Eine Studentin. Peter Schmidt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Eine Studentin - Peter Schmidt страница 11

Название: Eine Studentin

Автор: Peter Schmidt

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742710260

isbn:

СКАЧАТЬ bie­ten sich in der frei­en Wil­lens­bil­dung, falls wir voll­stän­dig de­ter­mi­niert sind, wie es die Hirn­for­schung na­helegt?“

      Hollando blickte fragend in die Runde.

      Anscheinend schien niemand etwas dazu sagen zu wollen.

      Wenn das hier im engeren Ar­beits­kreis schon die ver­sam­melte In­tel­li­genz ist, dachte Ca­ro­lin, dann hatte sie wo­mög­lich leich­tes Spiel …

      „Keine Antwort ist auch eine Ant­wort“, sagte Pro­fessor Hol­lando. „Be­den­ken Sie da­bei – die Hirn­for­schung behauptet ja nichts Ge­ringe­res, als dass un­ser ge­sam­tes Rechts­sys­tem auf einer grund­legen­den Illu­sion be­ruht.

      Der Mö­r­der ist dann nämlich nicht wirk­lich ver­ant­wort­lich für seine Tat. Sa­dis­ten, Be­trü­ger, Ver­gewal­tiger sind nur Op­fer ih­rer eingebildeten Wahl­mög­lich­keit, alternativ auch geset­zes­kon­form handeln zu kön­nen.“

      Noch immer keine Mel­dung …

      „Carolin?“, fragte Hol­lando. „Ha­ben Sie dar­auf an­ge­sichts Ihres ja nim­mer­mü­den Wis­sens­vor­sprungs wo­möglich eine plau­sible Ant­wort?“

      Carolin zuckte die Achseln und starrte Anna Schwartz her­aus­for­dern an.

      „Ich glaube, Kommilitonin Schwartz hat sich ge­mel­det und möch­te et­was da­zu sa­gen …“

      „Anna?“, fragte Professor Hol­lando.

      „Oh, ich … nein …“, stam­melte Anna er­rö­tend.

      „In dem Fall – wenn es keine weite­ren Wort­mel­dun­gen gibt – würde ich hier wie­der unse­ren gro­ßen deut­schen Philo­so­phen Im­ma­nuel Kant be­mü­hen wol­len“, sagte Ca­ro­lin.

      Hollando nickte ihr aufmunternd zu.

      „Wir wis­sen nicht, wie die Welt an und für sich be­schaf­fen ist – das so­ge­nann­te ‚Ding an sich’“, fuhr sie fort. „Wir be­fin­den uns laut Karl Jas­pers – dem be­rühm­ten Exis­tenz­philo­so­phen und Psy­chi­a­ter –, so­gar in einer un­auf­heb­ba­ren Sub­jekt-Ob­jekt-Spal­tung.“

      „Das ist ein Fachterminus des Philoso­phen, oder?“

      „Da­mit ist ge­meint, Ge­gen­s­tand und Be­ob­ach­tung kön­nen hin­sicht­lich ih­rer tat­säch­li­chen Über­ein­stim­mung nie­mals wirk­lich ve­ri­fi­ziert wer­den. Es ist prin­zi­piell un­mög­lich, aus der Be­ob­ach­ter­po­si­tion he­r­aus­zu­tre­ten und hin­ter den Vor­hang zu schau­en, denn wahr­neh­men kön­nen im­mer nur Be­ob­achter.“

      „Ausgezeichnet, Carolin. Und weiter?“

      „So bleibt nur noch die Möglichkeit, dass wir uns aus prak­tischen Grün­den so ver­hal­ten, als be­säßen wir Will­ens­frei­heit.

      Die Idee der Frei­heit, die in Kants Haupt­werk Kri­tik der rei­nen Ver­nunft für die theo­re­ti­sche Ver­nunft nicht be­weis­bar war, wird nun als fun­da­men­tales und not­wendi­ges Pos­tulat der prak­ti­schen Ver­nunft angesehen.

      Kant drückt das in sei­ner Kri­tik der prak­ti­schen Ver­nunft so aus: Der Wil­le ist ein Ver­mö­gen, nur das­je­ni­ge zu wäh­len, was die Ver­nunft un­ab­hän­gig von der Nei­gung als prak­tisch not­wen­dig, das heißt, als gut, er­kennt.“

      „Oder etwas einfacher ausgedrückt? Für den All­tags­ver­stand?“, frag­te Hol­lando.

      „Wir tun gut daran, im wohl­ver­stan­de­nen Eigen­in­ter­esse alle Vor­be­halte der neu­e­ren Hirn­for­schung ge­gen mensch­li­che Wil­l­ens­frei­heit aus prak­ti­schen Grün­den ad acta zu le­gen“, sag­te Carolin. „Weil sonst unser ganzes ge­gen­wär­tiges Rechts­sys­tem zu­sam­men­bricht.

      Dem Mör­der kann man dann nicht mehr vor­wer­fen, er sei ver­ant­wort­lich für seine Tat. Er ist le­dig­lich ein Opfer der Um­stän­de, die er nicht selbst zu ver­ant­wor­ten hat.“

      „Inwiefern, Carolin?“

      „Wegen unbekannter neuro­naler Pro­zes­se. Es scheint ihm nur so, als ha­be er Wahl­frei­heit, weil er ja bei­de Mög­lich­keiten sieht – zu mor­den oder nicht zu mor­den. Der Ursprung der Motivation, die je­wei­lige Nei­gung, bleibt im­mer in ge­wis­sem Sinne mys­te­riös und lässt sich nicht wei­ter hin­ter­fragen.“

      „Ich bin Ihnen sehr dank­bar für die­se Klar­stel­lung, Ca­ro­lin. Sie zeigt al­len un­ser gan­zes theo­re­ti­sches Di­lem­ma und den ein­zig denk­ba­ren Aus­weg da­raus …“

      Carolin lehnte sich zufrieden zu­rück. Sieg nach Punk­ten!, dach­te sie. Da­mit ist Anna aus dem Spiel und als klei­nes Dum­mer­chen ausge­knockt …

      Nach diesem Kraftakt gönnte sie sich erst ein­mal eine Aus­zeit.

      Sie atmete tief durch und ging den Weg zwi­schen den Hoch­haus­tür­men der Uni­ver­sität, dem Zis­ter­zien­ser­klos­ter und dem Haus ih­rer El­tern hi­nun­ter zum Fluss.

      Das Wet­ter war win­terlich, aber ein selt­sam flir­ren­des Licht wie sonst nur im späten Früh­jahr schob sich von den Hü­gel­käm­men über den Stau­see zum Fluss­ufer. Dar­über die un­wirk­li­che Bläue des Him­mels.

      Carolin war froh, wieder drau­ßen in der Na­tur zu sein und ih­ren geis­tigen Kraft­akt erst ein­mal hin­ter sich ge­bracht zu ha­ben. Das al­les war zwar wich­tig, aber auch an­stren­gend, und es erfor­derte viel Ener­gie, die sie jetzt eigent­lich eher da­für brauchte, C. H. da­zu zu brin­gen, ge­nau das zu tun, was sie wollte …

      Unten an der Brücke fiel ihr ein, dass sie ver­ges­sen hatte, ihn da­nach zu fra­gen, ob er Ro­bert bei sei­nem rät­sel­haf­ten Fall mit den Frau­en ohne Ge­dächt­nis als Pro­fi­ler hel­fen könn­te.

      Sie wählte Hollandos Num­mer und er nahm so­fort ab.

      Stelldichein

      „Wenn Sie mit mir heute Abend essen ge­hen?“, fragte Hol­lan­do. ­„Zum Bei­spiel ins Pa­rea? Liegt ganz in der Nä­he oben auf dem Hü­gel … viel­leicht ein Surf ’n’ Turf, das ist eine Spe­zia­li­tät mit Scam­pi und Ka­pern?“

      „Hört sich verlockend an“, sagte Caro­lin. „Und wie komme ich zu der un­ver­hoff­ten Ehre?“

      „Sie wissen, dass ich schon lange kein ope­ra­tiver Fall­ana­ly­tiker mehr bin. Keine Ah­nung, ob ich Ih­nen hel­fen kann. Aber Sie ha­ben mich wäh­rend un­serer Dis­kus­sion im Se­mi­nar neu­gie­rig ge­macht …“

      „Mein Bruder Robert sagt, dass der poli­zei­liche Mel­de­dienst al­ter Art so gut wie tot ist und durch neue Ana­lysever­fah­ren wie Tä­ter­pro­filing und СКАЧАТЬ