Sommerberg. Franjo Franjkovic
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Название: Sommerberg

Автор: Franjo Franjkovic

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847695714

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      Ich überprüfe noch einmal Marions Hand. Alles sauber. Alles verarztet.

      „Bitte sehr, so gut wie neu.“

      Sie hält mit einem übertrieben treuherzigen Gesicht die Hand in die Höhe.

      „Pusten und Kussi geben?“

      Mit Schwachsinn dieser Art bringt sie mich jedes Mal zum Lachen. Auch dieses Mal. Ich puste ganz leicht über ihre Finger und küsse sanft ihre Fingerspitzen.

      „Besser?“

      „Viel besser!“

      Entschlossen nimmt sie mir das Verbandszeug aus der Hand und legt es auf dem Tisch ab.

      „So, fertig mit den Doktorspielchen. Du weißt doch, warum ich hier bin.“

      Ich verdrehe mit gespieltem Ärger die Augen.

      „Fang nicht schon wieder an...“

      Aber Marion lässt sich nicht so leicht von mir abwimmeln. „Komm schon. Zeig es mir.“

      Ich seufze theatralisch. Einer dieser Seufzer, der eine Frau um zwei Leben älter wirken lässt.

      „Es ist noch nicht fertig.“

      Sie nimmt meine Hände in ihre, zieht mich ein wenig an sich heran und küsst mich auf die Stirn. Ernst sieht sie mir in die Augen. Ich kenne den Blick. Sie benutzt ihn nur, wenn sie sich wirklich Sorgen um etwas, oder jemanden, macht.

      „Du hast seit zwei Monaten nicht mehr daran gearbeitet. Das ist sonst nicht Deine Art. Es ist bestimmt fertig, Du findest es einfach nur nicht gut, oder?“

      Ich löse mich vorsichtig ein wenig von ihr. Mein Körper verkrampft, man muss keine feinen Antennen haben, um zu spüren, wie unwohl ich mich bei diesem Thema fühle.

      „Ach, ich weiß auch nicht. Irgendetwas fehlt. Ich kann den Finger nicht genau auf die Wunde legen, aber ich habe das Gefühl, es ist einfach noch nicht komplett. Noch nicht vollendet. Verstehst Du?“

      Sie lächelt. Dieses charmante, bezaubernde und entwaffnende Lächeln, dem ich noch nie einen Wunsch abschlagen konnte.

      „Komm schon. Lass es mich sehen.“

       3

      Mein Atelier ist ein heilloses Durcheinander. Auf den Arbeitsflächen türmen sich Pinsel, Leinwände, Mischpaletten mit eingetrockneten Farbresten. Gegenüber der breiten Fensterfront steht die Staffelei mit dem Bild, an dem ich jetzt bereits seit Monaten arbeite.

      Marion hält davor inne, ihre Augen weiten sich, ihr Mund steht offen. „Es... es ist wunderschön.“

      Das Bild zeigt einen ruhigen Gebirgsbach, der sich in jahrtausendelanger Arbeit ein flaches Bett in den Wald gegraben hat. Er schlängelt sich träge um einen großen Felsen herum, in dessen Schatten wilde Blumen wachsen. Sattes Gras am Ufer. Myriaden kleiner, glitzernder Sterne auf der Wasseroberfläche, Reflexionen des durch die Bäume scheinenden Sonnenlichtes. Das hohe Gras ist an einigen Stellen etwas eingedrückt, Spuren eines Tieres vielleicht.

      Marion geht näher heran, betrachtet jedes Detail. Ihre Augen leuchten vor kindlicher Freude, während ich nur mit vor der Brust verschränkten Armen dastehen kann. Das ungute Gefühl, das ich jedes Mal beim Betrachten des Bildes habe, holt mich auch jetzt wieder ein.

      „Irgendetwas ist nicht richtig. Ich kann es fühlen.“

      Aber Marion schüttelt den Kopf.

      „Nein. Es ist perfekt. Glaub mir.“

      Sie dreht sich zu mir herum, küsst mich auf die Stirn.

      „Absolut perfekt.“

      Sie nimmt mich in den Arm, aber ich kann die Umarmung nicht erwidern, das ungute Gefühl hält mich gefangen. Marion spürt, wie unangenehm mir die Situation ist und dreht sich wieder zu dem Bild um, als ihr plötzlich etwas aufzufallen scheint.

      „Warte mal.“ Sie betrachtet ein winziges Detail.

      „Was ist das denn? Soll das ein Fisch sein? Oder ein Blatt?“

      Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wovon sie redet.

      „Hier. Im Wasser des Bachs.“

      Sie deutet auf einen kleinen roten Flecken im Wasser und ich zucke zusammen, einen leisen Fluch auf den Lippen.

      „Verdammt, verdammt, verdammt!“

      Ich gehe sofort zu der an der Wand angebrachten Arbeitsfläche, auf der schmutzige Pinsel, kleine Schälchen mit trübem Wasser und einige Tuben mit Farbe wild durcheinander liegen. In dem heillosen Durcheinander eine kleine, lächelnde Buddhafigur, eine kleine Porzellankatze. Nippes. Ich greife mir einen der Pinsel, eine der Farbdosen, ein beruhigendes Azurblau im Inneren. Sofort beginne ich, den roten Fleck zu übertünchen.

      „Sarah, was ist denn los?“

      Ich fluche lautlos, den kleinen Fleck bekämpfend.

      „Das gehört da nicht hin. Bist Du vielleicht aus Versehen mit Deiner Hand dran gekommen?“

      Marion hebt entschuldigend die Hand, aber ihre Wunde ist sauber verarztet, kein Tropfen Blut zu sehen.

      „Ich habe es nicht angerührt. Aber man sieht den Fleck ja schon nicht mehr.“

      Sie zieht mich an sich heran, ich zittere am ganzen Körper, kann mir selber nicht erklären, weshalb dieser kleine Schmutzfleck mich so aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Marion sieht mir in die Augen.

      „Hey, beruhig´ Dich. Das kann doch immer mal passieren. Eine kurze Schrecksekunde, nichts weiter.“

      Ich atme tief durch, versuche meinen Puls und meine vibrierenden Nerven zu beruhigen.

      „Es ist perfekt, Sarah. Es fehlt bestimmt nichts.“

      Sie lächelt mich an. Strahlend und versöhnlich. Ich versuche, das Lächeln zu erwidern, aber es mag mir nicht gelingen.

      „Ja. Vielleicht hast Du recht.“

      Sie drückt meine Hand, küsst mich kurz auf die Wange.

      „Warte hier.“, flüstert sie mir ins Ohr.

      Sie verlässt das Zimmer, ich höre sie in der Küche die Schranktüren öffnen, aber ich kann nichts anderes tun, als stumm das Bild anzustarren. Marion hat nicht recht. Es ist nicht perfekt. Es ist noch nicht einmal fertig. Und die Angst, es niemals wirklich vollenden zu können, kriecht langsam meine Wirbelsäule hinauf, macht mir eine Gänsehaut und lässt mich schaudern.

      Marion kommt zurück, eine Flasche Sekt und zwei Gläser unter den Arm geklemmt. Ihre Augen strahlen vor Freude. „Bist Du soweit?“

      Ich nicke, obwohl ich es nicht bin. Aber sie braucht es nicht zu wissen.

      „Ja.“

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