Dafür und Dagegen. Eckhard Lange
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Название: Dafür und Dagegen

Автор: Eckhard Lange

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Antike Sagen - für unsere Zeit erzählt

isbn: 9783738082951

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СКАЧАТЬ heißt – auch damit sollte man nicht spaßen, sie kann sonst chronisch werden und mancherlei nach sich ziehen. Ich werde Ihnen Tropfen gegen den Hustenreiz verordnen, die Ihnen der Apotheker anmischen wird und die Sie bitte mehrmals täglich für eine Weile, sagen wir zehn bis zwölf Tage, einnehmen sollten. Wenn der Husten bis dahin nicht völlig verschwunden ist, sollten Sie besser noch einmal vorbeischauen, damit wir weitere Maßnahmen ergreifen können. Ich denke aber, Sie werden die Sache dank der Tropfen in wenigen Tagen völlig überwunden haben angesichts Ihrer vorzüglichen Konstitution. Aber vergessen Sie trotzdem nicht, das verordnete Medikament noch die angegebene Zeit regelmäßig zu nehmen, damit Sie keinen Rückfall erleiden.“

      Dr. Kornwald füllte ein Rezept aus und übergab es dem Patienten, dann reichte er ihm mit freundlichem Lächeln die Rechte und verabschiedete ihn an der Tür. Ulrich nahm sich vor, allen Anordnungen gehorsam nachzukommen, und bereits gegen Abend war der Hustenreiz so stark zurückgegangen, dass er keinen Grund sah, den geplanten Theaterbesuch zu verschieben, zumal er einer Tageszeitung einen Bericht über die Revue zugesagt hatte. So saß er, dem Anlaß entsprechend gekleidet, in der vorbestellten Loge und blickte teils amüsiert, teils kritisch auf die unterschiedlichen Darbietungen herab.

      Den Hauptteil der Revue bestritt wie üblich die Tanzgruppe. Die Mädchen zeigten ihre durchweg langen und wohlgeformten Beine, die Choreografie war abwechslungsreich, das Orchester gab mit seinen seit kurzem aus Amerika importierten Rhythmen ein manchmal atemberaubendes Tempo vor, aber die Damen waren allesamt gut trainiert und außerdem auffallend hübsch, was die fast schon anstößig knappe Bekleidung bestens erkennen ließ. Zudem war auch der dargebotene Gesang schmissig, die Texte recht anzüglich, aber gut formuliert.

      All das aber nahm Ulrich nur eher beiläufig wahr, denn sein Augenmerk galt in besonderer Weise eben jener Künstlerin namens Elena. Sie war einerseits Solotänzerin, sie sang jedoch auch eine Reihe Couplets vor dem Hintergrund des Balletts, und sie bewegte sich nicht nur höchst anmutig, ihre gestenreiche und mimische Interpretation der Lieder war, nun, er musste es schon so ausdrücken, einfach genial. Dabei schien die Künstlerin noch ausgesprochen jung zu sein, fast noch mädchenhaft, aber sie vermochte den verführerischen Vamp ebenso überzeugend darzustellen wie die kesse Berliner Göre aus dem Hinterhof.

      Ulrich verfolgte ihre Auftritte mit einer zunehmenden inneren Anspannung, und das war weit mehr als bloß das Interesse des Rezensenten an einer gelungenen Darbietung. Es war diese besondere Ausstrahlung, die einerseits das männliche Publikum sehr bewusst zu erotischen und manchmal wohl auch zu recht perversen Träumen herausforderte und es doch zugleich auf einer mentalen Distanz hielt, es war ihre ebenso gezielt eingesetzte kühle Abweisung, die jene Männerwelt nur umso stärker reizte und herausforderte – und all das nahm Ulrich bald nicht mehr aus dem Blickwinkel des kühl beurteilenden Kritikers wahr, sondern des betroffenen, herausgeforderten männlichen Zuschauers. Und er beschloß, diese außergewöhnliche Künstlerin möglichst bald auch persönlich kennenzulernen.

      Hätte er allerdings diesen Vorsatz unmittelbar im Anschluß an die Vorstellung in die Tat umgesetzt, wäre er unweigerlich zum dritten Mal Dr. Moses Kornwald begegnet, denn er Mediziner wartete geduldig am Künstlerausgang des Theaters, um die junge Elena dort abzuholen und zu begleiten, und das offensichtlich nicht zum ersten Mal.

      Ulrich aber beschloß, zunächst seine Rezension zu schreiben und deren Veröffentlichung abzuwarten. Er versprach sich davon eine positive Empfehlung für die geplante Bitte um ein Interview. Sein Artikel also lobte die Künstlerin, ohne in erkennbare Lobhudelei zu verfallen. Er wandte viel Formulierungskunst auf, um jenen Bericht sachlich und objektiv erscheinen zu lassen, und das nahm auch Elena zur Kenntnis, denn solche Berichterstattung war eher selten.

      Sodann suchte Ulrich zunächst einmal Näheres über die Künstlerin zu erfahren. Weder kannte er ihren wirklichen Namen noch ihr wirkliches Aussehen, denn er wusste, dass Schminke und oft sogar wechselnde Perücken die Persönlichkeit einer Darstellerin sehr verfälschen können, und er wollte sich keinesfalls unvorbereitet enttäuschen lassen. So erfuhr er durch die Redaktion, dass sie mit bürgerlichem Namen Ellen Alvson hieß und neben ihrem deutschen auch einen schwedischen Paß besaß.

      Und ein Bild, das ihm weitergereicht wurde, zeigte – wie er es fast erwartet hatte – eine mädchenhaft schlanke Person mit einem blonden Bubikopf. Dieser knabenhafte Haarschnitt war ja nicht nur die große Mode dieser Jahre, er erwies sich auch als besonders praktisch, wenn es galt, während der Vorstellung mehrfach Perücken zu wechseln. Übrigens war auch ihr Gesicht eher knabenhaft, die erotisch-verführerische Ausstrahlung wurde erst durch Maske und Kostüm hervorgerufen. Doch das irritierte Ulrich nicht sonderlich, er war eher dankbar, dass sich hinter alledem eine offensichtlich trotz ihrer Jugend ernsthafte und strebsame Künstlerin verbarg. Und insofern war seine Rezension auch berechtigt, wie er nachträglich feststellte.

      Auch Moses Kornwald hatte diese Rezension mit dankbarer Zustimmung gelesen und in seinen Ordner aufgenommen, den er seit einiger Zeit für alle Berichte angelegt hatte, die über die Auftritte Elenas veröffentlicht worden waren. Was er natürlich nicht wissen konnte: Dass sich hinter dem ihm unbekannten Verfasser sein neuer Patient verbarg, Ulrich Baron von Pendragon.

      9. Kapitel

      Fräulein Alvson, mit Künstlernamen Elena, hatte einem Interview mit diesem Herrn Wilhelm Platikow von der Vossischen Zeitung zugestimmt, auch mit dem Ort der Begegnung, einem Wiener Kaffeehaus in der Nähe des Alexanderplatzes, war sie einverstanden. Ulrich begab sich eine gute Viertelstunde vor dem vereinbarten Termin in das Café, suchte einen Tisch in einer Ecke abseits von Eingang und Theke aus und zog dann die neueste Ausgabe der „Vossischen“ heraus, um seine Seriosität zu dokumentieren.

      Elena erschien mit nur sehr geringer Verspätung, Ulrich erhob sich, winkte mit der Zeitung und begrüßte sie mit einem angedeuteten Handkuß. „Ich freue mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, gnädiges Fräulein,“ eröffnete er das Gespräch, nachdem er ihren Mantel zur Garderobe gebracht hatte, um gleich darauf der Serviererin zu winken und seinen Gast nach den Wünschen zu fragen. Elena wählte eine Wiener Mélange und bestellte auf Drängen ihres Gegenübers auch ein Gebäck. Dann wiederholte Ulrich noch einmal einige Beobachtungen, die er schon in seinem Artikel erwähnt hatte. Sie nahm das Lob mit freundlichem Lächeln und ohne jeden Kommentar zur Kenntnis, dann sagte sie: „Mein lieber Herr, Sie haben mich sicherlich nicht hierhergebeten, um mir Komplimente zu machen. Ich warte auf Ihre Fragen.“ Dabei blickte sie ihm geradewegs in die Augen.

      „Sind Sie unempfänglich für Schmeicheleien?“ fragte Ulrich zurück. „Ich denke schon,“ antwortete sie mit leicht ironischem Unterton. „War das die erste Frage? Dann bitte die nächste!“ Ulrich musste lachen: „Ich wollte Sie interviewen, aber ich wollte Sie nicht verhören. Ich dachte, wir könnten einfach ein wenig plaudern, und Sie erzählen mir dabei etwas von sich, etwas, das Sie auch bereit sind auszuplaudern. Es ist nicht meine Art, mit Fangfragen Geheimnisse zu entlocken, um sie dann in die Öffentlichkeit zu zerren. Wissen Sie, ich bin kein professioneller Pressemann, der Sensationen oder Klatsch liefern muß. Ich arbeitete gelegentlich für die Vossische, wenn die Aufgabe interessant ist, als Steckenpferd sozusagen.“

      Er machte eine kleine Pause, während Elena ihn noch immer aufmerksam anschaute; er erwiderte ihren Blick und spielte dabei mit seinem Kaffeelöffel. „Jetzt habe ich von mir erzählt, beispielgebend sozusagen. Wie wäre es, wenn Sie sich nun revanchieren?“ „Beispielgebend,“ wiederholte sie, „was für ein gewählter Ausdruck! Da kann ich aber nicht mithalten, mein Herr. So gut beherrsche ich das Deutsche leider nicht.“

      „Darf ich daraus schließen, dass Ihr Name etwas von Ihrer Herkunft verrät? Ich wage einen Versuch: Norwegen?“ „Falsch geraten. Schweden. Aber was heißt schon Herkunft? Ich bin weitgehend hier in Deutschland aufgewachsen, und mein Schwedisch ist wahrscheinlich noch wesentlich schlechter als mein Deutsch, meine eigentliche Muttersprache. Aber es stimmt: Ich СКАЧАТЬ