem Radio plärrte ein Hayno. Claudio fühlte sich wie gerädert. „Stau?“ fragte er. Der Fahrer schüttelte den Kopf. „No Senor, La Rosa Nautica. Es tiempo para el almuerzo.“
Da fiel es ihm wieder ein. Die Zeitverschiebung. Es war Mittag und er war in Peru. Das Rosa Nautica war ein vornehmes Restaurant, dass clevere Konstrukteure mittels breitem Pavillon und riesigen Holzpfeilern direkt ins Meer gebaut hatten. Den Stillstand verursachten Kellner, die den wartenden Autos einen Parkplatz zu weisen wollten. Auf einmal kam wieder Bewegung in den Verkehr. Hupende Autos rasten an ihnen vorbei und missachteten jede Verkehrsregel.
„Dios mio“, dachte Claudio. Dann ging es endlich hinauf in den Stadtteil Miraflores und hinein in die Avenida 28 de Julio, wo sich unter anderem auch sein Hotel befand. Nach dem Einchecken waren Duschen und Schlafen das einzige, an was er noch denken konnte. Capitan Garcia würde sich noch eine Weile gedulden müssen.
Am nächsten Vormittag war es jedoch so weit.
„Buenvenidos a Lima Senor Guerrero“, begrüßte ihn ein freundlicher Beamter in einer schneeweißen Uniform. Claudio grüßte freundlich zurück. Zwar spürte er den Jetlag, hatte aber ein paar Stunden geschlafen und fühlte sich weitaus besser als am Tag zuvor. Das Hotel Schell, wo ihn Staatssekretär Von Sanden einquartiert hatte, war ein gutes Mittelklasse Hotel und lag zentral-günstig an einer der Hauptverkehrsstraßen in Miraflores. Zunächst hatte er ausgiebig gefrühstückt, mit Eiern, Toast, Käse, Marmelade, frischgepresstem Fruchtsaft und so weiter. Danach war er mit einem Taxi in das Hauptquartier der Policia Investigaciones de Peru gefahren. Jetzt klopfte der Beamte, der ihn vorhin so freundlich begrüßt hatte, an die Tür, die zum Büro des Polizeichefs Garcia führte. Sie wurde von innen geöffnet.
„Entran Senores!“
Claudio blieb die Spucke weg. Die Stimme war weiblich und Capitan Garcia war eine Frau. Und was für eine! Schlank, mittelgroß, gut proportioniert, große, dunkle ausdrucksvolle Augen und langes, schwarzes Haar, dass sie zu einem strengen Zopf zusammengekotet hatte. Dem ersten Eindruck nach, schien sie genau zu wissen, was sie wollte. Zielstrebig kam sie auf ihn zu und streckte ihm eine Hand entgegen. Ihr Händedruck war alles andere als weiblich.
„Freut mich, dass Sie so schnell kommen konnten, Senor Guerrero. Wir können Hilfe gebrauchen. Willkommen in Lima.“
Der Satz kam ihm durchaus bekannt vor.
„Staatssekretär Von Sanden hat sie mir wärmstens empfohlen. Anscheinend hält er große Stücke auf Sie.“
„So, tu er das?“ Claudio hatte sich immer noch nicht von der Überraschung erholt, dass er es hier mit einer Frau zu tun hatte.
„Also dann, auf gute Zusammenarbeit“, sagte Capitana Garcia.
„Und immer schön daran denken, hier bei der Mordkommission habe ich das Sagen. Also, wenn Sie damit einverstanden sind, dann fahren wir gleich hinaus zum Tatort. Gibt es irgendwelche Einwände?“
Claudio verneinte. Hyperaktive Frauen lagen ihm nicht besonders.
„Die Leiche befindet sich noch genau dort, wo sie gefunden wurde. Befehl von ganz oben! Aber wenigstens haben wir den armen Kerl bereits von der Decke genommen.“
Claudio schloss für einen Moment die Augen. Er hasste Leichen.
Das Penthouse, in dem man Robert Werner ermordet aufgefunden hatte, lag in vierten Stock eines modernen Gebäudekomplexes, unweit des Malecons. Es war ziemlich nobel eingerichtet und gehörte mit Sicherheit keiner armen Person. Am meisten gefielen ihm die Panoramafenster im Salon. Sie boten eine atemberaubende Aussicht auf den pazifischen Ozean. Doch bereits kurz nachdem er die Räumlichkeiten betreten hatte, fröstelte ihn. Der Grund dafür war nicht der Anblick der Leiche, sondern eine Eiseskälte. Jemand hatte die Klimaanlage auf unterste Temperatur und maximale Ventilation eingestellt. Und trotzdem stank es in der Wohnung wie die Pest. Robert Werner lag auf dem Bett im Schlafzimmer und sah alles andere als gesund aus. Sein Gesicht war blutleer, seine Augen glasig, seine Bekleidung überall mit Blut besudelt. Claudio konnte die vielen kleinen Schnitte sehen, die man ihm zugefügt hatte. Vorsichtig drehten sie ihn um. Auch seine Rückenpartie wies zahlreiche Schnitte und Verletzungen auf. Dazu steckte die vermeintliche Tatwaffe noch bis zum Schaft in seinem Fleisch. Claudio wandte sich ab. Er spürte, wie ihm schlecht wurde. Die Schuhe des Toten standen sorgfältig neben dem Bett. In ihrem Inneren befanden sich seine Socken.
„Geht es noch?“ fragte Capitana Garcia und fixierte ihn. Er nickte.
„Es muss“, erwiderte er. Diesmal deutete Capitana Garcia auf die Fußknöchel des Toten. Claudio sah die tiefen Striemen.
„Hier hat man ihm Lederriemen umgebunden und ihn dann an die Decke gehängt. Unsere Techniker sagen, sein Tod sei irgendwann zwischen 18 und 20 Uhr eingetreten.“
„Das sind immerhin zwei Stunden“, bemerkte Claudio.
„Stimmt genau, Senor Superdetektiv.“ Capitana Garcia grinste ihn an.
„Aber geht das nicht genauer? Ich meine bei uns in Deutschland…“
„…könntet ihr den Todeszeitpunkt wahrscheinlich bis auf die Minute genau voraussagen, nicht wahr? Aber wir sind hier in Peru, Senor Peters, schon vergessen?“
„Äh, das nicht.“
„Gut. Aber da ist noch etwas. Der Tote hat all sein Blut verloren. Wenn Sie sich einmal die Sauerei im Salon anschauen wollen?“
„Ungern!“
Trotzdem ging er in den Salon und bemerkte sofort die riesigen dunklen Flecken auf dem Velourboden. Reste von Blutspritzer sah er dagegen keine.
„Hat er dort gehangen?“ fragte er als er zurück ins Schlafzimmer kam. Capitana Garcia nickte stumm. Einen Augenblick lang sagte keiner von ihnen ein Wort. Dann unterbrach Claudio das Schweigen.
„Das mit dem Blutverlust wundert mich weniger. Haben Sie die vielen Schnitte gesehen? Knöpfen Sie doch mal bitte sein Hemd auf.“
Capitana Garcia tat wie ihr geheißen und diesmal war sie es, die schlucken musste. Der Oberkörper des Toten war vollkommen verstümmelt worden.
„Großer Gott“, stammelte sie. Wer tut denn so etwas?“
„Genau das ist es doch, was wir herausfinden sollen. Ist die Dame, die ihn gefunden hat schon befragt worden?“
„La Puta?“fragte sie.
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