Название: Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901
Автор: Willi Franck
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: maritime gelbe Buchreihe
isbn: 9783742777119
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Unter den zahlreichen Gerüchten, die über unsere Zukunft umlaufen, ist folgende wohl das schönste, das man sich denken kann. (nachträglich eingefügt: Das folgende ist jedenfalls Unsinn): Wir bleiben noch 14 Tage hier vor Tanger (allerdings etwas lange), dann gehen wir zu den Feierlichkeiten in Triest, wo Deutschland zum Stapellauf eines Schiffes von Österreich eingeladen worden ist. Dann kommt Majestät an Bord, wir amüsieren uns tadellos, werden auch wohl noch einige andere Häfen anlaufen und schließlich, nachdem wir das Mittelmeer kennengelernt haben, kehren wir heim, um (natürlich nach einem Urlaub) die Reise nach Westindien anzutreten. Das soll der Bursche vom Kommandanten von diesem gehört haben. Wäre sehr hübsch, nicht wahr? Wieder einmal abwarten.
Morgen, so wird auch erzählt, gehen wir zum „Kohlen“ nach Gibraltar. (Ist nicht eingetroffen) Gestern starb auf der „KAISERIN AUGUSTA“ ein Matrose an Typhus, heute wurde er begraben, wir hatten halbstocks geflaggt. Einem Matrosen, der die Mannschaft durch seine Trunkenheit um Urlaub gebracht hat, wurde gestern der „Jungfernkranz“ gewunden (= eine Abreibung verpasst). Der Kerl wird sich den Tag merken, glaube ich.
Willi
Tanger den 31. Juli 1895
a. B. S. M. S. „STOSCH“
Liebe Anna!
Endlich scheint eine wahre Nachricht verbreitet zu sein, daß wir Anfang August Tanger verlassen und gegen Ende August in Kiel sein werden (also heimsegeln); immer noch heißt es aber „abwarten“. Heute kam noch ein französischer Aviso „COSMAO“ (Die Entsendung des französischen Geschützten Kreuzers „COSMAO“ (Bj 1891, 1.850 t, 4x13,8 cm, 9x4,7 cm, 19 kn, 186 Mann) erfolgte für den Fall, daß „sich aus der Anwesenheit so vieler Schiffe verschiedener Nationen unvermuthet ein Zwischenfall ergäbe“ (Thorner Presse v. 31.7.1895)) hierher.
französischer Geschützter Kreuzers „COSMAO“
Sonst habe ich nichts Wichtiges erfahren. Ich glaube ihr wißt viel mehr über uns als wir selbst.
Gestern brach in dem Kutter, in dem wir ruderten, ein Riemen (Ruder) und da sich keiner als Besitzer desselben meldete, vielmehr jeder sagte es sei der seinige nicht, werde möglicherweise ich dafür bestraft: einigemal über den Top entern ist wohl nicht zu schlimm. Wenn es auch mein Riemen wäre, so wäre die Sache doch noch nicht meine Schuld.
Heute nachmittag will ich mir noch auf Urlaub eine Blume für Ingeb. mitbringen und wenn es mir möglich ist auch Photographien von Salier und Rabath (wirds hier wohl nicht geben).
Schließlich will ich noch um Entschuldigung für diese Briefbogen bitten. Ich will nur gestehen, daß ich kein Geld mehr habe mir Briefbogen zu kaufen, und so freuen wir alle uns sehr auf den 3.ten, denn da gibt‘s wieder Geld.
Mit herzlichen Grüßen an Dich liebe Anna, die Großeltern Wencks und nachher die l. Eltern Euer Willi.
Englischer Kanal 10.VIII.1895.
a. B. S. M. S. „STOSCH“
Liebe Eltern!
Lange habt Ihr keinen Brief mehr von mir bekommen; von Vigo aus war es mir unmöglich, falls ich den Urlaub benutzen wollte. Die letzte Karte wird Euch unsere bevorstehende Rückkehr mitgeteilt haben; jetzt bin ich schon wieder ganz nahe bei Euch, und es kommt mir fast vor als wären wir nur für wenige Tage von Kiel fort gewesen.
Als der Befehl kam „STOSCH“ und „KAISERIN AUGUSTA“ sollten sich „unverzüglich über Vigo, Cowes nach Wilhelmshafen begeben“, hatten die meisten Kameraden Urlaub und waren beinahe schon an Land; da kam plötzlich das Signal „Alle Mann an Bord“, und so mußten sie wieder umkehren. Ich hatte mit 6 anderen Kameraden am Sonnabend Urlaub bekommen und auch benutzt. Dagegen war ich Sonntag nicht fortgegangen, und freute mich doppelt, daß ich noch am letzten Tage Urlaub gehabt hatte und andererseits mich nicht über das Signal das die Kadetten zurückrief, zu ärgern brauchte.
2 Stunden, nachdem der Befehl gekommen war, war das Schiff auch schon klar zum Ankerlichten, und um 7 Uhr dampften wir fort. Seekrank bin ich nicht wieder geworden und ich bin froh die spanische Küste so schön gesehen zu haben.
Mittwoch morgen (ich hatte gerade Wache auf der Brücke) liefen wir in den Hafen von Vigo (Vigo: Bezirkshauptstadt in der span. Provinz Pontevedra mit Festung, guter Reede und ca. 23.000 Einwohnern) ein. Die Gegend ist wunderhübsch, und für mich war das Leben in der Stadt sehr interessant. Wir hatten den ganzen Nachmittag bis 10 Uhr Urlaub, sodaß ich erst nachmittags einen kleinen Spaziergang nach dem Mont de la Guia machen konnte von wo aus die ganze Gegend schön zu übersehen war. Nachher konnte ich auch noch das Leben in der Stadt kennenlernen; es war gerade mancherlei los, Jahrmarkt, Wohlthätigkeitsbazar (wie etwa im Volksgarten) Feuerwerk u. dergl. Am folgenden Tage um ein ½ 12 dampften wir wieder fort, und morgen vormittag sollen wir in Cowes sein. Viele Grüße
Euer Willi
Manöver mit „STOSCH“
Kaiserliche Werft Wilhelmshaven (Abb. v. 1894)
Wilhelmshafener Werft
a. B. SMS „STOSCH“
13. VIII. 1895
Liebe Eltern!
Leider ist mein Brief, der, wie ich hoffte, Euch von Cowes aus erreichen sollte, nicht fort gekommen, und so will ich ihn jetzt noch mitschicken. Leider hat die „STOSCH“ nicht längere Zeit vor Cowes gelegen, vielmehr sind wir nach zweistündigem Aufenthalt ohne die Insel Wight betreten zu haben und nach den üblichen Saluten gleich wieder abgedampft. Aber doch habe ich auf der Fahrt viel Neues und Schönes gesehen. Die zahlreichen Yachten vor Cowes (Cowes: kleine Hafenstadt an der Nordküste der englischen Isle of Wight, bekannt durch die jährlich im August stattfindende Segelregatta „Cowes week“, an der auch Kaiser Wilhelm II. mit seiner Yacht „METEOR“ teilnahm), die Befestigungen von Portsmouth – drei große Panzerthürme sind zum Schutze der Meeresenge in die See gepflanzt, die großartigen Parks und sonstigen Anlagen, die „Nadeln“, die sich steil aus dem Meere hervorheben und manches andere mehr.
Wir erhielten also Befehl uns nach hier zu begeben um die Manöver mitzumachen. Zunächst nun haben wir in die Werft verholt, um die Schäden des Schiffes – und zwar in erster Linie der Maschine – auszubessern. Unsere Maschine, d. h. die Kessel sind so schlecht, daß weder die Werft hier noch unser Ingenieur Garantie dafür übernehmen wollten.
Weil sie also zu schlecht war, um die Manöver mitmachen zu können, wurden wir nach Marokko geschickt. Nun sind wir dort gewesen, die Kessel sind bedeutend schlechter geworden, und nun geht‘s doch ins Manöver.
Heute mittag sind wir hier angekommen, bei der Einfahrt, die recht interessant ist, hatten wir СКАЧАТЬ